Der Angeklagte, welcher unter einer Autismus-Spektrum-Störung und an paranoider Schizophrenie leidet, muss in ein psychiatrisches Krankenhaus. Das Landgericht Waldshut-Tiengen beschäftigte sich in einem Sicherungsverfahren mit der Frage, ob der Beschuldigte für die Allgemeinheit gefährlich sei und wo dieser untergebracht werden soll. Am dritten und letzten Verhandlungstag fiel nach den Plädoyers das Urteil.

Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht?

Die zwei Taten fanden in unterschiedlichen Altersstufen statt. Der Angeklagte war bei der ersten Tat noch 17 Jahre alt, bei der zweiten Tat schon volljährig. „Er hat eine krankheitsbedingte Entwicklungsverzögerung“, hielt der Vertreter des Jugendamts fest. Daher empfahl dieser die Verurteilung nach dem Jugendstrafrecht. Danach wurde die Beweisaufnahme geschlossen.

Taten haben sich wirklich so zugetragen

Für die Staatsanwaltschaft bestand kein Zweifel, dass sich die beiden Taten, die dem jungen Erwachsenen zur Last gelegt wurden, wie in der Anklageschrift beschrieben zugetragen haben. Das heiße konkret, dass der Angeklagte Dritte körperlich misshandelt oder gesundheitlich geschädigt habe und somit der Straftatbestand der Körperverletzung verwirklicht sei. Dennoch hielt der Staatsanwalt in seinem Plädoyer fest, dass die Geschädigten keine erheblichen gesundheitlichen Schäden davongetragen hätten.

Dem Angeklagten wurde eine Autismus-Spektrum-Strömung und paranoide Schizophrenie diagnostiziert.
Dem Angeklagten wurde eine Autismus-Spektrum-Strömung und paranoide Schizophrenie diagnostiziert. | Bild: Christian Charisius

Staatsanwaltschaft und Verteidigung sind sich einig

Dass der Angeklagte aufgrund einer krankhaften seelischen Störung ohne Schuld gehandelt haben soll, steht für die Verteidigung sowie für die Staatsanwaltschaft fest.

„Der Beschuldigte hat eine gestörte affektive Impulskontrolle“, erklärte Staatsanwalt Krüger. Im Laufe des Verfahrens sei überzeugend dargelegt worden, dass beide Taten die Folge eines autistischen Meltdowns, das heißt eine unkontrollierbare Überreaktion auf Überreizung, gewesen seien, so Krüger. Es handelte sich bei den Taten um einen Stressabbau, und weniger um eine böswillige Absicht. Der Verteidiger Urs Gronenberg wich nicht von den Argumenten der Staatsanwaltschaft ab.

Die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung sind sich einig, dass eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Beste sei. ...
Die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung sind sich einig, dass eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Beste sei. Der vorsitzende Richter urteilt entsprechend. | Bild: Niklas Dinauer

Es sind weitere Taten zu erwarten

„Er ist für die Allgemeinheit gefährlich“, erklärte der Verteidiger in seinem Plädoyer. „Dieser Gefahr ist er sich selbst nicht bewusst.“ Der Verteidiger gehe davon aus, dass der Angeklagte weitere Straftaten begehen werde. „Ohne eine Behandlung bekommt er die Impulskontrolle nicht in den Griff“, so der Verteidiger.

Die Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik sei unumgänglich, meinte auch die Staatsanwaltschaft. „Eine solche Unterbringung ist für alle Beteiligten das Beste.“ Zum einen werde die Gefahr für die Allgemeinheit gebannt. Zum anderen bekäme der Angeklagte professionelle Hilfe, sein seelisches Leiden zu heilen beziehungsweise zu pflegen, und zusätzlich würden seine Familienangehörigen entlastet, begründete Krüger.

Ernste Todesfantasien

Immer wieder seien Todes-, Mord- und Suiziddrohungen aufgetreten, sagte der Verteidiger. Diese Fantasien dürfen keinesfalls dem Zufall überlassen werden. Bisher sei es laut Gronenberg und der Staatsanwaltschaft lediglich dem Zufall geschuldet, dass es zu keinen verheerenderen Taten kam. Stimmen sollen dem 19-Jährigen befehlen, sich oder andere zu töten, sagte Staatsanwalt Krüger. „Diese Drohung ist ernst zu nehmen.“

In der großen Jugendkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen wurde der Fall des 19-Jährigen nach drei Verhandlungstagen nun ...
In der großen Jugendkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen wurde der Fall des 19-Jährigen nach drei Verhandlungstagen nun abgeschlossen. Der Verurteilte hat eine Woche Zeit, um Revision einzulegen. | Bild: Hönig André

Das Urteil

Das Landgericht Waldshut-Tiengen ordnete eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an. Die Kosten des Verfahrens muss der Angeklagte nicht tragen.

Beide Krankheitsbilder würden das Handeln des Verurteilten bestimmen. Man könne nicht genau sagen, welche Krankheit welche Reaktionen auslöse, begründete Martin Hauser sein Urteil. Beide Störungen haben Auswirkungen auf die Impulskontrolle des 19-Jährigen. Das Gericht ist sehr stark davon überzeugt, dass es in der Vergangenheit schon zu mehr Vorfällen kam, und dass es in Zukunft zu weiteren Vorfällen kommen werde. Die Richter nehmen die Todesdrohungen des jungen Erwachsenen sehr ernst. Für die Sicherung der Allgemeinheit sei die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung erforderlich, solange es keine Alternative dazu gebe. „Diese Alternative ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben“, erklärte Richter Hauser.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.