Seit Dienstagabend ist das Thema durch: Markdorf wird seinen neuen Rathausbrunnen bekommen, die wasserspeienden Bronzekugeln des Deggenhausertaler Künstlers David Fuchs. Um Haaresbreite wäre der Brunnen gestrichen worden, auf Eis gelegt vermutlich bis zum Sanktnimmerleinstag. 10 zu 9 lautete gegen 19.30 Uhr das Abstimmungsergebnis zugunsten des Wasserspiels. Am Ende gab in der Gemeinderatsrunde Bürgermeister Georg Riedmanns Stimme den Ausschlag. Er schloss sich jenen neun Stadträten an, die den Brunnen trotz deutlich höherer Technikkosten als geplant dennoch wollten.

Ebenso viele Stadträte waren dagegen, also eine klassische Patt-Situation. In der Stunde zuvor gab es eine lebhafte Debatte darüber, ob das bereits begonnene Projekt weiterverfolgt oder nicht doch besser beerdigt werden sollte. Vor dem Abstimmungskrimi hatten sich die Fraktionen zu einer fünfminütigen Beratungspause zurückgezogen.

Genaue Kostenkalkulation wurde versäumt
Dass überhaupt nochmal über den längst schon beschlossenen Brunnen abgestimmt werden musste, hatte wieder einmal mit Kosten zu tun, die am Ende deutlich höher liegen werden als am Anfang gedacht: Die Stadt hatte beim Brunnenwettbewerb unter Zeitdruck versäumt oder darauf verzichtet, neben den Kosten für den oberirdischen Brunnenbau auch die Technikkosten zu kalkulieren. Die rund 70.000 Euro für den Brunnen waren bekannt und werden auch eingehalten. Für die Technik hatte die Verwaltung zwischen 50.000 und 70.000 Euro angesetzt, allerdings grob geschätzt und ohne es durchzurechnen.
Ein Fehler, wie Riedmann in der Ratssitzung zugab. „Wahrlich kein Ruhmesblatt“ sei das Vorgehen bei der Brunnenplanung gewesen, ihn ärgere es selbst sehr. Getrieben vom Zeitdruck, den Brunnenauftrag noch rechtzeitig vor Ende der Zuschussfrist des ZIZ-Programms zur Attraktivierung der Innenstadt zu vergeben, hatte man im Rathaus auf eine Kostenkalkulation verzichtet und den Aufwand für die Technik stattdessen eher pi mal Daumen überschlagen. Dennoch beschloss der Gemeinderat im Frühjahr 2024 auf Basis dieser Kostenannahme den Brunnen zu beauftragen.

Brunnen wird mindestens 50.000 Euro teurer als gedacht
Das war ein Schuss in den berühmten Ofen, wie sich heute zeigt. Denn statt der geschätzten 50.000 bis 70.000 Euro werden sich die Investitionen in die Brunnentechnik auf vermutlich knapp 120.000 Euro summieren. Macht für das Brunnenbauwerk also gesamt knapp 190.000 Euro statt 120.000 bis 140.000. Diese aktuellen Zahlen stellte der Überlinger Landschaftsarchitekt Helmut Hornstein, der von der Stadt mit der Koordinierung des Brunnenvorhabens beauftragt ist, nun in der Sitzung vor.

Nun ist es aber nicht so, dass die zusätzlichen 50.000 Euro nicht da wären, zumindest auf dem Papier: Denn während der Brunnen durch die ZIZ-Zuschüsse gedeckt ist, ist die Technik im Haushaltsplan nun mit den jetzt berechneten 120.000 Euro unter der Position Straßenunterhalt eingestellt – und damit auch gedeckt.

Von der linken in die rechte Tasche
Möglich macht das ein Kniff: Weil es bei der Technik für ZIZ zu spät war, werden dafür nun weitere 70.000 Euro aus der aktuellen Pflastersanierung aus dem Straßenunterhalt ins ZIZ-Programm für die Attraktivierung der Innenstadt verschoben, anstelle der ursprünglich vorgesehenen Brunnentechnik. Die wiederum wandert nun hinüber in den Straßenunterhalt – und muss somit nicht mehr zu einer bestimmten Frist fertiggestellt werden. Linke Tasche, rechte Tasche also, wenn man so will. Damit hat sich die Stadt wiederum zeitlich Luft verschafft für den Brunnenbau, und abgedeckt im Haushalt ist nun ebenfalls alles.

Verschiebebahnhof stößt auf Kritik
Friede, Freude, Eierkuchen also? Keineswegs natürlich. Mehrere Stadträte lehnten das Vorgehen ab und kritisierten auch den Verschiebebahnhof im städtischen Haushalt. FW-Rat Arnold Holstein, der vor einem Jahr bereits die explodierenden Rathaussanierungskosten hart kritisiert hatte, fand auch am Dienstagabend deutliche Worte. Das Thema Stadtfinanzen und der Umgang damit beschäftigt den Unternehmer sichtlich. „Ich bin enttäuscht über die Planung, jetzt hatten wir das Rathaus und nun geht es gerade so weiter“, wetterte er. Der Brunnen sei keine Pflichtaufgabe der Stadt. „Uns wird vorgeworfen, wir könnten nicht mit Geld umgehen“, berichtete er über seine eigenen Wahrnehmungen. Er sei dagegen.

Das sagen die Stadträte dazu
Kerstin Mock, CDU, (“Wenn wir aus der Straße einen schönen Platz machen wollen, brauchen wir dieses Element“) und Uwe Achilles, SPD, (“ein tolles Element, um den Platz mit Leben zu füllen, auch wenn die Planung etwas holprig war“) sprachen sich hingegen für den Brunnenbau aus. Ähnlich äußerten sich Joachim Mutschler (UWG) und Jens Neumann (FW). Mutschler argumentierte, dass die Mehrkosten bei der Technik gerade einmal 0,5 bis ein Prozent der gesamten 2025 geplanten Investitionen ausmachen. „Der Brunnen ist eine Chance und eine Investition für viele Jahrzehnte, das sollten wir machen“, sagte er. Neumann gab zu bedenken, dass bei einem Abbruch des Projektes bereits jetzt schon Zahlungen an den Künstler „in ordentlicher fünfstelliger Höhe“ fällig wären. Dies wolle man auch nicht. Zudem werde der Brunnen die Marktstraße beleben.

FW-Rat Gantert fordert konkrete Einsparvorschläge
Neumanns Fraktionskollege Markus Gantert mahnte Riedmann an, die Verwaltung solle für die Mehrkosten konkrete Einsparvorschläge an anderer Stelle aufzeigen. Dies sagte Riedmann ihm auch zu. Ob dies aber auch noch einmal öffentlich thematisiert wird, blieb offen.

Deutlich gegen den Brunnen sprach sich UWG-Rätin Eva Fast aus. Der Brunnen habe sich als „Überraschungsei“ entpuppt. „Braucht Markdorf wirklich eine Attraktion für 200.000 Euro? Nein, in diesen Zeiten nicht“, sagte sie. Sie plädiere dafür, das Vorhaben auf Eis zu legen und stattdessen ein „Mini-Wasserspiel“ zu einem Drittel der Kosten und vor allem für Kinder zu realisieren. Dazu kommt es nicht: Die äußerst knappe Mehrheit entschied sich anschließend für den bereits im Bau befindlichen Brunnen.