Wer wann wie lange im Winterdienst unterwegs war, das kann Philipp Großhardt, seit Juli der neue Leiter des städtischen Bauhofs, ganz genau sagen. Denn darüber wird im Büro des Bauhofs an der Markdorfer Hauptstraße mit größter Gewissenhaftigkeit Buch geführt. Anhand der in einem DIN-A4-Ordner festgehaltenen Daten kann Großhardt nachvollziehen, an welchen Tagen und zu welcher Uhrzeit zwischen Tennisplatz und Espengraben der Schnee beiseite gepflügt und Salz gestreut wurde – ganz gleich ob per Räumfahrzeug oder von einem der Bauhof-Fußtrupps.

„Wir müssen da so genau sein“, erklärt Großhardt, „um gegebenenfalls nachweisen zu können, dass die Stadt ihrer Räum- und Streupflicht nachgekommen ist.“ Kommen Kommunen ihrer Pflichtaufgabe zum Winterdienst nicht im hinreichenden Umfange nach, können sie nach einem Unfall unter Umständen zur Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld verurteilt werden.

Philipp Großhardt ist seit Juli Leiter des Markdorfer Bauhofs.
Philipp Großhardt ist seit Juli Leiter des Markdorfer Bauhofs. | Bild: Jörg Büsche

100 Tonnen in der Hinterhand

Bis jetzt war der Winter gnädig. Nur an drei Tagen im November, einmal im Dezember sowie vom 3. bis zum 4. Januar mussten die Räumfahrzeuge der Stadt beziehungsweise die beiden vom Rathaus beauftragten Unternehmer ausrücken. Dementsprechend voll sei derzeit auch das Salzlager des Bauhofs. 400 Tonnen fasst es, erklärt Philipp Großhardt. „Und seit ich hier im Team dabei bin – auch schon zehn Jahre – hat die Menge immer noch gereicht.“ Für den Notfall, so schildert der Bauhofleiter weiter, räume der Salz-Lieferant eine Option auf 100 zusätzliche Tonnen ein.

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Wie viel Tausalz die Heckstreuer der Bauhoffahrzeuge am Tag ausspucken, das lasse sich nicht genau beziffern, erklärt Großhardt. Je nach Wetterlage beziehungsweise Schneefall-Situation pendelt es zwischen zwei und zehn Tonnen. Vom Verwenden von Split hält der Bauhofleiter wenig. „Effektiv ist das nur kurze Zeit“, erläutert er, „danach sind die scharfen Kanten der Körner abgeschliffen.“ Die Reifen von Autos oder Fahrrädern finden dann kaum noch Halt. Überdies macht der Split erhebliche Mehrarbeit. Schließlich müsse er mit großem Aufwand wieder aufgekehrt – und außerdem auch noch als Sondermüll entsorgt werden.

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Dienstbeginn um 4 Uhr

„Nein, wir nutzen keine besonderen Quellen“, erklärt Philipp Großhardt. Im Bauhof wird auf die einschlägigen Internetseiten zurückgegriffen, auf denen die Anbieter ihre Wettertrends veröffentlichen. „Und im Radio kriegt man ja auch mit, wie die Lage sich entwickelt.“ Zum Ende dieser Woche zum Beispiel dürfe mit Schneefall gerechnet werden. Doch die Erfahrung lehre, so Bauhofleiter Großhardt, dass man sich auf die Wetterprognosen nicht allzu sehr verlassen dürfe. Was auch der Grund dafür sei, weshalb einer seiner Mitarbeiter in den Wintermonaten jeden Morgen bereits um 4 Uhr seinen Dienst antrete.

Er prüft, ob es glatt ist. Sein besonderes Augenmerk gilt den kritischen Bereichen der Stadt – den Strecken zum Gehrenberg hinauf, aber auch den Markdorfer „Schattenlöchern“ im Industriegebiet. Hat sich Eis gebildet, werden jene Bauhofmitarbeiter gerufen, die zur Räumbereitschaft gehören. Dazu gehört etwa die Hälfte der elfköpfigen Bauhofbelegschaft, außerdem drei Mitarbeiter der Stadtgärtnerei, die bei Schnee- und Eisglätte ebenfalls herangezogen werden. Zum Einsatz werden dann noch die beiden von der Stadt zum Räumen verpflichteten Subunternehmer einbestellt.

Das Schneepflügen kann beschwerlich werden, wenn parkende Fahrzeuge die Durchfahrt einengen, wie hier in der Hauptstraße im Dezember 2023.
Das Schneepflügen kann beschwerlich werden, wenn parkende Fahrzeuge die Durchfahrt einengen, wie hier in der Hauptstraße im Dezember 2023. | Bild: Jörg Büsche

Die Sackgassen kommen zuletzt

Steillagen, Schulwege und die Aus- und Einfahrtsbereiche von Einsatzfahrzeugen zuerst, dann folgen die Wohngebiete. Und die Sackgassen werden ganz zuletzt vom Schnee befreit, erläutert der Bauhofleiter, in welcher Reihenfolge seine Mitarbeiter vorgehen. „Wir können natürlich nicht überall gleichzeitig sein, aber das Wichtigste kommt immer zuerst.“

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Die Bürger sind auch gefordert

In der Räumpflicht sei indes nicht allein die Stadt. Schnee schaufeln müssen auch die Bürger – ausnahmslos. Vor der eigenen Haustür gilt die Pflicht, werktags bis 7 Uhr den Winterdienst erledigt zu haben – sonn- und feiertags bis 8 Uhr. Weiter gefallener Schnee ist laut Markdorfer Satzung „unverzüglich, bei Bedarf auch wiederholt, zu räumen“ und das bis um 21 Uhr.

Die Ravensburger Straße räumt der Kreis, die Bürgersteige die Bürger. Das Bild entstand im Dezember 2023.
Die Ravensburger Straße räumt der Kreis, die Bürgersteige die Bürger. Das Bild entstand im Dezember 2023. | Bild: Jörg Büsche

Von einer Protokoll-Pflicht spricht die „Satzung über die Verpflichtung der Straßenanlieger zum Reinigen, Schneeräumen und Bestreuen der Gehwege“ nicht. Doch den auf nicht geräumten Wegen zu Schaden Gekommenen raten Versicherungen, den Zustand per Foto festzuhalten beziehungsweise Zeugen heranzuziehen.