Vier Stunden hatten die Fraktionen im Gemeinderat am Dienstagabend bereits über die verschiedensten Themen diskutiert, da kochten gegen 22 Uhr beim letzten Tagesordnungspunkt „Verschiedenes“ die Emotionen hoch: Die Fraktionschefs Uwe Achilles (SPD) und Joachim Mutschler (Umweltgruppe, UWG) nutzten die öffentliche Bühne, um vehement gegen eine in ihren Augen unerhörte Einmischung auswärtiger Kommunalpolitiker in Markdorfer Angelegenheiten zu protestieren.

Der Hintergrund: Auf der Kundgebung der Interessengemeinschaft (IG) pro Südumfahrung am vergangenen Samstag an der B-33-Ortsdurchfahrt hatte Bermatingens Bürgermeister Martin Rupp als einer der Sprecher das Wort ergriffen und für das „Nein-Kreuzchen“ der Markdorfer beim Bürgerentscheid zur Südumfahrung am kommenden Sonntag geworben, das den Willen zum Bau der Südumfahrung bekundet. Rupp und auch sein Salemer Amtskollege Manfred Härle hatten sich außerdem auch auf Werbemitteln der Befürworter-Initiative für die Südumfahrung ausgesprochen.
SPD- und UWG-Chefs platzt der Kragen
Da platzte den sonst so besonnenen Achilles und Mutschler am Dienstagabend noch der Kragen. Die SPD-Fraktion protestiere gegen diese Einmischung von außen, so Achilles. Rupp und Härle seien beides Kreisräte und Bürgermeister, sie sollten sich in ihren eigenen Gäus engagieren und nicht in Markdorf Politik machen.

Auch ihn habe das Vorgehen der beiden Bürgermeister „befremdet“, assistierte Mutschler: „Das können wir so nicht stehen lassen.“ Es handele sich dabei um einen bisher einmaligen Vorgang und um einen „Tabubruch“. „Wir wurden aufgefordert, im Bürgerentscheid unsere Meinung kundzutun, nicht aber andere Bürgermeister“, kritisierte Mutschler. Rupp und Härle hatten sich auf dem Ticket der IG pro Südumfahrung für den Bau der Umgehungsstraße ausgesprochen, weil beide im Falle einer Realisierung auch wieder auf eine neue Chance für die auf Eis gelegte Ortsumfahrung Bermatingen-Salem hoffen.

Eine schwer zu schluckende Kröte war dies für SPD und UWG nicht nur deswegen, weil beide Ratsfraktionen gegen die Südumfahrung sind, sondern weil auch ihre „Partnerfraktionen“ der SPD und der Grünen im Kreistag das Vorhaben ablehnen. Rupp und Härle wiederum hatten sich als Vertreter der Pro-Südumfahrung-Fraktionen Freie Wähler und CDU im Kreistag an die Markdorfer Bürgerschaft gewandt – ein „no go“ und augenscheinlich ein klarer Versuch der Meinungsmanipulation für Achilles und Mutschler.
„Kein Verständnis für die Kritik“, heißt es bei FW-, CDU- und FDP-Räten
Unwidersprochen bleiben die Vorwürfe der beiden Fraktionschefs im Gemeinderat am Dienstagabend natürlich nicht. Während CDU-Rätin Kerstin Mock, als Stüblehof-Landwirtin in Markdorf-Süd eine Gegnerin der Südumfahrung, anmerkte, auch ihr gegenüber sei von Markdorfern Kritik am Verhalten von Rupp und Härle geäußert worden, reagierten ihr Fraktionskollege Alfons Viellieber und FDP-Rat Rolf Haas mit Unverständnis.


„Das ist eine Kreisstraße und es gibt bei uns die Meinungsfreiheit, also was soll das Ganze“, bügelte Viellieber die Kritik an den Bürgermeistern ab. In die selbe Kerbe hieb Haas: „Das ist eine Kreisstraße und damit dürfen auch Kreisräte Stellung dazu nehmen.“ Auch FW-Rat Arnold Holstein fand die Kritik von Mutschler und Achilles überzogen. „Da können wir bei jedem und bei jeder Seite etwas finden“, sagte er. Man solle doch aufhören, sich wie die kleinen Kinder zu benehmen. Rupp und Härle seien vom Markdorfer Wirtschaftskreis, der sich der IG pro Südumfahrung angeschlossen hat, angefragt worden. Daran sei nichts, was zu beanstanden sei.
Bürgermeister Riedmann kritisiert seine Amtskollegen: „Das macht man einfach nicht“
Bürgermeister Georg Riedmann hingegen bezog klar Position für Achilles und Mutschler. Er selbst habe seine Amtskollegen bereits darauf angesprochen, da es auch in seinen Augen ein „ungewöhnlicher Vorgang“ gewesen sei, sagte er. In gewisser Weise sei es ein Tabubruch: „Das macht man einfach nicht und ich würde mich nie dazu hinreißen lassen“, fand er klare Worte.

Wenn es um eine „echte Kreisstraße“ gehen würde, hätte er mit einem solchen Vorgehen keine Probleme. Damit meine er eine Kreisstraße, die zu 70 Prozent aus Mitteln des Landkreises und zu 30 Prozent aus Landesmitteln finanziert wäre. In diesem Falle trage die Stadt Markdorf aber die Hälfte der nicht vom Land bezuschussten Kosten. Damit sei es aber eine kommunale Angelegenheit. „Deswegen war ich auch sehr verwundert über die öffentliche Stellungnahme meiner Kollegen“, sagte er. Die Fraktionen der UWG und der SPD hatten noch am Mittwoch einen offenen Brief an Rupp und Härle gesendet, in dem sie ihre Kritik nochmals ausformuliert hatten.