Wieso werfen Sie der gegnerischen Initiative vor, sie würde Sachverhalte zur Südumfahrung falsch, verschleiernd oder auch manipulierend darstellen und auf welche Beispiele stützen Sie sich dabei?

Rainer Zanker (Vorsitzender Interessengemeinschaft Pro Südumfahrung): Die Gegner der Südumfahrung berufen sich immer auf die geringe Entlastungswirkung von nur 4900 Fahrzeugen am Tag. Sie verschweigen aber die darin enthaltenen 1500 Lkw, die um ein Vielfaches belasten, ebenso die enormen Belastungen auf den Schleichwegen. Es wird von einem Flächenverbrauch von 35 Hektar gesprochen, tatsächlich hat die Straße selbst nur sechs Hektar versiegelte Fläche, zwölf Hektar werden als begrünte Nebenflächen verwendet. Das Bündnis setzt auf die Wirkung der B 31 neu. Diese wird aber von ihrem eigenen Mitglied, dem BUND, versucht zu verhindern. Die Entlastung, gerade mit einer Ortsumfahrung Bermatingen, wird nicht erwähnt. Markdorf-Süd müsse mit dem Verkehr vor der Haustüre rechnen, dabei liegt die Südumfahrung weiter weg als die jetzige B 33 und auch noch zwei Meter tiefer, man wird sie nicht sehen und hören. Die Südumfahrung wird als Torso dargestellt, sie ist aber Teil eines Verkehrswegenetzes. Mit Markdorf kann auch Bermatingen Realität werden. Das grün geführte Verkehrsministerium fördert die Südumfahrung und befürwortet sie.

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Christian Schmid (Vertrauensperson des Aktionsbündnis Stop Südumfahrung): Die Argumentation der Straßenbefürworter beruht auf vielen unzutreffenden Annahmen und Aussagen. Die IG Pro Südumfahrung bezeichnet die vielfältige Landschaft im Süden Markdorfs als „agro-ökonomische Monokultur“. Sie plakatiert „Schluss mit Lärm“, obwohl nur mit einer geringen Lärmentlastung zu rechnen ist und die Nachbarorte mehr belastet würden. Beim Stickoxid wurde der Grenzwert in Markdorf bereits 2016 eingehalten. Es wird so getan, als würde es eine Anbindung der Südumfahrung in Richtung Kluftern/Friedrichshafen und in Richtung Bermatingen geben. Die IG fordert die bahnparallele Trasse durch Kluftern, doch diese wurde längst als „nicht realisierungsfähig“ verworfen. Das Planverfahren zur Umgehung von Bermatingen wurde schon vor Jahren gestoppt. Das heißt: Die Südumfahrung Markdorf wäre ein Torso, ohne Anbindung nach Osten und Westen. Bei der hohen verbleibenden Belastung im Ort von über 16 000 Kfz pro Tag kann man an der B 33 sicherlich keine Radwege anlegen oder neue Bäume pflanzen.

Demo-Mitorganisator Rainer Zanker begrüßt die Teilnehmer der Kundgebung der Interessengemeinschaft pro Südumfahrung am vergangenen ...
Demo-Mitorganisator Rainer Zanker begrüßt die Teilnehmer der Kundgebung der Interessengemeinschaft pro Südumfahrung am vergangenen Samstag an der B-33-Ortsdurchfahrt. Rund 200 Interessierte waren laut Polizei zu dem für eine Stunde abgesperrten Straßenabschnitt unterhalb des Bischofschlosses gekommen. | Bild: Jörg Büsche

Nennen Sie in Kürze und prägnant die für Sie wichtigsten Argumente Ihrer Initiative, die für oder gegen den Bau der Südumfahrung sprechen.

Rainer Zanker: Markdorf versinkt täglich im Stau, wir setzen uns dafür ein, den Durchgangsverkehr zu verbannen, speziell die Lkw. Diese belasten die Menschen und die Umwelt um ein Zehnfaches eines Pkw. Laut Regierungspräsidium Tübingen besteht die Möglichkeit, Voraussetzung ist eine leistungsfähige Trasse, ein Durchfahrtsverbot für Lkw ausgenommen des Lieferverkehr zu erwirken. Alle Belastungen für die Gesundheit der Menschen (Lärm, Feinstaub, Stickoxide) überschreiten die gesetzlichen Grenzwerte. Die Südumfahrung ist nur ein Teil eines Gesamtkonzeptes, nur mit Markdorf kann auch Bermatingen umfahren werden. Dies bewirkt eine zusätzliche Entlastung. Insgesamt können wir in Kombination Markdorf, Bermatingen und B 31 neu den Verkehr um 38 Prozent, die Lkw um 63 Prozent reduzieren. Wir stehen auch für ein vernünftiges Radwegesystem, dies geht aber nur, wenn wir den Verkehr verbannen. Eine gelungene Innenstadtentwicklung für die Einwohner, Einzelhandel, Wirtschaft und Touristik kann nur ohne den täglichen Stau entstehen.

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Christian Schmid: Die Entlastungswirkung der Südumfahrung liegt laut Prognosen nur noch bei 20 bis 23 Prozent, also nur noch halb so viel, wie früher erwartet. Sie würde nur eine geringe Entlastung für die stark betroffenen Anwohner an der B 33 in Markdorf bringen. Aber sie brächte Mehrbelastungen um bis zu 2000 Kfz pro Tag in Ittendorf, Leimbach, Hepbach und Kluftern. 18 Hektar meist hochwertiger Ackerböden gingen verloren. Und: In nur drei Kilometern Abstand ist die B 31 neu geplant, welche die B 33 und auch Markdorf vom überregionalen Verkehr entlasten wird. Man stelle sich vor: Zwei neue große Straßen zwischen Markdorf und Bodensee! Unser landschaftlich vielseitiges und beliebtes Erholungsgebiet im Süden würde zerschnitten und verlärmt. Die Südumfahrung würde Markdorf mindestens 12 Millionen Euro kosten. Dieses Geld fehlt dann für wichtige Zukunftsinvestitionen wie Schulen und Kindergärten, für das Radwegkonzept und den geplanten Stadtbus. Die Klimakrise erfordert ein Umsteuern mit mehr E-Mobilität und weniger Kfz-Verkehr.

Die drei Vertrauensleute des Aktionsbündnisses Stop Südumfahrung, das den Bürgerentscheid mit seinem Bürgerbegehren in die Wege geleitet ...
Die drei Vertrauensleute des Aktionsbündnisses Stop Südumfahrung, das den Bürgerentscheid mit seinem Bürgerbegehren in die Wege geleitet hatte. Christian Schmid (von links) trug sich im Juli auf dem Stüblehof der Mocks als erster in die Unterschriftenliste ein. Markus Mock und Frieder Staerke taten es ihm nach. Zur letzten öffentlichen Aktion des Bündnisses, dem Hoffest auf dem Stüblehof, waren in der vergangenen Woche nach eigenen Angaben rund 500 Besucher gekommen. | Bild: Grupp, Helmar

Werden Sie das Ergebnis des Bürgerentscheides akzeptieren, auch wenn es nicht dem Ziel Ihrer eigenen Initiative entspricht oder würden Sie bis zur Entscheidung des Kreistags über den Bau der Südumfahrung im Dezember dann nochmals weitere Aktionen planen?

Rainer Zanker: Die Gegner haben den eindeutigen Bürgerentscheid von 2003 nie akzeptiert und seitdem alles versucht, diesen demokratischen Beschluss zu torpedieren. Im Jahr 2021 haben sie bereits zwei Abstimmungen verloren: Die Mitbestimmung im Kreistag (der Kreistag hat abgelehnt) und den Antrag auf einen zweiten Bürgerentscheid (der Gemeinderat hat abgelehnt). Es gibt für Markdorf keine Alternative! Das Bündnis Stop Südumfahrung hat keinen eigenen realistischen und zeitnahen Vorschlag zur Lösung des täglichen Staus. Wir warten also erst einmal das Ergebnis des erneuten Bürgerentscheids ab, dann sehen wir weiter.

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Christian Schmid: Wir haben diesen Bürgerentscheid als Instrument der Bürgerbeteiligung beantragt und werden selbstverständlich auch ein Ergebnis akzeptieren, das nicht unserer Vorstellung entspricht. Aktionen nach dem Bürgerentscheid sind nicht geplant. Wir fühlen uns gestärkt durch den enormen Zuspruch aus der Bevölkerung, den wir beispielsweise beim Hoffest mit über 500 Gästen erleben durften. Wir sind zuversichtlich, dass die Markdorfer mit ihrem „Ja“ ein klares Signal an den Kreistag senden. Wir erwarten dann allerdings auch vom Kreistag und vom Landrat, dass sie diese demokratische Entscheidung akzeptieren und nicht gegen den Willen der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt die Südumfahrung durchdrücken.

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