Lang ist sie. Spitz ist sie. Und neugierig sei sie obendrein. Letzteres sagt Birgit Beck. Die Zunftmeisterin der Historischen Narrenzunft Markdorf bezieht sich damit auf die Nase des Hänselers, jener so typischen Figur der Markdorfer Fasnet, neben dem Kaujohle. Neugier und Vorwitz des Hänselers fänden denn auch ihren Ausdruck in der langen Nase, die aus Leder gefertigt wird, wie Uwe Schulz, der Hänseler-Major, erklärt.

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Man kann es sehen, ja fühlen – im Obertor, dem Zunfthaus der Markdorfer Narren, wo in den Februar-Wochenenden das Narrenmuseum im Obergeschoss offen steht und außerdem im großen Saal des ersten Stocks die Besucher einen Eindruck davon bekommen, wie viel handwerkliches Geschick erforderlich ist, damit die Masken, die Häser und unverzichtbaren Attribute und Beigaben der Figuren entstehen können.

Eindrücke aus dem Markdorfer Narrenmuseum im Zunfthaus Obertor. Video: Jörg Büsche
Kunstvoll und von Hand gemacht: das Flechtwerk einer Karbatsche.
Kunstvoll und von Hand gemacht: das Flechtwerk einer Karbatsche. | Bild: Jörg Büsche

„Das B steht für Blaschke“, erklärt Uwe Schulz und weist auf den eingefrästen Buchstaben auf dem Karbatschen-Griff in seiner Hand. Christoph Blaschke heißt jenes Mitglied der Narren-Zunft, das in die Fußstapfen von Sailermeister Hubert Guffart getreten ist und nun Hanfschnüre zu Karbatschen flicht.

„Das Allermeiste hier im Museum kenne ich ja schon. Trotzdem finde ich es immer wieder faszinierend, dass so viel von den ...
„Das Allermeiste hier im Museum kenne ich ja schon. Trotzdem finde ich es immer wieder faszinierend, dass so viel von den Zunftmitglieder selbst gemacht sind, egal ob es Masken sind oder die Karbatsche“, sagt Kevin Maraun. | Bild: Jörg Büsche

Wie viele Arbeitsschritte dafür nötig sind, wie viel Geduld es erfordert, bis der Griff geschnitzt, mit Leder verziert und schließlich mit der langen Peitschenschnur aus Hanf verbunden ist, das ahnt, wer die ausgelegten Werkstücke – in den unterschiedlichen Fertigungsstufen – auf den Tischen im Zunftsaal genauer betrachtet.

Höchst anschaulich wird dargestellt, wie Kaujohlen-Glocken entstehen.
Höchst anschaulich wird dargestellt, wie Kaujohlen-Glocken entstehen. | Bild: Jörg Büsche

Lob der soliden Handarbeit

Seine Begeisterung ist Uwe Achilles anzusehen. Der gelernte Goldschmiedemeister kann sich über solides Handwerk freuen. „Finde ich ganz toll, was hier zu sehen ist“, erklärt er. Zum Beispiel die hölzernen Halbschalen, die Zimmermeister Andreas Beck gedrechselt hat.

„Ungeheuer interessant finde ich die Ausstellung. Man lernt viel über die Hintergründe und begegnet Handwerk, das viele gar nicht ...
„Ungeheuer interessant finde ich die Ausstellung. Man lernt viel über die Hintergründe und begegnet Handwerk, das viele gar nicht mehr kennen“, sagt Besucher Bertold Sattler. | Bild: Jörg Büsche

Der Block liegt da, auch ein Achtkant, ein weiterers, nun kürzeres Stück Holz, aus dem der Stahl bereits ein Rund herausgearbeitet hat. Und die fertige, aus den beiden Hälften zusammengefügte Glocke liegt ebenfalls da.

Ein Beispiel des Drechsler-Könnens: die Glocken für den Kaujohle-Gürtel.
Ein Beispiel des Drechsler-Könnens: die Glocken für den Kaujohle-Gürtel. | Bild: Jörg Büsche

Ja, man sei schon ziemlich stolz, erklärt Zunftmeisterin Birgit Beck, „dass so vieles von Zunftmitgliedern gemacht wird“. Ob es die hölzernen Schellen für den Glockengürtel der Kaujohle sind, ob es die Karbatschen sind oder ob es die Gesichtsmaske des Hänseler ist. Die schneidet Zunftmitglied Christian Amann aus Filz. „Hat er sich alles selbst beigebracht, Schritt für Schritt, Erfahrungen sammelnd“, erklärt Uwe Schulz mit anerkennendem Unterton. Wenn die Markdorfer Narren sich so sehr mühen, sei das ein deutliches Zeichen dafür, „wie sehr sie sich mit der Zunft identifizieren“, findet der Hänseler-Major.

Über 40 Teile müssen aus Filz ausgestanzt werden, bis eine Hänseler-Maske genäht werden kann. Hänseler-Major Uwe Schulz zeigt es.
Über 40 Teile müssen aus Filz ausgestanzt werden, bis eine Hänseler-Maske genäht werden kann. Hänseler-Major Uwe Schulz zeigt es. | Bild: Jörg Büsche

Jede Hänseler-Maske besteht aus zahlreichen Teilen

Rund 40 verschiedene Teile fügen sich zum Hänseler-Gesicht zusammen – inklusive der ledernen Nase, die mit dem Falzbein über einem Holzstück in Form gebracht wird, in drei verschiedenen Größen: klein, mittel und groß. Am Häs, das heißt an dessen Kapuze, wird die Maske übrigens mit Druckknöpfen befestigt, wie Schulz erzählt. Schulz erinnert sich noch ganz genau, wie Maß genommen werden musste, damit die Druckknöpfe an den richtigen Stellen sitzen und nicht drücken oder gar schmerzen.

Die Vorläufer der heutigen Kaujohle-Masken sind aus Draht gefertigt.
Die Vorläufer der heutigen Kaujohle-Masken sind aus Draht gefertigt. | Bild: Jörg Büsche

Das Museum zeigt auch den Wandel der Zeit

Dass die Masken der Markdorfer Hänseler und Kaujohle sich im Laufe der Jahrzehnte verändert haben, zeigt sich unterm Dach des Obertors. Endlich wieder, denn nach mehrjähriger Pause steht das dortige Museum nun wieder den Besuchern offen, nach Voranmeldung natürlich beziehungsweise an den vier Ferienwochenenden der diesjährigen Fasnet, wie Inge Schupp erläutert.

Ein früher Kaujahle, noch im Rupfen-Gewand.
Ein früher Kaujahle, noch im Rupfen-Gewand. | Bild: Jörg Büsche

Sie hat die „Schatzkammer“ der Zunft wieder mit hergerichtet, aufgeräumt, geordnet. „So manches musste wieder besorgt werden“, berichtet sie. Aber dafür sei ja hinreichend Zeit gewesen während der langen Corona-Ruhe.

„So viele Beispiele für tollte Handwerkskunst, das gefällt mir wirklich sehr“, sagt Egon Wegmann.
„So viele Beispiele für tollte Handwerkskunst, das gefällt mir wirklich sehr“, sagt Egon Wegmann. | Bild: Jörg Büsche

Hier oben gibt es mancherlei Interessantes zu entdecken. Etwa jene Drahtmasken, hinter denen sich die frühen Kaujohle verbargen, bevor sie ein aus Holz geschnitztes Gesicht bekamen. Und auch das hat sich verändert. „Früher war die Kaujohle-Maske viel größer“, erklärt Inge Schupp. Sie ist froh über die historischen Stücke und außerdem auch dankbar. „Oft fällt es den Familien ja gar nicht so leicht, sich davon zu trennen.“ Schließlich hingen stets viele gute Erinnerungen dran.

Zwischen Fasnets-Sitzung und Hemdglonker-Umzug ist alles vertreten.
Zwischen Fasnets-Sitzung und Hemdglonker-Umzug ist alles vertreten. | Bild: Jörg Büsche