Sie wuseln durch das Klassenzimmer, eilen durch die Gänge und bepacken eifrig Bananenkisten mit allerlei Dingen wie Konserven, Trillerpfeifen und Verbandsmaterial. Die Schüler des Bildungszentrums sitzen zur Abwechslung mal nicht im Unterricht, sondern bereiten Hilfsgüter für die Ukraine vor. „Gibt‘s schon fertige Kisten?“, fragt die elfjährige Realschülerin Mia Heigle ihre Klassenkameraden. Kurz darauf schiebt sie mit ihrem Mitschüler Mathis Dilpert Kisten mit Hygieneartikeln, Tee und Knäckebrot auf einem Rollwagen aus dem Klassenzimmer.
Helfen statt Lernen lautet das Motto
Draußen warten bereits weitere Schüler und Lehrer, die die Kisten entgegennehmen und in einen Anhänger verstauen. Wenn der voll ist, geht es für die Hilfsgüter weiter zur alten Lagerhalle der Firma Weber in Markdorf. Dort werden sie abgeladen und von Rainer Zanker sowie mehreren Helfern in einen Kleintransporter verladen, der sich zur polnisch-ukrainischen Grenze aufmacht. Anfang März hatte der Markdorfer zusammen mit seiner Lebensgefährtin Mariya Babina angefangen, Spenden für die Ukraine zu sammeln. Seitdem beteiligen sich immer mehr Markdorfer an der Hilfsaktion, die weiterhin läuft.

Das ganze Bildungszentrum macht mit
Am Donnerstag haben sich nun auch die Realschule und das Gymnasium des Bildungszentrums an der Aktion beteiligt, indem sie einen gemeinsamen Spendentag veranstaltet haben. Alle Schüler konnten bis zum Nachmittag Sach- und Geldspenden in der Schule abgeben.

Die Idee dafür hatte Realschullehrer Stefan Hofmann mit seiner 6e. Ihm und seinen Schülern habe es nicht ausgereicht, nur im Unterricht über den Krieg in der Ukraine zu sprechen, so Hofmann. Da er bereits von der Hilfsaktion von Rainer Zanker gelesen hatte, kam ihm die Idee, diese mit seinen Schülern durch das Sammeln von Spenden zu unterstützen. „Zuerst haben wir das mit der Klasse geplant und dann ist auf einmal die ganze Schule involviert gewesen“, sagt Hofmann. Er freut sich über den Einsatz und die Tatkraft seiner Schüler. „Sie sind alle voller Elan und Enthusiasmus.“

Dank der guten Kontakte von Lehrerin Maraika Herpertz zu Zanker konnte schnell der Kontakt hergestellt und alles organisiert werden. Danach ergab sich alles wie von selbst, berichtet Stefan Hofmann: Die Eltern wurden mit einem Brief über die Aktion informiert, die Lehrer der beiden Schulen mit ins Boot geholt und der 17. März als Spendentag festgesetzt. Die „Hauruckaktion“, wie sie Vertrauenslehrerin Alexandra Fleischhut nennt, konnte starten.

Große Hilfsbereitschaft unter Schülern und Lehrern
Pünktlich um 7.30 Uhr haben die Schüler von Hofmann und die Klasse 6d des Gymnasiums angefangen, die Spenden ihrer Mitschüler entgegenzunehmen. „Wir haben schon viele Spenden von den anderen Schülern bekommen. Das freut uns sehr. Wir hoffen, dass das so weitergeht und wir den Kindern in der Ukraine helfen können“, sagt Schülerin Hana Music.

Um kurz vor 9 Uhr haben sie bereits mehr als 20 Kisten voller Hilfsgüter herrichten können. „Heute Morgen war so viel los“, bestätigt Mitschüler Mathis Dilpert. Beide sind Klassensprecher der 6e und freuen sich, dass sie helfen können. „Ich find‘s cool. Wären wir in so einer Situation, würde ich mich auch freuen, wenn andere uns helfen“, sagt Mathis. Sogar einen eigenen Schichtplan hat die Klasse erstellt, mit dem sie regeln, wer wann und wo hilft.

Klassenkamerad Nico Malassa kann sich seinen Freunden da nur anschließen: „Ich finde die Aktion super, weil wir Menschen helfen können. Es ist sehr traurig, dass man in der heutigen Zeit nicht aus der Vergangenheit gelernt hat.“ Umso glücklicher ist Nico, dass er zusammen mit seiner Klasse etwas für die Ukrainer tun kann.

Auch Klassenlehrer Stefan Hofmann bemerkt, wie gut es den Schülern tut, helfen zu können. Mit den verladenen Trillerpfeifen können sie beispielsweise dazu beitragen, dass Verschüttete sich in den Trümmern bemerkbar machen. „Wir retten unter Umständen Leben damit. Das fühlt sich für Groß und Klein einfach super an.“
Schüler zeigen tolle Eigeninitiative
Die ganze Woche über haben sich die Schüler auf den Spendentag gefreut, sagt Lehrer Stefan Ferguson vom Gymnasium. „Ich bin unglaublich begeistert und persönlich sehr stolz. Die Schüler sind mit Tüten und Kisten voller Spenden in die Schule gekommen. Das spricht nicht nur für die Schüler, sondern auch für die Eltern.“ Kollege Oliver Fredel sei die enorme Motivation der Schüler ebenfalls aufgefallen. „Die Hilfsbereitschaft ist sehr hoch. Die Schüler machen das alles sehr verantwortungsbewusst.“

Lehrerin Karin Mohr, die seit 25 Jahren an der Schule ist, kann das bestätigen: „So eine große Hilfsbereitschafts seitens der Schüler habe ich noch nie gesehen.“ Vor allem die große Eigeninitiative der Jüngeren habe sie beeindruckt. Die seien mit selbst gebastelten kleinen Kassen losgezogen und haben in den Pausen auf dem Hof Geld gesammelt. Gymnasium-Direktorin Diana Amann ist ebenfalls von ihren Schülern begeistert: „Ich finde es ganz toll, dass wir ein solches Engagement haben, vor allem von den jüngeren Schülern.“
Es sind aber nicht nur die Kleinen, die mithelfen. Auch die Älteren packen tatkräftig mit an. Die Oberstufenschüler der 11c des Gymnasiums unterstützen ihre jüngeren Schulkameraden, indem sie beim Einpacken und Tragen helfen. Kevin Schneider ist einer von ihnen. Seine Klassenkameraden und er wurden vom Unterricht befreit, um zu helfen. „Jeder beweist einen tollen Einsatz.“ Er ist sich sicher: „Am Ende können wir auf jeden Fall etwas bewirken, wenn man sich ansieht, wie viele Kartons wir gepackt haben.“
