Die jüngsten Niederschläge werden kaum ausreichen, um das Problem zu lösen, unter dem die Wälder der Region seit längerem leiden. „Für die Landwirtschaft war der Regen gut“, erklärt Landwirt Anton Rist aus Deggenhausertal, „für den Wald reichen die paar Zentimeter Niederschlag aber noch nicht.“ Da bräuchte es schon lange und ergiebige Regenfälle, damit auch die tiefer gelegenen Bodenschichten wieder feucht werden.

Mehrwöchige Trockenperiode im April noch nicht wett gemacht

Das Gros der Bäume wurzelt eineinhalb Meter und mehr unter der Oberfläche. Von Entwarnung sei längst keine Rede, erklärt Jörn Burger. Der Markdorfer Stadtförster sieht in den jüngsten Niederschlägen allenfalls einen Anfang. Die mehrwöchige Trockenperiode im April sei noch nicht wett gemacht. „Wir hoffen auf weiteren Regen.“

Der von Sturm und Trockenheit gebeutelte Wald am Gehrenberg gibt kein gutes Bild ab.
Der von Sturm und Trockenheit gebeutelte Wald am Gehrenberg gibt kein gutes Bild ab. | Bild: Jörg Büsche

Borkenkäfer und Trockenheit drücken Holzpreise

Anton Rist gehören zwölf Hektar Wald. Viel Freude habe er derzeit nicht an seinen Bäumen. Erst jüngst musste er eine große Menge schlagen, da die Bäume vom Borkenkäfer befallen waren. Da so gut wie alle Waldbesitzer mit den Käfern und der Trockenheit zu kämpfen haben, drückt das den Holzpreis. „Beim Verkauf sind gerade mal die Arbeitskosten gedeckt“, erklärt Rist.

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Was als Wertanlage gedacht war, bringt oft nur noch einen Spottpreis

Was er lange Jahre gepflegt habe, was als Wertanlage vor Augen stand, das erbringe nur noch einen Spottpreis. „Das tut schon weh – aber man kann nichts machen.“ Ebenso resigniert klingt er, wenn er über Neuanpflanzungen spricht. „Den Baum der Zukunft kennen nicht einmal die Wissenschaftler.“ Rist sagt, er habe es zum Teil mit Weißtannen versucht. Sie galten als zukunftsfest. „Aber schauen Sie sich doch um – auch die haben Trockenschäden. Eine Folge des Klimawandels.“

Dieser Nadelbaum weist starke Trockenschäden an der Spitze auf.
Dieser Nadelbaum weist starke Trockenschäden an der Spitze auf. | Bild: Jörg Büsche

Tannenwipfel dürr und vertrocknet

Im Gehauwald an der Bundesstraße nach Meersburg grünt es. Alles stehe mitten in der Vegetationsphase, erklärt Michael Strütt. Der Kreisforstamtsleiter zeigt aber nicht auf das satt-grelle Grün in Augenhöhe, sondern weiter nach oben. Die Tannenwipfel sind dürr und offensichtlich vertrocknet. Die jungen, noch kleineren Tannen täuschen. Sie nähren sich noch aus dem oberen Bodenbereich, der im Gehauwald noch relativ feucht ist, denn der Herbst war relativ nass, ebenso die Wintermonate.

Tief wurzelnde Bäume finden kaum noch Wasser

Während die alten Bäume sehr viel tiefer wurzeln, weiter unten aber kaum noch Wasser finden. „Sie haben den Anschluss ans abgesunkene Grundwasser verloren“, erläutert der Forstmann. Der Nachwuchs grünt, lebt „aber von der Hand in den Mund“, während der Altbestand dahinsiecht.

Der Waldboden ist ausgetrocknet. Die Niederschläge dieser Tage dringen noch nicht hinreichend in die Tiefe.
Der Waldboden ist ausgetrocknet. Die Niederschläge dieser Tage dringen noch nicht hinreichend in die Tiefe. | Bild: Jörg Büsche

Trockenheit stresst die Bäume

Es war ungewöhnlich warm in den vergangenen Wochen. Die Eschen trieben bereits Ende April, üblicherweise tun sie das erst im Mai. Außerdem sei es besonders trocken gewesen. Solche Trockenheit stresst die Bäume. Mit der Folge, dass sie sich kaum gegen den wegen der hohen Temperaturen früher ausschwärmenden Buchdrucker-Käfer wehren können. Gesunde Bäume reagieren mit Harzfluss.

Borkenkäfer finden im Sturmholz ideale Brutstätten

Ungünstig wirkt sich auch aus, dass Sturmtief Sabine zahlreiche Bäume abgeknickt oder entwurzelt hat – willkommene Brutstätten für den Schädling. Der habe auch Unterstützung vom Tannenborkenkäfer, erklärt Stadtförster Jörn Burger. Das vermehrte Auftreten dieser Spezies sei ein recht neues Phänomen, das auf die sich häufenden Dürremonate zurückzuführen sei.

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Nadelhölzer erweisen sich bis auf die Douglasie als ungeeignet

Die Frage sei, was sinnvoll gepflanzt werden soll. Nadelhölzer erweisen sich, bis auf die Douglasie, als ungeeignet. Infrage kommen Eichen, bedingt auch Ahorn. „Üblicherweise dominieren Buchen.“ Sie wachsen auch im Schatten. Eichen dagegen brauchen Licht. Das finden sie auf jener Fläche, wo sie im Herbst angepflanzt wurden. „Wir setzen unsere Hoffnung auf diese Baumart“, erklärt Strütt.

Die im Herbst angepflanzten Eichen haben stark unter der Trockenheit der Aprilwochen gelitten. Es ist mit einem Ausfall von 70 Prozent ...
Die im Herbst angepflanzten Eichen haben stark unter der Trockenheit der Aprilwochen gelitten. Es ist mit einem Ausfall von 70 Prozent zu rechnen. | Bild: Jörg Büsche

In junger Eichenschonung Ausfälle von um die 70 Prozent

Beim Gang durch die Eichenschonung zeigt sich jedoch, dass die Dürre den jungen Bäumen massiv geschadet hat. Viele sind vertrocknet. Einige treiben aus, aber sehr spärlich. „Üblicherweise müssen wir mit Ausfällen zwischen 20 und 30 Prozent rechnen“, erklärt Strütt, „hier dagegen sind es um die 70 Prozent.“

Bestände werfen nicht mehr genug Ertrag ab, um Neuanpflanzung zu finanzieren

Solche Ausfälle frustrieren die Privatwaldbesitzer. Längst werfen ihre Bestände nicht mehr genug Ertrag ab, um Neuanpflanzungen zu finanzieren. Das viele Sturmholz, das von den Sägewerken verarbeitet werden muss, senkt die Preise. „Und wenn dann teure Neuanpflanzungen vertrocknen, lässt das viele resignieren“, berichtet Stadtförster Burger. Hinzu komme, dass es noch gar nicht sicher sei, welche Baumart sich in zwei, drei Generationen als zukunftsfähig erweise.

Weil die vom Borkenkäfer befallenen Stämme geschlagen werden müssen, sinkt der Holzpreis.
Weil die vom Borkenkäfer befallenen Stämme geschlagen werden müssen, sinkt der Holzpreis. | Bild: Jörg Büsche

Finanzielle Hilfe zur Bekämpfung der Borkenkäfer

„Geld ist da“, betont Strütt. Im vergangenen Jahr wurde der Notfallplan Wald aufgelegt. Für das Bekämpfen der Borkenkäfer bekommen Waldbesitzer finanzielle Hilfe. Sie müssen sie bei den Unteren Forstbehörden beantragen. Das Schadholz könne aber nur langsam aufgearbeitet werden, weil es an Personal mangele.

Forstleute wollen wieder gestalten

Strütt erklärt, dass der Wald, solange er gesund ist, ein funktionierendes Öko-System sei. In diesem Öko-System spiele aber auch die Ökonomie eine Rolle. Jörn Burger sagt: „Auf einen gewissen Ertrag sind wir einfach angewiesen.“ Beide Forstleute aber betonen, wie wichtig der Wald für die Gesellschaft sei: Wald diene als CO2-Speicher, er schützt Böden und reinigt die Luft. Beide wünschen, dass sie bei ihrer Arbeit im Wald wieder einmal zum Gestalten kommen, statt ständig nur auf Schadensereignisse reagieren zu müssen. Und noch einen Wunsch hegen sie: „ein bisschen mehr Vertrauen seitens der Öffentlichkeit“, sagt Strütt. Ihn wurmt, dass Laien, aber auch manch falscher Forst-Heilslehrer in den Medien mehr Gehör finden als die Fachleute.

Neben der Trockenheit und dem Käfer bereitet auch das Eschentriebsterben den Forstleuten nach wie vor viel Kummer.
Neben der Trockenheit und dem Käfer bereitet auch das Eschentriebsterben den Forstleuten nach wie vor viel Kummer. | Bild: Jörg Büsche