„Eine Stadt, in der manche maßgeblichen Protagonisten sich immer wieder in einem jammernden Ton über die Ausstrahlung ihrer Stadt öffentlich äußern, wird nicht in die Endausscheidung beim Titel attraktive Stadt 2022 kommen.“: Mit klaren Worten wandte sich Bürgermeister Georg Riedmann bei seiner Vereidigung am Dienstagabend im Gemeinderat an die Stadträte und die Besucher in den Publikumsreihen.

Riedmann war in kleinem Rahmen auf seine zweite Amtszeit vereidigt worden, auf einen öffentlichen Festakt hatte die Stadt aus Corona-Gründen verzichtet. Dennoch geriet auch der kleine Rahmen festlich: Bürgermeister-Stellvertreterin Christiane Oßwald sprach zu Beginn eine Laudatio auf den wiedergewählten Rathaus-Chef und zwischen den Ansprachen umrahmten Johannes Eckmann von der Musikschule Markdorf mit der Geige und Chiaki Nagata von der Musikschule Sigmaringen am Klavier die Vereidigung musikalisch.
Künftig will es Riedmann nicht mehr allen recht machen
Möglich, dass sich Riedmann in seiner Kritik auf die Aussagen einiger Fraktionschefs bezog, die sich in den SÜDKURIER-Sommerinterviews teils deutlich mahnend zur künftigen Stadtentwicklung geäußert hatten. Er appelliere an alle Verantwortungsträger, die Außenwirkung und das Image der Stadt im Auge zu behalten, sagte Riedmann: „Und das Image verändert sich durch das Gejammere negativ.“
Doch der 55-Jährige beließ es nicht bei der Kritik an anderen, auch sich selbst sparte er nicht aus. Wenn es etwas gebe, womit er nicht zufrieden sei beim Blick auf seine ersten acht Jahre als Bürgermeister, dann sei es sein Versuch gewesen, es allen recht zu machen, gestand er ein: „Das geht nicht. Sie dürfen von mir mehr Klarheit erwarten“, versprach er. Er werde zwar auch weiterhin die Suche nach dem Kompromiss favorisieren, „aber nicht mehr den Kompromiss um jeden Preis.“
Eindringlicher Appell an das Miteinander in der Stadt
In seiner halbstündigen Ansprache skizzierte er seine Sicht, welche großen Themen wie angegangen werden sollen, in den kommenden acht Jahren seiner zweiten Amtszeit. Zunächst ging es ihm aber um das „Wie“ im Umgang. Gute Ergebnisse bei den anstehenden Vorhaben werde man nur erzielen, wenn man trotz politischer Unterschiede und Diskussionen miteinander an den großen Aufgaben arbeite, sandte er einen weiteren Appell aus – sicher auch ein Wink mit dem Zaunpfahl an die Wortführer des erbitterten Südumfahrung-Streits der vergangenen Monate.

Zwei Themen seien die künftigen Kernthemen, so Riedmann: Einerseits die Standort- und Aufenthaltsqualität von Markdorf zu verbessern, andererseits ein städtisches Klimaschutzprogramm umzusetzen. Das Stadtzentrum müsse mehr als heute zum Aufenthalt und Austausch einladen. Die neue Trendsportanlage sei ein erster Schritt, als nächstes sollen der Latscheplatz attraktiver gestaltet, die Innenstadt schöner möbliert und so bald als möglich auch die Neugestaltung des Marktplatzes angegangen werden.
Der Marktplatz soll nicht aus den Augen verloren werden
Es sei „bedauerlich“, dass der Umbau des Marktplatzes wegen der Neuplanung bei Rathaus und Bischofschloss aufs Eis gelegt werden musste. Das Ziel sei aber nicht aus den Augen verloren. Nach dem Abschluss der Rathaussanierung in zwei Jahren wolle man sich um die Neugestaltung der Flächen rund um Rathaus und Weinsteig, inklusive des Marktplatzes, kümmern.

Voran gehe es hingegen beim Ex-Gasthof Adler: In diesen Tagen werde der Investorenwettbewerb in die Bewerbungsphase gehen. Die vielgewünschte Gastronomie sei gesetzt. „Alles andere wollen wir dem potenziellen Investor offen lassen“, so Riedmann. Wirtshaus, Rathaus, Kirche mitten in der Stadt: „Damit wäre dann der traditionelle städtische Dreiklang wiederhergestellt.“ Eine Hauptaufgabe der kommenden Jahre sei das Thema Wohnen. Dort werde der neue Eigenbetrieb Wohnbau die Stadt in die Lage versetzen, zeitgemäßen, klimaschonenden und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Die demnächst beginnende Entwicklung des neuen Wohnbaugebietes Klosteröschle in Bergheim werde die Stadt bereits mit dem Eigenbetrieb in Angriff nehmen.
Die zentrale Zukunftsaufgabe: Der Klimaschutz in Markdorf
Zentral sei die Aufgabe Klimaschutz für die Stadt aber nicht nur beim Bauen. „Wir müssen uns auf den Weg zur klimaneutralen Kommune machen“, mahnte Riedmann. Noch in diesem Herbst soll dieser Weg diskutiert und definiert werden. Dies betreffe die städtischen Immobilien, aber etwa auch Projekte der Mobilität, Stichwort Stadtbus.

Über die Bauleitplanung und den Grundstücksverkauf werde die Stadt aber auch Bürger und Unternehmen zu mehr Klimaschutz motivieren müssen, kündigte Riedmann an. Die dafür nötigen Investitionen seien aber nur mit Hilfe von Förderprogrammen zu stemmen, der städtische Haushalt könne dies nicht leisten. Für die Stadt, so Riedmann, laute das klare Ziel: Klimaneutrale Stadtverwaltung im Jahr 2035. Er wolle dieses Ziel bewusst ausrufen, „um uns schnell auf den Weg zu bringen“.
Das eherne Gesetz: Keine Ansprache in Markdorf ohne Südumfahrung
Dennoch: Keine Ansprache ohne Südumfahrung. Diesem seit Jahren geltenden ehernen Markdorfer Prinzip konnte Riedmann auch am Dienstagabend nicht gänzlich abschwören. Er sei „dankbar“ für das Angebot des Kreistages, „eine unverbindliche Stellungnahme der Stadt in die abschließende Entscheidung“ einfließen zu lassen. Dieses Angebot sehe der Vertrag zwischen Stadt und Landkreis nicht vor. „Und ich bin auch dankbar dafür, dass die Bürgerschaft über diese Stellungnahme entscheiden kann“, betonte Riedmann auch hier erneut, dass er den durch die Initiative der Umfahrungsgegner herbeigeführten Bürgerentscheid befürworte. Er selbst bleibe bei seiner „kritisch-ablehnenden“ Haltung gegenüber der Südumfahrung – auch wenn es manchem ungewöhnlich scheinen möge, dass ein Bürgermeister „nicht mit wehenden Fahnen für ein lokales Straßenbauprojekt wirbt“.
Am Ende seiner Ansprache warb Riedmann erneut um das in seinen Augen nötige Miteinander aller Akteure und Bürger in der Stadt: „Lassen Sie uns in den kommenden Jahren und bei den riesigen Herausforderungen offen miteinander umgehen“, appellierte er ein letztes Mal in den Saal.