Hauptsache Einbahnstraße – in welche Richtung, das sei ihr eigentlich egal, sagt Sylvia Ströer, Inhaberin des Haushaltswarengeschäfts Guldin an der Stadtgrabenstraße. Sie hat weniger den innerstädtischen Verkehrsfluss im Blick als mehr die Sicherheit für Passanten sowie Rad- und Autofahrer. „Immer wieder kommt es hier zu brenzligen Situationen“, beobachtet sie. Fußgänger achten nicht auf Radfahrer, Radfahrer denken nicht an Passanten, und Autofahrer seien mitunter schlichtweg überfordert.

Sylvia Ströer möchte den Verkehr in der Hauptstraße beruhigen.
Sylvia Ströer möchte den Verkehr in der Hauptstraße beruhigen. | Bild: Jörg Büsche

So eng, so unübersichtlich geht es zum Teil in der Hauptstraße zu. Unbedingt und zusätzlich zu der von ihr gewünschten durchgängigen Einbahnstraßenregelung müsse der Verkehr aber entschleunigt werden. „An die 20 hält sich ja doch kaum jemand“, wägt Sylvia Ströer ab, „da sollten dann 30 Stundenkilometer genug sein.“ Die Straße solle aber nicht ganz für den Autoverkehr gesperrt werden. Ebensowenig würde sie begrüßen, wenn die Parkplätze entfielen.

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Mediterrane Atmosphäre auf dem Latscheplatz

Parkraum könnte demnächst wegfallen für mehr Grün, für mehr Erlebnis, für mehr Atmosphäre. So hat es ein Überlinger Planungsbüro vor einigen Wochen vorgeschlagen. Sylvia Ströer ist keineswegs die einzige Einzelhändlerin, die die Plänen zur Innenstadt-Umgestaltung eher skeptisch sieht. „Im Grunde bin ich ja offen für Neuerungen“, erklärt sie. Ob Farbfelder, ob das Aufheben der klaren Fahrbahn-Fußweg-Trennung, ob Spielgeräte für Kinder tatsächlich mehr Menschen in die Markdorfer Innenstadt locken?

Wie wird Markdorfs Innenstadt attraktiver? Am Latscheplatz lockt bei heißen Sommertagen immerhin der Brunnen zur Abkühlung.
Wie wird Markdorfs Innenstadt attraktiver? Am Latscheplatz lockt bei heißen Sommertagen immerhin der Brunnen zur Abkühlung. | Bild: Jörg Büsche

Sylvia Ströer hegt Zweifel. Am ehesten locken aus ihrer Sicht noch die vorgeschlagenen Spielgeräte junge Familien mit Kindern an. Und es gefällt ihr sehr gut, was sich an warmen Sommertagen vor ihrem Schaufenster auf dem Latscheplatz abspielt.

„Es wirkt fast ein bisschen wie im Urlaub.“
Sylvia Ströer, Einzelhändlerin

Und fügt dann hinzu: „Wenn es nur nicht immer so schlampig wäre“. Drüben auf dem Ochsenplatz habe das Grün nun über Wochen üppig gewuchert. Und die achtlos fortgeworfenen Getränkebecher und Pizza-Kartons vom Wochenende tragen laut Sylvia Ströer zum unschönen Eindruck bei, den die Markdorfer Innenstadt bisweilen vermittelt.

Abfall in den Grünanlagen neben der Kirche

Lisa Bitzenhofer vom Herrenausstatter Kappeler in der Marktstraße ärgert sich ebenfalls über den hinterlassenen Müll. „Gehen sie mal in die Weinsteige“, fordert sie auf, „eine Katastrophe!“ Katastrophale Zustände gibt es aber auch woanders.

„Wenn ich sonntagmorgens in die Kirche gehe, nehme ich Müllbeutel mit.“
Lisa Bitzenhofer, Einzelhändlerin

Zumindest nach lauen Nächten häufe sich der Abfall in den Grünanlagen neben der Kirche St. Nikolaus. Der Kirchhof als No-go-Area, das mag Lisa Bitzenhofer überhaupt nicht leiden. Also tütet sie den Müll ein.

Lisa Bitzenhofer drängt auf mehr Sauberkeit in der Innenstadt.
Lisa Bitzenhofer drängt auf mehr Sauberkeit in der Innenstadt. | Bild: Jörg Büsche

Lisa Bitzenhofer schlägt vor, dass – bevor über große Konzepte nach gedacht wird, wie es nun schon seit etlichen Jahren geschieht – zunächst mit den Einzelhändlern und den Hausbesitzern gesprochen werden sollte. „Da drüben beim Café fehlt es an Abstellplätzen für Fahrräder.“ Ihr Eindruck: Ähnliche Mängel gibt es an vielen Stellen in der Stadt.

Es mangelt an Plätze, die zum Verweilen einladen

Es mangelt laut Lisa Bitzenhofer auch an Bänken, an Plätzen, die zum Verweilen einladen. „Obwohl sich da ja schon ein bisschen, was getan hat“, räumt die Geschäftsfrau ein. Aus ihrer Sicht müssen die Bänke keineswegs in der ganzen Stadt gleich sein, aus dem selben Material, in derselben Farbe. „Hier in der Marktstraße sieht es doch anders aus als in der Hauptstraße“, sagt Lisa Bitzenhofer. Da darf die Möblierung eigene Akzente setzen, das müsse nicht aus einem Guss sein, so Bitzenhofer. „Als ich nach Markdorf gekommen bin“, erinnert sich die gebürtige Rheinländerin, „hat es noch einen Straßenfeger gegeben“. Vielleicht sei ein solcher Arbeitsplatz inzwischen überholt.

Auftakt beim Ochsenplatz: Hier soll die Umgestaltung anfangen.
Auftakt beim Ochsenplatz: Hier soll die Umgestaltung anfangen. | Bild: Jörg Büsche

Leerstände zerstören jeden guten Eindruck

Lisa Bitzenhofer wünscht sich, dass die Verwaltung ein wenig mehr auf die Ladenbesitzer zugehen könne. Patenschaften fürs Umfeld anregen, bewusstseinsbildende Maßnahmen treffen hinsichtlich der innerörtlichen Gepflegtheit, schlägt Lisa Bitzenhofer vor. Gepflegtheit, Atmosphäre seien das eine. Etwas ganz anderes seien die Geschäfte. Ohne offene Ladentüren, ohne Angebote nütze die schönste Atmosphäre wenig. Leerstände zerstören jeden guten Eindruck.

Diese Ansicht teilt Bitzenhofers‘ Nachbarin Beatrice Strauch von Strauch Parfümerie Fotografie. „Wir brauchen mehr Geschäfte in der Innenstadt, Büros bringen uns keine Frequenz.“ Und Frequenz sei derzeit wichtiger denn je. Die Pandemie habe die Abwanderung der Kunden in den Online-Handel zusätzlich beschleunigt. „Mode, Taschen, ja, auch Cafés wären gut für die Innenstadt“, so Strauch.

Beatrice Strauch wünscht sich mehr Geschäfte in der Innenstadt, Leerstände schrecken die Kunden ab.
Beatrice Strauch wünscht sich mehr Geschäfte in der Innenstadt, Leerstände schrecken die Kunden ab. | Bild: Jörg Büsche

Händler von einheitlicher Möblierung wenig begeistert

Thomas Kappeler von „Kunst und Rahmen“ in der Hauptstraße hält ebenfalls wenig von der Idee einer einheitlichen Stadtmöblierung. „Das wäre wie eine Wohnung mit denselben Bildern in jedem Zimmer.“ Kreativ sei das bestimmt nicht, sondern in hohem Maße unlebendig. Aus Kappelers Sicht tragen Einheits-Innenstadt-Möbel auch kaum bei zu einer ansprechenderen Atmosphäre. Inhaberin Sonja Strunk möchte auf keinen Fall auf die Parkplätze in der Hauptstraße verzichten. „Unsere Kunden brauchen die, wenn sie größere Rahmen abholen.“

Sonja Strunk und Thomas Kappeler möchten eine kundenfreundliche Parkraum-Regelung.
Sonja Strunk und Thomas Kappeler möchten eine kundenfreundliche Parkraum-Regelung. | Bild: Jörg Büsche

Große Formate durch die ganze Stadt hin zu einem fernen Parkplatz zu schleppen, das sei einfach zu beschwerlich. Für Kompromisse indes zeigt sie sich offen. Liefer- und Abholverkehr sollten ohnehin in die Innenstadt dürfen – und Parkplätze mit zweistündiger Parkdauer seien gleichfalls geschickt. Sofern die nicht von Dauerparker belegt werden, wie das derzeit allzu oft der Fall sei, merkt Sonja Strunk an.

Offen gibt sie sich gegenüber Spielgeräten für Kinder. „Nur sollten die nach unten gepolstert sein, damit sich keiner weh tut.“ Solche Offenheit herrscht freilich nicht überall. Zu hören sind auch Stimmen, die Spielgeräte direkt neben ihrer Ladentür ablehnen. Von Geschäftsleuten, die sich die spielenden Kinder lieber an einer anderen Stelle wünschen.

Die Neugestaltung der Innenstadt soll sich langfristig bis zum Obertor ziehen.
Die Neugestaltung der Innenstadt soll sich langfristig bis zum Obertor ziehen. | Bild: Jörg Büsche
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Wunsch nach gemeinsamen Gesprächen

Katrin Raither vom Sporthaus Raither in der Mangoldstraße setzt auf Kompromisse. Die Regelung für den Autoverkehr müsse auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt werden, so die Einzelhändlerin. Dass die jetzige Situation für viele ein Argument ist, aus dem Umland nach Markdorf zu kommen, sei nicht nur allein ihre Erfahrung.

Katrin Raither setzt auf den Dialog mit der Verwaltung.
Katrin Raither setzt auf den Dialog mit der Verwaltung. | Bild: Jörg Büsche

Mehr Ruhe-Inseln, die zum Verweilen einladen, würde auch Katrin Raither begrüßen. „Mehr Atmosphäre wäre schon wichtig.“ Sie hofft nun, dass Eigentümer, Geschäftsinhaber und Verwaltung zum Gespräch zusammenfinden, wenn es um neue Konzepte für die Innenstadt geht.