Mit Vorsicht bindet Hubert Gutemann die jungen Weinreben mit einem Band an ihrer Rankhilfe an. „Die sind noch sehr empfindlich“, sagt der Markdorfer Rebmeister mit einem Blick auf die zarten Pflanzen. Vor einigen Wochen hat er auf einer kleinen Fläche an der Wangener Halde eine neue Sorte gepflanzt: Souvignier gris.
Die Weißweinsorte ist eine Kreuzung aus Seyval Blanc und Zähringer – beides zwei alte Rebsorten. Obwohl auch der Souvignier gris bereits 40 Jahre alt ist, taucht die Sorte erst in den vergangenen Jahren vermehrt in den Weinregalen auf. Doch was macht sie so besonders?
Widerstandsfähige Weine werden immer wichtiger
Für die Winzer spricht ganz klar die Resistenz gegen Pilze für den Souvignier gris. Denn die Sorte gehört zu den widerstandsfähigen Rebsorten. Diese sind vor allem in den vergangenen Jahren durch das veränderte Klima immer wichtiger geworden, wie Hubert Gutemann weiß. „In den 1970er-Jahren hat man beim Anbau auf die Menge geachtet“, erklärt er. „Mittlerweile zählt die Qualität und der Pilzwiderstand.“
Denn unbeständige und extreme Wetterverhältnisse machen den alten Rebsorten zu schaffen – und macht sie anfälliger für Krankheiten. Momentan befinden sich die Reben in ihrer empfindlichsten Entwicklungsphase. Die Blüten sind dann besonders anfällig für Schäden, wie zum Beispiel durch Hagel. Je nachdem, wie groß der Schaden ist, kann das den gesamten Ertrag betreffen.

Junge Pflanzen sind besonders empfindlich
Die Jungreben sind zwar stark gegen Pilze, aber nicht gegen Wind und Wetter. Daher auch die Verstärkung durch die Schnüre, die Hubert Gutemann an den zierlichen Pflanzen anbringt. Die größte Gefahr für junge Reben sei jedoch die Trockenheit, weil ihre Wurzeln im Boden noch nicht so weit gewachsen sind, um sich das Wasser aus dem Boden zu holen. „Da sind wir mit der Bewässerung immer in Lauerstellung“, erklärt er.

Moderne Sorten erleichtern den Job
Später aber, wenn die Reben ausgewachsen sind, wird Hubert Gutemann weniger Arbeit mit dem Souvignier gris haben. Denn pilzfeste Rebsorten bedeuteten für die Winzer nicht nur eine gewisse Sicherheit, sondern erleichtern ihnen auch den Job. „Wir müssen dadurch deutlich weniger spritzen als bei den alten Sorten“, sagt Gutemann. Dadurch müssen sie auch weniger durch die Weinberge fahren, was wiederum gut für den Boden ist. „Es ist eine Win-win-Situation für alle.“

Die erste Flasche gibt es in ein paar Jahren
In Hagnau haben die Winzer bereits Erfahrung mit der modernen Rebsorte gemacht. Hier wird der Souvignier gris bereits seit einigen Jahren angebaut und gewinnt immer mehr an Beliebtheit, so Hubert Gutemann. Trotzdem bleibt aber auch eine Ungewissheit. Denn wie der Wein am Ende wird, zeigt sich erst in drei bis vier Jahren, wenn die Reben den Vollertrag bringen. „Jede neue Rebsorte ist ein Experiment, weil man nie weiß, wie er ankommt“, fügt Gutemann hinzu.
So schmeckt der neue Wein
Obwohl es bis zur ersten Flasche Markdorfer Souvignier gris noch ein paar Jahre dauert, kann Hubert Gutemann schon einiges zum Geschmack verraten: „Es ist ein sehr frischer Wein, mit einer lebhaften Säure.“ Im Bukett lassen sich exotische Fruchtnoten von Mango, Melone oder auch Apfel und Birne erahnen. „Deshalb passt er perfekt zu asiatischen Speisen“, so der Rebmeister.
Merklich teurer als andere Sorten wird der Souvignier gris übrigens nicht sein. Günstigere als andere Weine wird er jedoch auch nicht, so Gutemann. Denn obwohl der Souvignier gris eine so junge Sorte ist, habe er bereits internationale Preise gewonnen und werde in der Weinszene als vollwertiger Wein betrachtet.
Wunsch nach mehr Experimentierfreudigkeit
Hubert Gutemann weiß, wie schwierig es ist, neue Sorten im Weinregal unterzubringen. Denn die meisten greifen eben zu dem, was man kennt. „Wir würden uns nur wünschen, dass mehr Menschen den Wein probieren“, sagt er. Erfahrungsgemäß seien die Jüngeren meist experimentierfreudiger. „Aber im Grunde ist der Wein für jeden was.“