690 Straftaten weist die Kriminalstatistik 2020 für Markdorf auf. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Rückgang um vier Prozent, 2019 waren es 719 Straftaten. Für die Polizeistatistik sind der Fünfjahresvergleich und die Häufigkeitszahl Werte, an denen man sich orientieren kann. Im Fünfjahresvergleich liegt der Schnitt für Markdorf bei 575 Straftaten pro Jahr.

Bei der Häufigkeitszahl wird die Zahl der Straftaten hochgerechnet auf 100 000 Einwohner – Markdorf liegt hier bei 4869 Straftaten, der Bodenseekreis bei 4679, das Land Baden-Württemberg bei 4852. „Markdorf liegt genau im Schnitt“, sagt Stephan Stitzenberger, Leiter des Polizeireviers Überlingen, zum dem Markdorf, Bermatingen und das Deggenhausertal gehören, bei der Vorstellung der Zahlen.

Polizeirat Stephan Stitzenberger, 36 Jahre, trat am 1. Dezember seinen Dienst als Leiter des Polizeireviers Überlingen an. Stitzenberger ...
Polizeirat Stephan Stitzenberger, 36 Jahre, trat am 1. Dezember seinen Dienst als Leiter des Polizeireviers Überlingen an. Stitzenberger stammt aus Spaichingen. | Bild: Hilser, Stefan

So wirkt sich Corona auf die Polizeiarbeit aus

2020 war auch für die Polizei ein besonderes – ein „merkwürdiges“ Jahr, wie es Jörg Schirm, Leiter des Polizeipostens Markdorf, bezeichnet. Die Einhaltung der Corona-Verordnung, die sich immer wieder verändert und erneuert wurde, sei für alle Polizeibeamten eine Herausforderung gewesen – sowohl in der internen Arbeitsstruktur als auch im Umgang mit den Bürgern. Die Kontrolle der Einhaltung obliegt nicht der Polizei, sondern den Ordnungsämtern.

Der Aufgabenbereich habe sich geändert, wie Schirm berichtet. Veranstaltungen wurden abgesagt, kein Stadtfest, kein Pfingstmusikfest, kein Weinfest – für die Beamten eine ungewöhnliche Situation. Interne Fortbildungen konnten nicht stattfinden, hier wurde und wird versucht digitale Lösungen unter strengen Sicherheitsmaßnahmen umsetzen. „Aber uns geht es wie vielen anderen auch. Wir fragen uns, wann wir wieder in ein normales Leben zurückkehren können“, so Stitzenberger.

Jörg Schirm stellt fest, dass im vergangenen Jahr weniger Bürger auf die Dienststelle kamen. Was möglich ist, wird auch hier über E-Mail und Telefon abgearbeitet, um den persönlichen Kontakt auf ein Minimum zu beschränken. Einige Kollegen arbeiten im Home-Office, aber bei Einsätzen und Streifenwagenbesetzung ist dies nicht möglich.

Bild 2: Kriminalitätsstatistik 2020: Kaum noch Einbrüche, weniger Diebstähle – aber eine deutliche Steigerung bei Körperverletzungen und Betrugsdelikten
Bild: Steller, Jessica
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So haben sich die einzelnen Deliktbereiche verändert

Während in den Bereichen Raub (minus 42 Prozent), Diebstahl (minus 22 Prozent) und Aggressionsdelikte (minus 19 Prozent) die Zahlen zurückgingen, stiegen sie bei Computerkriminalität (plus 16 Prozent) sowie Kinderpornografie (plus 52 Prozent). „Die Deliktsfelder haben sich verschoben und auch die Corona-Pandemie wirkt sich aus“, bilanziert Stephan Stitzenberger. Wo keine Menschen aufeinandertreffen können und keine Feste stattfinden, bei denen Alkohol getrunken wird, da kein Ärger, kein Streit, keine Eskalation.

Auch die Steigerung bei Betrug im Internet (plus 32 Prozent) und beim Rückgang der Einbruchszahlen (minus 84,6 Prozent) hängt mit der derzeitigen Situation zusammen. In Markdorf wurden 2020 zwei Wohnungseinbrüche vermerkt, davon einer am Tag, 2020 waren es noch 13. „Das ist ein Tiefstand, der zum einen der Pandemie geschuldet ist, die Menschen sind mehr zu Hause, aber auch als Handlungsschwerpunkt der Polizei definiert ist und Erfolge erkennbar sind“, sagt Stephan Stitzenberger.

Hohe Aufklärungsquote bei den Körperverletzungen

Die Zahl der Körperverletzungen liegt bei 110 (2019: 99), die Aufklärungsquote hier bei 98,2 Prozent. Bedeutet: Die Geschädigten können ihre zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Täter geltend machen. Laut der Statistik passiert eine Vielzahl der Körperverletzungen nicht im öffentlichen Raum und es besteht meist eine Vorbeziehung zwischen Opfer und Täter. Häusliche Gewalt taucht in der Markdorfer Statistik nicht auf. „Das ist ein sehr sensibles Thema und findet in der Privatsphäre statt“, so der Revierleiter. Weder Stitzenberger noch Schirm möchten sich genau dazu äußern, ob es hier eine Zunahme im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gegeben hat, sie gehen aber von einer hohen Dunkelziffer aus.

In den vergangenen Jahren kam es zu einer ständigen Zunahme der Fälle von Gewalt gegen Polizeibeamte mit einem Höchststand von acht Fällen in Markdorf im Jahr 2019, in denen sie beim Einschreiten tätlich angegriffen wurden. 2020 wurden vier Fälle registriert.

Schlägerei im Frühjahr am Markdorfer Bahnhof

Am Bahnhof Markdorf kam es im Frühjahr zu einigen Vorfällen. „Die Gruppierung hat mehrere Straftagen verübt und es uns einige Zeit beschäftigt, die Fälle abzuwickeln“, so Jörg Schirm. Mitte April waren zwei Gruppen in einen handfesten Streit geraten, im Mai krachte es erneut. Ein 17-Jähriger war damals durch eine Gruppe Heranwachsender mit Schlägen und Tritten verletzt worden.

Am Bahnhof Markdorf kommt es im April und Mai vergangenen Jahres zu Schlägereien. Die Personengruppe beschäftigte die Polizei, da sie ...
Am Bahnhof Markdorf kommt es im April und Mai vergangenen Jahres zu Schlägereien. Die Personengruppe beschäftigte die Polizei, da sie mehrfach auffällig wurde. | Bild: Grupp, Helmar
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Schwerpunkte seien in Markdorf keine erkennbar, weder bei den Örtlichkeiten noch bei den Tatverdächtigen. „Es gibt keinen Hotspot“, betont der Leiter des örtlichen Polizeipostens. Was Stephan Stitzenberger und Jörg Schirm aber doch verwundert, ist die Tatsache, dass die Betrugsdelikte wie „Falsche Polizisten“, „Gewinnversprechen“, „Callcenter-Betrug“ und „Enkeltrick“ weiterhin auf einem hohen Niveau sind und sogar steigen. Trotz Präventionsarbeit und Sensibilisierung des Themas in der Öffentlichkeit, gehen die Täter so perfide vor, dass ihre Versuche gerade bei älteren Menschen noch in zu vielen Fällen erfolgreich sind. Hier betonen beide Polizeibeamte, dass die Polizei niemals unter der Telefonnummer 110 anrufen und nie um die Herausgabe von Geld oder Wertgegenständen verlangen würde. „Bleiben Sie misstrauisch, wenn Sie jemand telefonisch um Geld bittet und legen Sie direkt auf“, lautet der Tipp von Jörg Schirm.

So sieht die Polizeistatistik für Bermatingen und Deggenhausertal aus

Nach dem Nachtumzug in Ahausen im Februar 2020 gab es Verdachtsfälle auf mögliche Verabreichung von K.o.-Tropfen. Ein tatsächlicher ...
Nach dem Nachtumzug in Ahausen im Februar 2020 gab es Verdachtsfälle auf mögliche Verabreichung von K.o.-Tropfen. Ein tatsächlicher Nachweis wurde nicht erbracht, die polizeilichen Ermittlungen eingestellt. | Bild: Jan Manuel Heß

Auch 2021 steht im Zeichen der Pandemie

Das Jahr 2020 ist statistisch betrachtet nur teilweise mit den Vorjahren vergleichbar, betont Stephan Stitzenberger. Denn angesichts der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen im öffentlichen Leben in diversen Deliktsbereichen sei es zu den teils deutlichen Verschiebungen gekommen. Auch 2021 wird dies angesichts der andauernden Corona-Pandemie so sein.