Dem Aufruf zur Kundgebung des Markdorfer Wirtschaftskreises und der Interessengemeinschaft pro Südumfahrung sind am Samstag nach Schätzung der Polizei rund 200 Bürger gefolgt. Sie kamen an den Bundesstraßen-Abschnitt beim Bischofschloss, um für den Bau einer Ortsumfahrung zu demonstrieren, und um sich gut eine Woche vor dem Bürgerentscheid am 14. November über das Für und Wider des Straßenbauprojekts im Süden der Stadt informieren. Darüber hinaus konnten die Teilnehmer der Demonstration erleben, wie es ist, wenn an einem Samstagvormittag einmal kein Verkehr durch die Innenstadt rollt.
Unternehmer: Ohne Umfahrung stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel
Albert Weber, Unternehmer und Mitglied des Markdorfer Wirtschaftskreises, eines Zusammenschlusses von Banken und Unternehmen in der Stadt, schilderte seine Vision: Wenn die Ortsumfahrung gebaut sei, wenn die Stadt nicht mehr zertrennt werde durch die in den 1950er-Jahren geplante B 33 – „diesen Planungsfehler“, wie Weber es nannte – dann könnten „hier an diesem Platz Cafés entstehen“, Raum sein für die Begegnung von Menschen. Wo sich derzeit Tag für Tag Sattelzüge, Busse und Autos vor Ampeln stauen, wäre dann Raum für Fußgänger und Radfahrer, so Weber.

Der Unternehmer schilderte aber auch, was ihm für den Fall schwant, dass die Umfahrungsgegner Erfolg haben: „Ohne die Südumfahrung wird unsere Stadtentwicklung stagnieren“, so Weber. „Das bringt in Markdorf viele Arbeitsplätze in Gefahr.“ Viel unmittelbarer aber sieht er die Anwohner bedroht. Lärm und Abgase stellten eine große Gefahr für deren Gesundheit dar. „Diese Bedrohung gegen die Euros für den Bau der Südumfahrung aufzurechnen“, empörte sich Weber, „das ist eine Unverschämtheit.“
Das sagen Teilnehmer der Demonstration
„Hier bin ich, weil Markdorf endlich zusammenwachsen muss“, erklärte Thomas Gerster, einer der zahlreichen Besucher der Veranstaltung. Die Bundesstraße stelle einen tiefen Graben dar, der die Stadt spalte. Natürlich müsse man auch den Geländeverbrauch durch die Südumfahrung bedenken, auch das gelte es mit abzuwägen. Die Argumente für eine Ortsumgehung fallen aus Sicht des 59-Jährigen jedoch stärker ins Gewicht.
Natalie Sauer geht es vor allem um die Schadstoffbelastung für die Anwohner. Eine weitere Gefahr stelle der Durchgangsverkehr aber auch für die Kinder dar, die auf dem Weg zur Schule seien, und dies sei keineswegs nur der Fall, wenn sie die B 33 queren müssen.

Durch die Seitenstraßen fließe der Verkehr ja auch. Der gleichen Meinung ist Tanja Jatzkowski aus Bermatingen.

„Für die Argumente der Umfahrungsgegner bringe ich Verständnis auf“, erklärte Markus Gantert. Nach reichlicher Abwägung überwiege für ihn aber die Entlastung des innerstädtischen Verkehrs, so der 45-Jährige.

Politischer Druck aus den Nachbargemeinden
Martin Rupp, Bürgermeister in Bermatingen, sah sich bei seinem Redebeitrag ausdrücklich in seiner Funktion als Kreisrat, weniger als Chef der Nachbargemeinde. Er, so hatte er am Rande der Veranstaltung mitgeteilt, gehe davon aus, „dass die Südumfahrung gebaut wird“. Was ein Schritt sei, damit auch die weiteren Ortsumfahrungen gebaut werden können. In Bermatingen und in Salem warte man nur darauf. Dort werde noch immer gehofft auf das vom ursprünglichen Planfall 7 vorgesehene Ortsumfahrungsnetz.
„Die Gemeinden Bermatingen und Salem werden da gegebenenfalls politischen Druck aufbauen auf die Landesregierung“, kündigte Rupp an. Wenn die Markdorfer Ortsumfahrung komme, solle Stuttgart die derzeit ruhenden Umfahrungspläne für Markdorfs Nachbarn wieder aufgreifen.
Rainer Zanker, Vorsitzender des Vereins Interessengemeinschaft pro Südumfahrung, wirft den Umfahrungsgegnern Falschinformation vor. Tatsächlich überbaut würde weniger Fläche, der Rest der für die Südumfahrung beanspruchten Fläche bleibe unversiegelt.
Zur Stimme des Einzelhandels machte sich Dietmar Bitzenhofer bei seiner Rede. Denn neben der „Luft zum Atmen“ für ihre Bewohner brauche die Stadt auch Raum für ihre Entwicklung. Der Dauerstau auf der Bundesstraße halte die Kunden fern. Bitzenhofer prognostizierte, dass Kluftern umdenken werde, sobald die Umfahrung da sei – und eine bahnparallele Ortsumfahrung wolle.

Bestandteil eines regionalen Verkehrskonzepts
Die von den Umfahrungsgegnern erhobenen Vorwürfe, die Südumfahrung sei nur Stückwerk, wollte Gebhard Geiger entkräften. Der ehemalig Stadtbaumeister stützte sich auf Zahlen, verwies auf die hohe Verkehrsentlastung in der Innenstadt: Der LKW-Verkehr werde um mehr als 50 Prozent reduziert. „Allein schon das rechtfertigt den Bau.“ Hinzu komme, dass die Umfahrung notwendiger Bestandteil eines regionalen Verkehrskonzepts sei.

Für die Markdorfer CDU sprachen am Samstag zwei Politiker. Neben Susanne Schwaderer, der Vorsitzenden des Ortsverbands auch Alfons Viellieber, der seit vielen Jahren im Gemeinderat sitzt. Susanne Schwaderer unterstrich, dass der Verkehr auch weiterhin zunehme, eine Umfahrung umso notwendiger sei. Viellieber sprach kämpferisch und wandte sich vor allem an die derzeit noch Unentschlossenen, während bei Schwaderer schon das Versöhnen der derzeit überkreuz liegenden Lager mitschwang.