Beim Bewerten ihres Klimaschutzmanagements möchte die Markdorfer Stadtverwaltung aus Kostengründen künftig auf fremde Hilfe verzichten. Diesen Vorschlag hat sie dem Gemeinderat bei dessen jüngster Sitzung unterbreitet. In den zurückliegenden vier Jahren hat sich die Stadt bei diesem Bewertungsprozess im Rahmen des für Kommunen entwickelten European Energy Awards (EEA) von der Energieagentur Ravensburg beraten lassen.

EEA-Beteiligung kostete bisher 30.000 Euro

Im vergangenen November haben Vertreter der Ravensburger Energieagentur der Stadt Markdorf gute Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität attestiert. Sie überreichten die vom Verein EEA ausgestellte Zertifizierung. Vorangegangen war dem eine Überprüfung, ob die Stadt auf eine nachhaltige Entwicklung achtet, ob sie zum Beispiel Energie- oder Verkehrskonzepte entwickelt, die helfen ihre CO2-Bilanz zu verbessern.

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Die weitere Teilnahme am EEA-Zertifizierungsprozess war bei der Präsentation der Ergebnisse im Dezember 2023 noch offengeblieben. Schon damals hatten sich Skeptiker zu Wort gemeldet. Sowohl aus der CDU-Fraktion wie auch aus der der Freien Wähler war der Vorschlag gekommen, die während des Verfahrens angelegten Bewertungskriterien fortan selbst anzuwenden, was die für die Zertifizierung anfallenden Kosten einsparen könnte. Für die bisherige vierjährige Beteiligung am EEA-Programm, für die Beratung und für die Auditierung beziehungsweise Prüfung sind insgesamt rund 30.000 Euro angefallen, also 7500 Euro pro Jahr.

Sachbearbeiterin beschreit Zusammenarbeit als „holprig“

„Wir wollen keine 30.000 Euro ausgeben, damit wir uns eine Medaille an die Rathausfassade schrauben können“, spitzte es Bürgermeister Georg Riedmann nun zu. Zu sinnvollem Klimaschutzmanagement mit hoher Qualität sei die Stadtverwaltung inzwischen selbst in der Lage. „Da sind wir mindestens so gut wie mit Begleitung von außen.“

Ganz ähnlich äußerte sich auch Eva Glöggler, die im städtischen Bauamt mit dem Thema Klimaneutralität befasste Sachbearbeiterin. Sie wiederholte, was sie bereits in der Dezembersitzung angedeutet hatte: „Die Kooperation mit der Energieagentur war oftmals holprig.“ Teils haperte es Glöggler zufolge in der bereitgestellten Software, teils blieben die angelegten Bewertungskriterien recht erklärungsbedürftig.

Unterm Strich erscheint der Klimaschutz-Managerin der Verwaltung eine weitere EEA-Teilnahme wenig sinnvoll. So resümierte sie ihre eigene Kosten-Nutzen-Betrachtung. Stattdessen schlug Eva Glöggler vor, dass der Gemeinderat die Stadtverwaltung alle zwei Jahre zu einer „umfassenden Beurteilung der aktuellen Aktivitäten im Klimaschutzmanagement“ verpflichte – samt einer „Aktualisierung der Treibhausgas-Bilanzierung“.

Auch das Thema öffentlicher Personennahverkehr ist ein Arbeitsfeld des kommunalen Klimaschutzmanagements.
Auch das Thema öffentlicher Personennahverkehr ist ein Arbeitsfeld des kommunalen Klimaschutzmanagements. | Bild: Jörg Büsche

Kein Platz für „zahnlose Papiertiger“

Rolf Haas (FDP) griff das Medaillen-Bild des Bürgermeisters auf. „Noch eine Tafel an der Wand, auf die ohnehin keiner schaut, macht aus meiner Sicht wenig Sinn.“ Er stimme dem Beschlussvorschlag der Verwaltung, „die Teilnahme am EEA derzeit nicht fortzuführen“, gern zu. Ein Festhalten am EEA-Verfahren verglich Haas mit dem „Schaffen eines zahnlosen Papiertigers“.

Etwas positiver urteilte Erich Wild (CDU). „Dass wir beim EEA-Verfahren mitgemacht haben, war sinnvoll.“ Dadurch habe die Stadt „eine wertvolle Orientierungshilfe bekommen“. Doch nun wisse die Verwaltung selbst, welchen Weg sie einschlagen müsse – auch ohne die teure EAA-Beteiligung. Ähnlich hatte sich zuvor auch Markus Gantert von den Freien Wählern geäußert. Er baue auf die kompetente Anwendung der im EEA-Verfahren erhaltenen Kriterien durch Markdorfs Klimaschutzmanagerin Eva Glöggler.

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Umweltgruppe und SPD stimmen gegen Ausstieg

Eine klare Absage erteilte Umweltgruppen-Sprecher Joachim Mutschler dem Ausstiegsvorschlag der Verwaltung. „Beim EEA geht es doch nicht um Medaillen, nicht um ein Stück Blech an der Wand, sondern um sinnvolle Steuerungsinstrumente“, sagte er. Außerdem verpflichte die EEA-Teilnahme zum Messen, zum Überprüfen und – ebenso wichtig – zur Transparenz. Gebe man all das aus der Hand, bleibe das Arbeiten an der Klimaneutralität „allenfalls ein guter Vorsatz, wie wir ihn zum Jahreswechsel fassen“. Mutschler betonte: „Markdorf soll bis 2035 klimaneutral sein – da sind doch fünf- bis zehntausend Euro im Jahr ein Witz, wenn sie helfen, dieses Ziel zu erreichen.“ Mutschler wies außerdem darauf hin, dass sich die Stadtverwaltung anstelle des EEA nun ein eigenes Controlling-Werkzeug schaffen müsse.

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Auch Uwe Achilles, Fraktionssprecher der SPD, griff dieses Argument auf. „Hier im Gemeinderat diskutieren wir oft über ganz andere Summen als die bisher für die EEA-Teilnahme investierten 30.000 Euro.“ Auf die Begleitung durch die Energieagentur zu verzichten, „das jetzt komplett über Bord zu werfen, scheint mir nicht sinnvoll“, erklärte Achilles.

SPD und Umweltgruppe votierten gegen den Ausstieg, wurden aber überstimmt. Zuvor versprach Bürgermeister Riedmann allerdings, dass die Verwaltung dem Rat eine engmaschige Berichterstattung über die Fortschritte bei der Reduktion der Treibhausgase zusagt.