Um kurz nach 16 Uhr biegen die ersten Traktoren auf die Wiese nach Markdorf-Ittendorf in Richtung Stetten ab. Ein Haufen Paletten ist aufgeschichtet und ein riesiger Anhänger mit der Aufschrift „Weil es alle betrifft – Mittelstand, Pflege, Essen Gesundheit – Arbeit muss sich lohnen“ steht dort. Um halb fünf sind bereits mehr als 50 Traktoren und viele Autos angekommen.
Die Landwirte hatten zwei Tage zuvor zu einem Mahnfeuer eingeladen. Und diese Einladung breitete sich anscheinend wie ein Lauffeuer aus, denn es kamen immer mehr Traktoren und Menschen an. Zahlreiche Metzgereien und Bäckereien beteiligten sich ebenfalls an dem Protest.
Sie unterstützten die Landwirte mit einer ganzen Reihe von Brötchen und Würstchen, so dass die mehr als 250 Menschen, die schließlich gekommen waren, versorgt waren. Für angenehmere Temperaturen sorgte ein riesiges Mahnfeuer.
Landwirte kommen aus der ganzen Region
Gekommen waren Landwirte mit ihren Traktoren aus der ganzen Region. Unter anderem von Ittendorf, Überlingen, Salem, Bermatingen, Fischbach, Hagnau und Markdorf. Selbst zwei Stunden später fuhren immer noch landwirtschaftliche Fahrzeuge an.

Seit Montag sind die meisten sporadisch unterwegs. „Wir sind uns bewusst, dass wir durch unsere Aktion der Zivilbevölkerung einiges zumuten“, erklärt Markus Maier, Landwirt aus Ittendorf, Vorsitzender des Obstbaurings Überlingen und Mit-Initiator der Mahnwache. „Aber anders ist es kaum noch möglich, Aufmerksamkeit zu bekommen.“ Sehr viele unterstützten die Aktionen, berichtet er.
Dabei geht es Markus Maier darum, die Landwirte in Berlin zu unterstützen und deren Forderungen Nachdruck zu verleihen. „Diese Sanktionen betreffen uns alle“, betont er. „Die neusten Regelungen mit dem Agrardiesel und der Kfz-Steuer waren nur der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.“ Es gehe vor allem um die ganzen Kürzungen in den vergangenen Jahren. „Viele von uns stehen mittlerweile mit dem Rücken zur Wand“, so Maier. „Mittlerweile sind reihenweise Existenzen gefährdet.“
Landwirt: Mindestens ein Bürotag die Woche
Auch das, was auf dem Tisch lande, komme schon jetzt kaum noch vom eigenen Anbau. „Die Selbstversorgung bei uns im Land beläuft in punkto Obst und Gemüse bereits unter 20 Prozent“, sagt Markus Maier. „Selbst bei den Äpfeln, die hier massenweise angebaut werden, liegen wir nur bei 60 Prozent.“ Dabei dürfe nicht vergessen werden, dass im Ausland ganz andere Anbaubedingungen herrschen.
Hierzulande seien die Landwirte in den vergangenen Jahren „immer mehr gegängelt worden“, sagt Maier: Vom Biodiversitätsstärkungsgesetz über die Flächenstilllegung, Ausweisung roter Gebiete bei Nitratbelastungen, der Streichung von Beihilfe zur Sozial- und Unfallversicherung bis hin zur Mindestlohnsteigerung, Pflanzenschutzverbote und Düngeverordnungen.
„Die Bürokratie hat mittlerweile ein Ausmaß angenommen, die nicht mehr im Verhältnis steht“, erklärt Markus Maier. „Heute muss ein Landwirt schon mindestens einen Bürotag in der Woche einlegen, um allen Papierkram überhaupt erledigt zu bekommen.“
Dabei betont der Ittendorfer, dass den Landwirten durchaus bewusst sei, dass durch die schwierige wirtschaftliche Lage jeder ein bisschen zurückstecken müsse. „Wir haben bislang nahezu alles fast wortlos ertragen“, erklärt er. „Aber jetzt ist das Maß einfach voll.“ Und die Kürzungen betreffen nicht nur die Landwirte. Deshalb habe man zu der Feuer-Mahnwache auch die Bevölkerung eingeladen. Ein Auto fällt in diesem Zusammenhang auf. Auf der Motorhaube steht: „Ich fühl mich wie ein Traktor.“