Vor zwei Jahren hat das Herrenbekleidungsgeschäft Kappeler sein 100-jähriges Bestehen gefeiert. Geführt wird das Traditionsunternehmen in der dritten Generation. Doch Ende dieses Monats werden Inhaberin Lisa Bitzenhofer und ihr Mann Dietmar Bitzenhofer die Ladentür für immer schließen. „Das ist das Ende einer Institution“, erklärt Dietmar Bitzenhofer. Sein Großvater Wilhelm Kappeler war es, der mit einer eigenen Schneidergeschäft in der Markdorfer Bahnhofsstraße den Grundstein für den Familienbetrieb legte.

Wilhelm Kappeler gründet 1921 das Geschäft
Das war 1921, kaum drei Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs, doch immerhin in einer Phase konjunkturellen Aufschwungs in Deutschland. Was Wilhelm Kappeler schneiderte, besaß Qualität – sowohl die Anzüge wie auch die Arbeitskleidung. So überstand das nach wenigen Jahren in der Marktstraße eröffnete Herrenausstattergeschäft die Weltwirtschaftskrise ebenso wie die folgenden Krisenphasen.
„Beratung, Freundlichkeit, Ehrlichkeit und Kundenservice waren die vier anderen Geschäftsprinzipien, neben der Qualität, an denen wir stets festgehalten haben“, erklärt Lisa Bitzenhofer – und spricht dabei für sich und ihren Mann, aber auch für ihre Schwiegermutter, Gertrud Bitzenhofer, die das Geschäft Anfang der 1970er-Jahre von Wilhelm Kappeler, ihrem Vater, übernommen hat.

Schwierige Suche nach einem Nachfolger
„Wir suchen noch was Passendes“, sagt Dietmar Bitzenhofer. Und er meint damit kein Kleidungsstück aus dem in den zurückliegenden Wochen merklich kleiner werdenden Warenlager. Seit die roten Plakate im Schaufenster vom Räumungsverkauf künden, sehen alle Passanten, dass „wegen Geschäftsaufgabe alles raus muss!!!!“ Buchstäblich alles, denn am Samstag, 1. April, unter Umständen auch am folgenden Sonntag, soll das Ladeninventar an den Mann, an die Frau gebracht werden.
Lisa und Dietmar Bitzenhofer haben sich indes auf eine ganz andere Suche gemacht. Passend soll ihr Nachfolger sein. „Wir wünschen uns jemand, der zu Markdorf passt“, erläutert Dietmar Bitzenhofer. Jemand, der zu Markdorf passt, und jemand, den Markdorf braucht. „Das sind wir der Innenstadt schuldig“, betont Bitzenhofer.
Kein x-beliebiger Laden an zentraler Stelle in der Altstadt
Ein x-beliebiger Laden an dieser zentralen Stelle in der historischer Altstadt wäre der gänzlich falsche Impuls für die weitere Stadtentwicklung, erklärt Bitzenhofer, der im Gemeinderat Fraktionschef der Freien Wähler ist. Er hat die Stadtentwicklung zu einem Kern-Thema seines kommunalpolitischen Engagements gemacht. Dietmar Bitzenhofer spricht auch für seine Schwester, mit der er sich den Besitz der Innenstadtimmobilie Marktstraße 4 teilt: „Wir tragen da Verantwortung“.
Stammkunden reagieren mit Bedauern und Verständnis
„Unsere Stammkunden wissen es schon seit Dezember“, erklärt Lisa Bitzenhofer. Sie hätten es mit Bedauern aufgenommen, aber auch viel Verständnis gezeigt. „In wenigen Wochen werde ich 70“, erläutert Dietmar Bitzenhofer. Da werde es allmählich auch für ihn Zeit, den Lebensabend jenseits der Erwerbsarbeit zu gestalten.
Ein Grund fürs Bedauern der Stammkunden: Sie werden sich nach Alternativen umschauen müssen, wenn sie einen Ersatz fürs Angebot im Bekleidungshaus Kappeler wollen. Keine leichte Aufgabe, erläutern die Bitzenhofers. Ihr Angebot zeichnete sich doch durch Beständigkeit, durch Solidität aus – außerdem durch den Verzicht auf Fernost-Import. Hinzu kam der Service, insbesondere die Beratung. So mancher Kunde erfuhr geschmacklichen Beistand, wenn seine Frau ihn mit Experimentellerem, Modischerem schier zu überfordern schien. Und vermissen werden die Kappeler-Kunden sicherlich auch die „netten Gespräche“, die bei den Bitzenhofers einfach dazu gehörten.
Dem Onlinehandel die Stirn geboten
Es klingt ein wenig wie „Aufhören, wenn es am Schönsten ist“. In ihrer Service- und Beratungsnische, mit ihren treuen Kunden, mit ihrem käuferorientierten Angebot haben die Bitzenhofer bisher den Anfechtungen des Marktes, der Konkurrenz des Onlinehandels standhalten können. „Nein, die Geschäfte laufen gut“, betont Dietmar Bitzenhofer. In diesen Tagen brumme der Laden. Nach dem Räumungsverkauf aber wird das Bekleidungshaus fehlen.