Eine monatelange Zitterpartie hat ein glückliches Ende gefunden: Markdorf hat wieder eine Kinderärztin. Nachdem Ulrike Laternser ihre Praxis Ende vergangenen Jahres krankheitsbedingt aufgeben musste und sie bis Ende März noch vertreten wurde, waren Eltern von kleinen Kindern aus Markdorf und Umgebung seit einem halben Jahr ohne ärztliche Anlaufstelle. Viele Eltern verzweifelten in den zurückliegenden Monaten, denn wegen des Aufnahmestopps der meisten Praxen in der Region waren sie bislang nirgendwo untergekommen.
Nun wird die Praxis in der Bahnhofstraße von einer Medizinerin übernommen werden, die aktuell noch zwischen ihrem jetzigen Wohn- und Arbeitsort in Idar-Oberstein und Markdorf hin- und herpendelt. Derzeit sind sie und ihre Familie noch mit der Vorbereitung des Umzuges beschäftigt, ihr Ehemann und deren beiden Kinder im Grundschulalter werden ebenfalls mit umziehen.
Unzählige Male mit der KV telefoniert
Dass es mit einer Nachfolge für Laternser und mit der monatelang auf der Kippe stehenden Rettung des Kinderarztsitzes für Markdorf doch noch geklappt hat, freut Christof Metzler ungemein. Der Langenargener Kinderarzt ist Sprecher der Kinderärzte im Bodenseekreis. Gemeinsam mit der Stadtverwaltung um das Hauptamtsteam von Amtsleiterin Regina Holzhofer und Bürgermeister Georg Riedmann, dem Inhaber und Vermieter der Praxisräume Helmut Maunz und nicht zuletzt Laternser selbst hatte er sich seit dem Frühjahr unermüdlich für den Erhalt der Praxis eingesetzt – und dafür unzählige Male den Kontakt zur Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gesucht.
Die und der über die Nachfolge entscheidende Zulassungsausschuss der KV hatte die ausschlaggebende Entscheidungshoheit. Hätte sich die KV nach dem Verstreichen der ersten Frist von Oktober bis Dezember vergangenen Jahres quer gestellt, wäre der Kinderarztsitz für Markdorf heute verloren.

„Ich freue mich tatsächlich sehr, dass wir nun doch noch eine Nachfolgeregelung für Frau Laternser gefunden haben“, sagt Metzler. Denn selbstverständlich sei das keineswegs gewesen. Grundsätzlich gilt erst einmal der Bestandsschutz für eine Facharztpraxis, wenn ein Arzt sie aufgibt – auch dann, wenn es wie im Fall der Kinderärzte im Bodenseekreis bei der KV eine rein rechnerische Überversorgung gibt. Doch ebenso grundsätzlich muss die KV lediglich eine einzige Frist von drei Monaten gewähren. Ist die ergebnislos abgelaufen, kann die KV einem Ort den Facharztsitz entziehen.
„Das lag an dem immens großen Druck, den wir aufgebaut hatten“
Dass die KV dies in diesem Falle nicht getan hat, sondern stattdessen sogar noch zwei weitere Fristen gewährte – von Januar bis April und von April bis Dezember dieses Jahres – sei „absolut außergewöhnlich“, sagt Metzler. Ein solches Entgegenkommen, wenn man es denn so bezeichnen will, sei „untypisch“ für die Vereinigung, „und das lag sicher an dem immens großen Druck, den wir alle, auch die Gemeinde und alle anderen Akteure, aufgebaut hatten“.

Angesprochen auf seine eigene Rolle bei seinen Telefonaten mit der KV, in denen er bis in die Chefebene vorgedrungen war, sagt Metzler: „Mir gelang es wohl, die Not in Markdorf deutlich darzustellen.“ Ohne das Zusammenspiel aller Akteure hätte aber wohl auch das nicht gereicht.
Im September, als die Nachricht von der Nachfolgelösung für Laternser öffentlich gemacht wurde, hatten die Beteiligten sich noch zuversichtlich gezeigt, dass die neue Ärztin die Praxis in der Bahnhofstraße noch diesen Herbst, eventuell im November, wiedereröffnen könnte.
Praxis-Wiedereröffnung eventuell erst Anfang 2025?
Das scheint inzwischen aber eher unwahrscheinlich zu sein. Denn üblicherweise benötigt die KV mehrere Monate, alleine um die elektronischen und technischen Voraussetzungen zu schaffen: Den Umzug aller Daten und digitalen Akten von Laternser zu der neuen Ärztin, inklusive der Patientendaten. Dafür benötigt die KV deswegen so viel Zeit, weil es um Datenschutz im höchsten Standard geht. Eventuell wird Laternsers Nachfolgerin die Praxis daher erst im neuen Jahr eröffnen können. Verlässliche Informationen dazu gibt es aber aktuell noch keine.
Sorge um die Kassensitze in der Region
Weshalb die Suche nach einer neuen Kinderärztin für Markdorf so lange gedauert hat und fast scheiterte, Metzler hat eine einfache Erklärung dafür: „Die Ärzte, die wir uns wünschen, junge Fachärzte, gibt es leider nicht als Übernehmer von Kassensitzen.“ Junge Ärzte und vor allem junge Ärztinnen, die gerade bei den Kinderärzten rund 80 Prozent ausmachten, würden ein Anstellungsverhältnis mit festen und geregelten Arbeitszeiten bevorzugen.
Blickt er in die Zukunft der ärztlichen Versorgung vor allem in eher ländlichen Räumen wie in der Region, ist ihm mulmig zumute: „Ich mache mir tatsächlich Sorgen um die Kassensitze“, sagt Metzler. In Markdorf ist das Bangen fürs erste jedenfalls vorüber – und der Kinderarztsitz erst einmal gerettet.