Braucht Markdorf, um sein Ziel der klimaneutralen Stadt bis 2035 zu erreichen und auch um klimaschützerisch wirtschaftlich wirksam agieren zu können, eine rund zehn Hektar umfassende Freiflächen-Photovoltaikanlage? Diese Frage wird seit dem vergangenen Herbst in den Fraktionen des Gemeinderates und in der Verwaltung diskutiert. Das Thema soll in den kommenden Wochen öffentlich gemacht werden, heißt es aus dem Rathaus. Im November hatten Stadträte und Vertreter der Verwaltung auf einer Klausurfahrt nach Leutkirch zwei solcher Solarparks besichtigt und sich darüber informieren lassen.

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Im ganzen Land gibt es schon mehrere dieser großen Photovoltaik-Felder, entlang von Ein- oder Ausfallstraßen, auf Flächen an Stadträndern und entlang von Bahnstrecken. Im Innenbereich von Gemeinden sind sie hingegen noch eine Seltenheit. Das soll sich nun ändern, heißt es im Stuttgarter Umweltministerium.

EnBW hat bereits Studie für Markdorf geliefert

In Markdorf gibt es dafür bereits konkrete Pläne, öffentlich spruchreif seien sie aber noch nicht, heißt es. Doch es liegt eine rund 50-seitige Studie der EnBW zu zehn möglichen Solarpark-Flächen im Stadtgebiet vor, beauftragt vom Rathaus. In der Studie sind diese zehn Flächen bereits konkret eingezeichnet.

Zur Freiflächen-Photovoltaik müsse man eine Grundsatzdebatte führen, sagt Bürgermeister Georg Riedmann.
Zur Freiflächen-Photovoltaik müsse man eine Grundsatzdebatte führen, sagt Bürgermeister Georg Riedmann. | Bild: Grupp, Helmar
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Im Rathaus wünscht man sich jedoch noch keine öffentliche Darstellung. Dafür, sagt Bürgermeister Georg Riedmann, sei man noch zu sehr am Anfang der Diskussion. Es wäre der Sache nicht dienlich, würde man jetzt schon Debatten und Spekulationen um Flächen anheizen, die später überhaupt nicht in Betracht kämen. Vielmehr gehe es nun darum, herauszufinden, welche der von der EnBW vorgeschlagenen Flächen die geeignetste sei und auch das geringste Konfliktpotenzial aufweise. Zuvor aber müsse man eine „Grundsatzdebatte“ führen, sagt Riedmann.

Auf sogenannten benachteiligten Flächen, die nicht landwirtschaftlich wertvoll sind, können Solarparks errichtet werden. Das Land will ...
Auf sogenannten benachteiligten Flächen, die nicht landwirtschaftlich wertvoll sind, können Solarparks errichtet werden. Das Land will den Ausbau vorantreiben. | Bild: Umweltministerium/Lorinser

Im Gemeinderat gibt es kein einheitliches Stimmungsbild: Es gibt Fraktionen wie die Umweltgruppe (UWG), die einen Solarpark in Markdorf grundsätzlich gut fänden, und Fraktionen wie die CDU oder die Freien Wähler (FW), die dieser Idee eher skeptisch gegenüberstehen. So richtig aus der Deckung wagen möchte sich auf Anfrage niemand, außer der UWG, die das Vorhaben mit auf den Weg gebracht hat.

„Für unser Ziel der klimaneutralen Stadt bis 2035 müssen wir etwas tun“, sagt UWG-Stadträtin Lisa Gretscher.
„Für unser Ziel der klimaneutralen Stadt bis 2035 müssen wir etwas tun“, sagt UWG-Stadträtin Lisa Gretscher. | Bild: Gabriele Münzer

Umweltgruppe dafür, andere Fraktionen skeptisch

UWG-Rätin Lisa Gretscher spricht von einer „guten und interessanten Erfahrung“ bei der Klausurfahrt nach Leutkirch. In ihrer Fraktion könne man sich eine Freiflächen-PV-Anlage auf Stadtgebiet gut vorstellen. Natürlich, so Gretscher, müsse man die landwirtschaftlichen Belange gründlich prüfen. Man wolle schließlich nicht die „guten Flächen“ nehmen, sondern jene, die landwirtschaftlich kaum oder nicht nutzbar seien. „Für unser Ziel der klimaneutralen Stadt bis 2035 müssen wir natürlich etwas tun“, sagt Gretscher. Das Potenzial sei um ein Vielfaches höher als bei der Photovoltaik auf Dächern, auch wenn es diese auch brauche.

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Ähnlich formuliert es Riedmann. Ab einer Größe von zehn Hektar kämen auf die Stadt keine Kosten zu, sie und der Versorger – es könne auch ein anderer als die EnBW sein – seien lediglich Partner. Auf städtischem Grund könne die Stadt im Gegenteil mit Einnahmen rechnen, auf gepachteten Flächen bekomme der Eigentümer das Geld. Der Strom wiederum könne ins Markdorfer Netz eingespeist werden.

„Mit der Errichtung von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen ist sorgsam umzugehen“, mahnt Freie-Wähler-Chef Dietmar Bitzenhofer.
„Mit der Errichtung von Photovoltaikanlagen auf Freiflächen ist sorgsam umzugehen“, mahnt Freie-Wähler-Chef Dietmar Bitzenhofer. | Bild: Jörg Büsche

300.000 Euro Steuereinnahmen für die Stadt?

Zusammenhängende Gebiete für Flora und Fauna seien für den Naturschutz zu erhalten, für künftigen Wohnbau und Naherholung benötige man ebenfalls Flächen, gibt FW-Fraktionschef Dietmar Bitzenhofer zu bedenken. Deshalb sei mit Freiflächen-PV-Plänen „sorgsam umzugehen“. Wolle man einen Solarpark errichten, dann möglichst auf städtischen Flächen und unter Einbeziehung der Bürger. Auch Agrar-Photovoltaik sei zu bevorzugen.

Mit großen Solarparks könne man Klimaschutz und wirtschaftlichen Ertrag vereinen, sagt UWG-Fraktionschef Joachim Mutschler.
Mit großen Solarparks könne man Klimaschutz und wirtschaftlichen Ertrag vereinen, sagt UWG-Fraktionschef Joachim Mutschler. | Bild: Jörg Büsche

UWG-Fraktionschef Joachim Mutschler wiederum hält Solarparks für eine „große Hilfe, weil mit ihnen die Kombination aus Klimaschutz, Artenschutz und wirtschaftlichem Ertrag gelingt“. Dies gelte es nun gemeinsam mit den Bürgern, mit Landwirten, Verbänden und Investoren anzugehen. Auch die Stadt werde von einer großen Freiflächenanlage profitieren, sagt Mutschler: Bei einer Größe von zehn Hektar seien jährlich bis zu 300.000 Euro an Gewerbesteuereinnahmen zu erzielen.