Markdorf Von Heiden- oder gar Höllenlärm zu sprechen, wäre fehl am Platz. Das verbieten allein Ort und Zweck des wahrhaftig sehr lauten Ratterns und Knatterns, das da von hoch droben herab aus Fensteröffnungen des Turms der Markdorfer St.-Nikolaus-Kirche tönt. Doch drinnen auf dem Treppenabsatz unterhalb der Glockenstube tosen die hölzernen Hammerwerke noch viel lauter. Vier Stück sind es an der Zahl, allesamt angefertigt von Harald Moser, wie auf einer der Ratschen beziehungsweise Rätschen mit schwarzer Schrift vermerkt ist.
„Es macht einen Riesenspaß“, erklärt Leander Beck. Der 20-Jährige hat von klein auf seine älteren Geschwister zum vorösterlichen Rätschen begleitet. Sein Vater, Andreas Beck, sei auch dabei gewesen. Ihm fiel die Aufgabe zu, die Fenster in den Turmöffnungen auszuhängen. Inzwischen übernimmt das sein Sohn. Aber noch ist es nicht so weit. Erst müssen alle Ministranten da sein, die sich fürs Rätschen vor der „Feier vom Leiden und Sterben Christi“ am Karfreitag-Nachmittag gemeldet haben. Sie erklimmen die Wendeltreppe im Kirchturm in ihrer Alltagskleidung, während die Messdiener in der Sakristei bereits ihre Chorhemden angelegt haben. Der Ruf soll weniger freudig klingen, erklärt Pfarrer Ulrich Hund. Drum schweigen nach dem Gloria am Gründonnerstag die Glocken, die sonst vor den Gottesdiensten ertönen – beziehungsweise mittags und abends zum Gebet aufrufen. Selbst den Messglöckchen im Altarraum bleibt zwischen Donnerstagabend und dem Gloria in der Osternacht ihr frohes Klingeln verwehrt. Stattdessen erschallt auch dort bloß trockenes Klappern.
Sie kurbeln fleißig – die Ministranten. Inzwischen sind die Fenster ausgehängt und die Rätschen in Betrieb genommen. Drei sind fest auf die Fensterbrüstungen montiert, eine steht auf eigenen Beinen und wird mit zwei Kurbeln bedient. Der Grund: Diese Rätsche hat mehr Federn, die die empor gerissenen Hammerköpfe zurückprallen lassen. Der Krach ist ohrenbetäubend. Das Krachmachen aber macht großen Spaß.