Markdorf – Der katholische Kirchenchor hatte zum großen geistlichen Konzert eingeladen. Und die Musikfreunde waren gekommen, um die Musik von zwei zeitgenössischen Komponisten zu hören. Von John Rutter und von Karl Jenkins, die beide in England leben, im vereinigten Königreich auch regelmäßig große Erfolge feiern, vielfach ausgezeichnet und geehrt wurden – die darüber hinaus aber auch inzwischen weltweit für ihre Chorwerke geschätzt werden. Für Chorwerke, die den Publikumsgeschmack treffen, weil sie sich auf eingängige Rhythmen, auf eine nachvollziehbare Melodik und eine verständliche Harmoniesprache stützen. Dementsprechend begeistert zeigte sich am Ende des von Kirchenmusiker Johannes Tress geleiteten Chor-Konzerts dann auch das Publikum in der voll besetzten Kirche St. Nikolaus. Der Chor, die Musiker des Projektorchesters – vor allem Ornella Lapadulas (Sopran), die Solosängerin, sowie Dirigent Tress bekamen reichlich Beifall von den geradezu hingerissenen Zuhörern.
Von bewegten, von schwierigen Zeiten hatte Pfarrer Ulrich Hund, der Präses des St.-Nikolaus-Chors gesprochen, als er das Publikum begrüßte. Dies mit Blick auf die gegenwärtig so kriegerischen Zeiten – und mit Blick auf das „Gloria“ von Karl Jenkins. Zumal gerade diesem integralen Bestandteil der römischen Messe, dem liturgischen Lobpreis Gottes, habe Karl Jenkins einen weltmusikalischen Charakter gegeben. Als komponierte Hoffnung gewissermaßen auf die von so vielen ersehnte Völkerversöhnung.
Hektische Stakkati. Schroff pulsierende Bläser, auf die Saiten hämmernde Bögen – schiere Gespanntheit markiert die Ausgangssituation des Jenkins-Glorias. Der Chor schmettert kurze Silben. Die Schlegel rasen in kurzen Sprüngen übers Vibrafon. So klingt urwüchsige Archaik, sich im Tanz entladende Energie. Doch bündelt die sich zum Triumph, lässt sich leiten durch wuchtigen Rhythmus. Sie verpufft nicht im ungezügelten Toben, sondern bündelt sich zum strahlenden Lobgesang. Ganz so wie es der Psalm 150 beschreibt mit seinem „rühmet ihn mit Posaunenhall, rühmet ihn mit Pauken und Tanz“. Getanzt hat der Chor zwar nicht in St. Nikolaus. Aber der Chor hat das verzweifelte Hoffen, die Inbrunst der in hebräischer Sprache gesungenen Verse gekonnt intoniert.
Und dann diese Innigkeit. Das unglaubliche Strahlen, in das Sopranistin Ornella Lapadula das gesamte Kirchenschiff mit ihrer Stimme taucht. Innig, sanft – eine Liebesweise in direktem Gottesbezug. Danach kann dann nur noch ungetrübter Jubel folgen. Und auch mit dem überzeugt der Chor. Er hat sich völlig eingelassen auf diese Musik – Ton für Ton, Silbe für Silbe.
Mit der gleichen Hingabe freilich hat er zuvor bereits das „Magnificat“ von John Rutter gesungen. Eine Komposition, die Marienverehrung mit heiterer Lebendigkeit vereint. Womit sie gewissermaßen herausführt aus dem Kirchenraum, den Lobgesang unter freiem Himmel anstimmt – mit Natur und üppigen Landschaftsbildern spielt. Die Szene weitet sich aus. Geht aus von der „lieblichen Rose“, schaut von der einzelnen Blüte auf den Rosenstrauch, entdeckt eine ganze Welt darin, so heißt es im Liedtext. Hier war das Projektorchester gefordert, die von Rutter komponierte Anmut auszumalen – und es zeigte sich dem ebenso gewachsen wie der frohlockende Chor.