Soll der „Adler“ nun doch abgerissen werden? Diese Frage stellen sich zurzeit sicherlich nicht wenige Markdorfer. Bei der Sanierung des Gebäudes ist ungefähr Halbzeit und inzwischen steht das wuchtige Bauwerk am oberen Ende des Marktplatzes ohne Dach da. Steht man an der Weinsteig, blickt man in der Tat auf einen fast nackten Torso. Die Außenwände stehen noch, nach oben hin ist der „Adler“ offen, Fensterhöhlen klaffen in der Wand, die den Blick auf den Himmel dahinter freigeben.
Ähnlich, wie es manchen Bürgern ergeht, empfand es vor wenigen Tagen offenbar auch Freie-Wähler-Fraktionschef Dietmar Bitzenhofer, am Rande eines kommunalpolitischen Termins vor dem Rathaus. Blicke er auf den „Adler“ stelle er sich schon die Frage, weshalb das Haus nicht gänzlich abgerissen und neu aufgebaut werde, hatte er sinngemäß gesagt. Mit der ersten Feststellung lag Bitzenhofer, der das natürlich weiß, richtig: Nein, der „Adler“ wird tatsächlich nicht abgerissen. So, wie er jetzt steht, bleibt er noch ein paar Wochen, dann wird er wieder aufgebaut.

Der Grund, weshalb Dachstuhl und Dachgeschoss abgetragen werden mussten, ist ein einfacher: Der „Adler“ wird um ein zusätzliches Geschoss aufgestockt. Dieses Geschoss kommt auf das noch bestehende erste Obergeschoss und erst danach bekommt das Gebäude wieder ein neues Dach. Sieht wie eine große Operation aus und ist es auch. Das sagt auch Manuel Klaus.
Große Herausforderungen für die Handwerker
Klaus ist Mitinhaber und Geschäftsführer der Leutkircher Klaus & Keck GbR, die die Stadt als Käufer und Investor für Sanierung und Umbau des stadtbildprägenden Ex-Gasthofes gewinnen konnte. Das Projekt sei durchaus herausfordernd, sagt Klaus. Zumal es bislang schon in den ersten Phasen der Sanierung einige unliebsame Überraschungen gegeben hatte, die dafür sorgten, dass man nun im Zeitplan einen Ticken hinterherhinkt. „Das ist aber bei alten Gebäuden durchaus üblich, da muss man immer wieder mal mit Unwägbarkeiten rechnen“, weiß Klaus.
Gas geben, bevor der nasse Herbst kommt
Aktuell wird mit Hochdruck auf der Baustelle am Marktplatz gearbeitet, auch, weil der ungemütliche Herbst naht – und damit Regen, Frost und Kälte. Momentan wird die Decke des Erdgeschosses saniert. Bis in zwei Wochen soll das erledigt sein. „Dann brauchen wir zeitnah die Holzbauer und Techniker, damit wir vor dem schlechten Wetter die Gebäudehülle dicht haben“, sagt Klaus. Bestellt sei alles, was benötigt werde. Nun muss eben nur ein Rädchen ins andere greifen.

Mit dem Rückbau des „Adler“ sei man inzwischen durch, bestätigt Klaus. Nackter wird er also nicht mehr. Sobald die neue Decke aufgebracht sei, könnten die Handwerker mit dem Aufbau beginnen. „Dann ist auch statisch alles sicher.“ Dann sei wieder der Holzbau an der Reihe und parallel dazu die Fassadendämmung.
Investor: Abriss stand nie zur Debatte
Für ihn habe sich die Frage nach einem Abriss nie gestellt, sagt Klaus. Theoretisch möglich wäre er gewesen, denn der „Adler“ ist zwar historisch, aber nicht denkmalgeschützt. „Dafür ist der Grundstock des Gebäudes und auch das Mauerwerk einfach zu gut“, sagt Klaus und legt seine Hand auf den grünen Verputz. „Hier, fühlen Sie mal!“ Ein Teil der Mauer ist offen und man sieht hinter dem Verputz: Sie ist außergewöhnlich dick und sie ist auch trocken.

„Ein Abriss hätte aber auch keinen Sinn gemacht, weil wir ja so viel wie möglich von der originalen Bausubstanz erhalten wollen“, betont der Bauingenieur. Fakt sei aber, dass man bislang doch ein wenig mehr rückbauen habe müssen als eigentlich geplant – etwa Fußböden und innere Wandverkleidungen.
In Leutkirch hofft man auf einen möglichst langen, schönen und vor allem trockenen Altweibersommer. Jeder trockene und leidlich warme Tag helfe, sagt Klaus. Spielt Petrus mit, sei auch der ursprüngliche Zeitplan noch einzuhalten, gibt er sich zuversichtlich: „Wir bleiben dabei und wollen noch im Frühjahr nächstes Jahr fertig werden.“ Spätestens jedoch im Frühsommer, dies sei auch mit dem Betreiber der Gastronomie so abgestimmt.