Diesen Fall nur als ungewöhnlich beschreiben zu wollen, wäre untertrieben: In hunderten Fällen soll eine Markdorfer Ärztin Ende 2021 unwirksame Corona-Impfungen verabreicht haben. Die Sache flog damals auf, nachdem eine Patientin Anzeige erstattet hatte. Weil sie Angst vor der Impfung geäußert habe, habe die Ärztin sie beruhigt: Sie müsse sich nicht sorgen, sie habe „etwas Homöopathisches“ beigemischt.

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In den Folgewochen zeigte sich, welch riesige Dimension die Angelegenheit hatte: Noch im Dezember 2021 schrieb das Gesundheitsamt rund 430 Patienten der Ärztin an, mit der Empfehlung, ihren aktuellen Immunitätsstatus überprüfen zu lassen. Mehrfach hatte man danach bei der Staatsanwaltschaft Konstanz betont, wie aufwändig die Ermittlungen seien. Hunderte Blutproben mussten analysiert, Dutzende Zeugen befragt werden.

Gewaltkriminalität im Kreis steigt durch den Fall steil an

Im Mai 2022 hatte die Kripo dann ihre Arbeit beendet und ein dickes Aktenbündel über den See geschickt. Auskünfte gab es seither keine mehr, außer dass sich die Ermittlungen weiter hinziehen würden. Nun aber hat das Polizeipräsidium die Kriminalstatistik für 2022 veröffentlicht. Und seither weiß man zumindest eine Zahl. Denn die Gewaltkriminalität im Bodenseekreis hatte sich gegenüber dem Vorjahr auf einen Schlag verdoppelt: Von knapp 300 auf 658. Der Grund für die Explosion: Die Kripo hatte die Ärztin in mehr als 300 Fällen wegen gefährlicher Körperverletzung angezeigt.

Erster Staatsanwalt Andreas Mathy: „Wann das Gutachten kommt, lässt sich immer noch nicht sagen.“
Erster Staatsanwalt Andreas Mathy: „Wann das Gutachten kommt, lässt sich immer noch nicht sagen.“ | Bild: Oliver Hanser

Diesen mehr als 300 Anzeigen muss man in Konstanz seither nachgehen, offensichtlich eine Heidenarbeit. Im Laufe der Zeit wurden die Aussagen daher immer vorsichtiger. Hatte der Leitende Oberstaatsanwalt Johannes-Georg Roth vor einem Jahr noch optimistisch von einem möglichen Abschluss bis Sommer 2022 gesprochen, so wagte er im Herbst bereits keine Prognose mehr.

Woran es jetzt noch hängt? Immer noch an einem einzigen Gutachten, auf das die Ermittler schon seit einem dreiviertel Jahr warten. Wann das kommt? „Das lässt sich immer noch nicht sagen“, sagt Erster Staatsanwalt Andreas Mathy. Und selbst wenn es vorliegt, folgen nochmals weitere Wochen der Prüfung und Vorlage bei den Beteiligten. Bis zu einer möglichen Anklage gilt für die Ärztin weiterhin die Unschuldsvermutung – trotz erdrückender Beweislast.