Jährlich legen die Fährschiffe auf der Strecke zwischen Konstanz und Meersburg rund um die Uhr, zu Stoßzeiten im Viertelstundentakt, nach Angaben der Stadtwerke Konstanz insgesamt rund 320.000 Kilometer zurück. Das entspricht knapp acht Erdumrundungen.
Durch 90,1 Millionen eingesparte Kilometer mit dem Auto und 5,59 Millionen Lastwagenkilometern können vier Millionen Liter Kraftstoff beziehungsweise 13 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

Wir haben uns das Fährschiff Konstanz näher angeschaut. Erstaunlich: Vom Schifffahrtsamt ist für das 68 Meter lange und 13,4 Meter breite Schiff nur eine dreiköpfige Mindestbesatzung vorgegeben: ein Schiffsführer, ein Kassierer und ein Maschinist.
Schiffsführer Matthias Ihde
Der „Chef vom Dienst“ ist Schiffsführer Matthias Ihde. Die Bezeichnung setzt er selbst in Anführungszeichen, auch wenn er tatsächlich für die Besatzung und bis zu 700 Fahrgäste verantwortlich ist.
„Hier kommt es auf Teamwork an“
Doch er betont: „Hier kommt es auf das Teamwork an.“ Jeder an Bord habe eine feste Aufgabe, erläutert er. Im weiteren Gespräch stellt sich heraus, dass es mindestens zwei Aufgaben sind.
So weist er selbst etwa Fahrzeuge ein, während das Schiff im Hafen ruht. Auch Maschinist Stefan Hornstein packt in dieser Zeit oberirdisch mit an und unterstützt die Kassierer. Während der Überfahrt selbst ist er dann als Kapitän oben auf der Brücke und Hornstein unten im Maschinenraum. Nur so sei die Arbeit an Bord überhaupt leistbar.
Gleichzeitig sei der erforderliche Wissensumfang der Grund, weshalb hier keine Minijobs möglich seien. „Jeder muss das Schiff kennen“, erklärt Matthias Ihde und nennt als Beispiel die unterschiedlichen Alarmsignale auf den Schiffen: Mann über Bord, Feuer, Evakuierung, allgemeiner Alarm. Daher sei eine Einlernzeit von sechs Wochen für Saisonkräfte auf der Fähre das Minimum.
Im Bordbistro bei Marion Keppler
Zum Job auf dem Wasser ist Marion Keppler durch ihre Tochter gekommen. Inzwischen ist die 45-Jährige seit drei Jahren im Bistro auf der Fähre aktiv und bewirtet Fahrgäste und Personal mit Snacks, kalten und heißen Getränken.
Dabei freut sie sich immer besonders auf ihre Stammgäste; Pendler, die regelmäßig die 15-minütige Überfahrt antreten. Während des Gesprächs mit dem SÜDKURIER begrüßt sie diese freudig und mit Namen. Für Abwechslung sorgen die Touristen: „Ich treffe auf jeder Schicht neue Menschen – total spannend“, erklärt sie, während sie die Kaffeemaschine bedient.
Hans Hofmann, Busfahrer des Städteschnellbusses Ravensburg–Konstanz gehört zu ihren Stammgästen, er sitzt an der Theke und genießt die Überfahrt. „Die Fahrt mit der Fähre ist mein Kurzurlaub“, sagt er lachend und betont, dass es gerade jetzt nach einem großen Stau in Markdorf besonders entspannend sei.
Generell fahre er aber seine „Lieblingslinie“ und auch Keppler betont: „Ich möchte gar nichts anderes mehr arbeiten. Ich habe hier meinen Traumberuf gefunden.“
Stefan Hornsteins Maschinenraum
Mit 22 Jahren ist Stefan Hornstein einer der Jüngsten an Bord. Hornstein ist in Überlingen aufgewachsen und fand einen Beruf auf dem Wasser naheliegend.
Lehre als Binnenschiffer absolviert
„Ich wollte irgendwas mit Technik machen, aber nicht den ganzen Tag in einer Halle stehen“, erklärt er. So begann er 2015 seine Lehre zum Binnenschiffer an Bord der Autofähre, die er im vergangenen Jahr abgeschlossen hat. Zuerst war er als Kassierer tätig, nun arbeitet er am wärmsten und lautesten Ort an Bord: im Maschinenraum.
Selbst wenn die Fähre steht, sind die Motoren so laut, dass man kein Wort versteht. Hornstein trägt selbstverständlich einen professionellen Gehörschutz. Im Maschinenraum schaut er, dass im wahrsten Sinne des Wortes auch alles so läuft, wie es laufen soll, während die beladen 612 Tonnen schwere Fähre mit einer Maximalgeschwindigkeit von 22,5 Stundenkilometern über das Wasser unterwegs ist.
Im Vergleich zu seinem Arbeitsplatz unter Deck erscheint ihm das Fahrzeugdeck, das im Sommer durch die Motorenabwärme auch bis zu 40 Grad warm sein kann, als angenehm kühle Abwechslung. Dort hält er sich während der Ruhezeiten auf und kassiert.
Mobiles Auskunftsbüro: Die Kassierer
Während des Schnellkurses (die Hauptsaison mit zusätzlichen Fahrten) arbeitet ein Kassierer nie alleine. So ist Martin Breunig mit Dominic Sigg unterwegs, um Tickets zu verkaufen. Breunig ist eher zufällig an den Beruf gekommen. „Ich war arbeitslos und sah eine Annonce in der Zeitung“, erklärt der 57-Jährige.
Es mache ihm enorm viel Spaß, an Bord zu arbeiten. Natürlich sei es wie überall in der Dienstleistungsbranche und man habe „auch mal“ mit Fahrgästen zu tun, die nicht gut gelaunt seien. „Doch es sind ja alles nur kurze Gespräche“, sagt er und so trete eine schlecht gelaunte Begegnung schnell wieder in den Hintergrund.
Die Zeit sei überhaupt das Anspruchsvollste an seiner Arbeit. Bei gut besuchten Überfahrten schafften sein Kollege und er es „gerade so“, in den 15 Minuten alle Fahrgäste zu bedienen.
Kassierer müssen alle Tarife parat haben
Die besteht nicht nur darin, Tickets zu verkaufen. „Ich muss alle Tarife kennen – da gibt es hier einige – und die besten Angebote empfehlen“, erläutert er. Außerdem sei es natürlich wichtig, die Längen der unterschiedlichen Fahrzeugtypen zu wissen: „Ein Großteil ist Auswendiglernen, hinzu kommt mit Übung auch das Augenmaß.“
Ein-Mann-Kiosk mit dem SÜDKURIER
Trotz Arbeitsplatz auf dem Festland ist Wilcox Förster-Schmidt der Fährmannschaft bestens bekannt. Seit 17 Jahren fährt er sechsmal die Woche morgens um 5.35 Uhr mit der Fähre von Konstanz nach Meersburg, um dort am Fähranleger den SÜDKURIER zu verkaufen.

Alle vier Ausgaben der Gegend hatte er damals im Gepäck. Heute sind es mit der Ausgaben Markdorf/Friedrichshafen, Überlingen und Konstanz noch drei. „Aus der ganzen Region fahren Leute mit der Fähre zur Arbeit“, weiß er und mehr noch: Er kennt Gesichter, Namen, Berufe seiner Stammkunden, die teilweise seit 16 Jahren die Zeitung bei ihm kaufen: „Wenn jemand in den Urlaub fährt, gibt er mir vorab Bescheid, damit ich mir keine Sorgen mache.“

Damit sie ihren morgendlichen Lesegenuss nicht missen müssen, ist er auch kulant, was seine Arbeitszeit angeht, die offiziell um 11 endet. „Wenn einer von ihnen bis 11 nicht da ist, nehme ich eine Fähre später zurück“, erklärt er und dass er die erste Zeitung meist schon kurz vor 6 Uhr verkaufe; an eine Stammkundin, die dann in die Schweiz zur Arbeit fahre.
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