Ein gutes Jahr vor der anstehenden Neuwahl des Bürgermeisters, gab das amtierende Stadtoberhaupt Robert Scherer beim Neujahrsempfang bekannt, dass er wieder kandidieren werde. In der voll besetzten Sommertalhalle sagte er: „Bürgermeister von Meersburg – ich wollte es von ganzem Herzen werden und ich will es von ganzem Herzen bleiben.“
Offen und teils recht emotional hatte er davor von einigen Herausforderungen berichtet: Von insgesamt angespannter Stimmung sowie gesellschaftspolitischer Unsicherheit und Polarisierung, welche die sachliche Arbeit, aber immer wieder auch den persönlichen Umgang, beeinträchtigten.
Scherer berichtet von Angriffen auf Freunde und Familie
Ohne ins Detail zu gehen, berichtete er mit teils brüchiger Stimme von Angriffen auf Freunde und Familie. In dieser Phase habe er ans Aufhören gedacht, denn: „Die Familie ist das höchste Gut.“ Gemeinsam mit der Familie habe er dann aber Bilanz gezogen, „das Gute und Sinnvolle gegen Ärger saldiert“ und zusammen seien sie zu dem Entschluss gelangt, dass er wieder antreten werde.

Die Zuschauer spendeten Zwischenapplaus. Auf SÜDKURIER-Nachfrage im Anschluss an den offiziellen Teil, warum er so offen über Privates geredet habe, antwortete Scherer: „Weil es wichtig war, dass man davon weiß.“ Er sei durch viel Zuspruch der Bürger motiviert für eine erneute Kandidatur, erklärte er und nach kurzer Pause fügte er an: „Ich wollte einfach ehrlich sein.“
2023 sei nicht alles so gelaufen, wie geplant
Ebenfalls ehrlich hatte er zuvor in seiner Neujahrsansprache über das vergangene Jahr bilanziert. Auch nach den Pandemie-Jahren sei zwar nicht alles so gelaufen wie geplant, es sei aber auch nicht ganz düster gewesen, wie das von ihm eingangs zitierte Essay „Dämmerung“ von Kurt Tucholsky.
Die beiden Kriege in Europa und die „nicht einheitliche Vorgehensweise in der großen Politik“ hätten auch Einfluss auf die Projekte zur Stadtentwicklung, meinte der Meersburger Bürgermeister. Dazu führte er beispielsweise die gestoppten Förderungen zur Nutzung der Seewärme auf.

Viele gute Nachrichten
Dennoch gab es auch Positives zu berichten, wie den Spatenstich für bezahlbaren Wohnraum in der Daisendorfer Straße oder die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf dem Feuerwehrgerätehaus und dem Baubetriebshof. Die Knabenmusik feierte 70-jähriges Bestehen, der 175. Todestag von Anette von Droste-Hülshoff wurde mit umfangreichem Programm begangen und das Vineum habe mit fast 300 gebuchten Führungen eine Rekordzahl erreicht.

„Es gab viele kleine, aber elementar wichtige Projekte“, erklärte Robert Scherer weit und zählte diese unter Begleitung zahlreicher Fotos auf einer großen Leinwand auf: Jugend- und Seniorenarbeit, kulturelle Veranstaltungen, Umsetzung des Lärmaktionsplans, Umbau und Sanierung von Kindergarten und Sommertalschule sowie den großen Schritt zur Neuausrichtung der Therme in diesem Jahr.
Viele dieser Projekte würden bis ins laufende Jahr weitergeführt. In seinem Ausblick für 2024 sprach Scherer auch über die Herausforderungen, die durch die Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete entstehen könnten und appellierte an die Bürger, „als Gemeinschaft“ zu handeln.
Wie in den Jahren zuvor sollen Spielplätze und Straßen saniert werden, der Breitbandausbau gehe weiter. Der Bürgermeister hoffe darauf, das geplante Hotel auf dem Hämmerle-Areal mit einem Partner realisieren zu können. Auch über neue Förderprogramme für die Seewärme wäre er dankbar.
Im Gegensatz zu Tucholsky sehe er keinen unüberbrückbaren Gegensatz zwischen Alt und Neu. „Lassen Sie uns keine Angst vor dem Neuen haben“, schloss Scherer den offiziellen Teil. „Denn das Alte bleibt auch immer ein Teil von uns.“ Im Anschluss gab es bei einem Stehempfang die Möglichkeit den Nachmittag gesellig ausklingen zu lassen. Die Stadtkapelle unter Leitung von Jannik Hoffmann, die auch zu Beginn musikalisch eröffnet hatte, beendete den Neujahrsempfang.