Der Bodensee als Lieferant für Wärme. Diesem Ziel sind die Stadt Meersburg und das Stadtwerk am See einen Schritt näher gekommen. Der Meersburger Gemeinderat fasste zuletzt – wie zuvor der Aufsichtsrat des Stadtwerks – den Grundsatzbeschluss zur Gründung der Seewärme Meersburg GmbH.
Die Stadt Meersburg und das Stadtwerk treten dabei als gleichberechtigte Partner auf. Zwei Gegenstimmen gab es von der SPD. Boris Mattes bemängelte, dass die Kommune nicht die Mehrheit hat und die Anschluss- und Energiekosten für die Bürger bisher unklar seien. Markus Waibel (FWV) sagte hinsichtlich der Kooperation: „Ich hoffe, wir haben eine partnerschaftliche Beziehung.“
Andreas Bachmaier, Leiter Energiesysteme beim Stadtwerk am See, sprach von einem Kraftakt. Neben den technischen Herausforderungen galt es, einen Businessplan aufzustellen. Etwa 8,41 Millionen Euro an Investitionskosten fallen für die neue Gesellschaft an – Fördermittel bereits eingeschlossen. Die Rendite soll unter konservativer Betrachtung der Investitionen und Betriebskosten bei sieben bis acht Prozent liegen.
Energiezentrale entsteht beim Frei- und Strandbad
Die Energiezentrale ist auf dem Gelände des Frei- und Strandbads geplant. Markus Waibel (FWV) merkte an: „Wir sollten schon auch einen Blick darauf haben, dass im Freibad keine Liegeplätze wegfallen.“ Vom Bad führt das Wärmenetz über die Uferpromenade in die Altstadt. Die Herausforderung liege weniger in der Technik – „Dafür haben wir das Knowhow und die Expertise“ – als eher in der Dimension. „Wir bauen hier eine ökologische Wärmegewinnung aus dem Bodensee und – über einen Zeitraum von zehn Jahren – ein circa viereinhalb Kilometer langes Wärmenetz“, wird Bachmaier in einer Pressemitteilung zitiert.

Ziel ist es, sukzessive öffentliche Gebäude, Unternehmen und rund 150 Wohnhäuser am Bodenseeufer und in der seenahen Kernstadt anzuschließen. Fest eingeplant sind die Therme sowie die kommunalen und landeseigenen Gebäude innerhalb der Altstadt. Auch für die Weiternutzung des Hämmerleareals wird die Seewärme „zwingender Vertragsbestandteil“. Bis 2033 soll das Wärmenetz die Oberstadt erreicht haben.
Für die Bürger ist eine Informationsveranstaltung geplant – zur Seewärme an sich und den Optionen, daran angeschlossen zu werden. Der Termin für diese Veranstaltung wird noch bekannt gegeben. Julia Naeßl-Doms und Peter Schmidt, beide CDU, hinterfragten die Anzahl der Hausanschlüsse. Andreas Bachmaier versicherte: „Mit 150 Anschlüssen sind wir eher konservativ unterwegs.“ Monika Biemann (Umweltgruppe) bat, schnellstmöglich bekannt zu machen, welche Bereiche nicht versorgt werden können.
Sorgen drehten sich rund um das Thema Bauarbeiten in der Altstadt. Boris Mattes (SPD) sagte: „Wir werden die Altstadt einmal von links auf rechts drehen.“ Markus Waibel (FWV) meinte: „So eine Baustelle, die wir die letzten Monate mit dem Stadtwerk am See hatten, darf so nicht mehr passieren.“ Bauarbeiten an der Mesmerstraße hatten sich hingezogen. Gemeinsam war den Äußerungen die Hoffnung, manches in der Altstadt im Zuge der Bauarbeiten schicker zu gestalten. Bürgermeister Robert Scherer sagte: „Ich sehe es auch als Chance, das Thema städtebaulich neu aufzuarbeiten.“
Noch keine Angaben zu Dimension der Leitungen
Peter Schmidt appellierte, rechtzeitig mit den Gastronomen und Gastgebern ins Gespräch zu gehen. Bachmaier erklärte bei einem Vor-Ort-Termin im Frei- und Strandbad, dass die dichte Bebauung der Altstadt und die touristische Saison wichtige Bestandteile der Bauplanung sind. Zu den möglichen Dimensionen der Leitungen wollte Bachmaier sich noch nicht öffentlich äußern. Albert Klesel, Leiter Finanzen beim Stadtwerk am See, erklärte: „Wir beginnen jetzt mit der konkreten technischen Planung.“ Heike Sonntag, Kämmerin der Stadt Meersburg, fügte hinzu: „Wir haben uns überlegt, dass wir ein Haus bauen. So weit, wie wir die Küche einrichten, sind wir noch nicht.“
Mit dem Seewärme-Projekt befindet sich Meersburg in einer Vorreiterposition am Bodensee. Das Graf-Zeppelin-Haus verfügt zwar über eine Anlage, über die das Seewasser zum Heizen und Kühlen genutzt wird. In Gottlieben in der Schweiz soll noch 2024 Baustart für ein Seethermie-Werk sein. Auch in Langenargen und Konstanz wird die Nutzung von Seewärme geprüft. Aber in der Größenordnung darf sich Meersburg aktuell Einzigartigkeit auf die Fahne schreiben.
Bürgermeister Scherer sagte: „Es ist eine Chance für Meersburg, aber auch Zeichen an andere Kommunen, die den See vor der Tür haben. Wir zeigen, dass es mit einer Altstadt möglich ist, die unter Denkmalschutz steht.“ Alexander-Florian Bürkle, Geschäftsführer des Stadtwerks, lobt in einer Pressemitteilung: „Das war und ist eine Pioniertat, mit der beide Partner Engagement und Mut beweisen. Die Wärmewende ist eine der größten Herausforderungen auf dem Weg in die Zukunft. In Meersburg realisieren wir nun ein Vorzeigeprojekt, das Schule machen wird. Das ist Klimazukunft made am Bodensee.“