Als Beispiel für eine gelungene Betriebsübergabe und eine erfolgreiche Nachwuchsgewinnung sieht die Handwerkskammer Ulm den Maler- und Stuckateurbetrieb Dauwalter in Owingen. Das machten Katja Maier, Präsidentin der Handwerkskammer, und deren Hauptgeschäftsführer Tobias Mehlich bei einem aktuellen Besuch deutlich.

Dabei wurde erkennbar, wie eng beide Aspekte zusammenhängen. Denn ein zufriedener Stamm an Mitarbeitenden erleichtert die Übernahme durch einen Nachfolger. Und das gute Betriebsklima scheint hier mit Händen zu greifen zu sein.

Tatsächlich haben Gerhard und Sylvia Dauwalter ihren 1985 gegründeten Betrieb bereits im Vorjahr still und leise an ihren Nachfolger übergeben, den 25-jährigen Stuckateurmeister Raphael Kempter, und sind damit sehr glücklich, wie sie bei der Betriebsbesichtigung der Kammervertreter deutlich machten.

„Der Neue“ zeigt bald Interesse an der Übernahme

Raphael Kempter war als ausgebildeter Stuckateur 2019 zu der Firma gekommen, um eine zweite Lehre als Maler zu absolvieren und bereits zwei Jahre später den Meisterbrief als Stuckateur zu erwerben. „Ist das nicht zu viel auf einmal?“, hatten die Inhaber gefragt.

Doch der ehrgeizige Kempter habe sie eines Besseren belehrt, berichtet Sylvia Dauwalter. Schon bald habe er auch Interesse an der Übernahme des Betriebs bekundet. Warum dies gut lief, macht Senior Gerhard Dauwalter deutlich. „Wir haben eine gute Kommunikation und man muss die Jungen machen lassen.“

„Region muss froh sein, dass Betrieb weitergeht“

Die Verantwortlichen der Handwerkskammer hören das mit Freude. „Es ist toll, wenn Betriebsübergaben so reibungslos ablaufen“, sagt Katja Maier. „Das gibt auch den Mitarbeitenden und Auszubildenden ein gutes Gefühl.“ Für Tobias Mehlich ist es eine „Traumsituation“, wie er sagt, die er den zahlreichen anderen Betrieben wünschen würde, die händeringend nach Nachfolgern suchten. Nicht nur für die Firma und deren Mitarbeitende sei dies ein Glücksfall. „Die ganze Region muss froh sein, dass es bei so einem Betrieb weitergeht.“

„Handwerksbetrieb brauchen einen Vertrauensvorschuss und mehr unternehmerische Freiheit.“ Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der ...
„Handwerksbetrieb brauchen einen Vertrauensvorschuss und mehr unternehmerische Freiheit.“ Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm, fordert einen Abbau von Bürokratie und Dokumentationspflichten. FDP-Landtagsabgeordneter Klaus Hoher (links) ist mit ihm einig. | Bild: Hanspeter Walter

Die Rahmenbedingungen mit einer überbordenden Bürokratie, immer höheren Standards und zunehmenden Dokumentationspflichten wirkten auf potenzielle Gründer oder Betriebsnachfolger jedoch eher abschreckend, betont Mehlich. In das gleiche Horn stoßen Kreishandwerksmeister Günter Gebauer und Klaus-Peter Pfau, der Obermeister der Stuckateur-Innung. Auf offene Ohren stoßen sie damit beim Landtagsabgeordneten Klaus Hoher (FDP). Dieser wünscht sich einen größeren Vertrauensvorschuss gegenüber den Unternehmen: „Die meisten wollen doch alles richtig machen.“

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„Politik muss Unternehmen mehr vertrauen“

Ein gewisses Maß an Bürokratie sei durchaus erforderlich, flicht Mehlich zwischen die Klagen der Handwerker ein. Diesen geht zum einen die Detailversessenheit bei Bewerbungen um öffentliche Aufträge viel zu weit, zum anderen schießen die Behörden aus Sicht der Betriebe mit den Dokumentationspflichten weit über das Ziel hinaus. Tobias Mehlich weiß: „Bäcker müssen täglich mehrmals notieren und nachweisen, welche Temperatur in der Backstube herrscht.“ Die Politik müsse den Unternehmen mehr Vertrauen entgegenbringen. Statt einer lückenlosen Dokumentation würde aus seiner Sicht eine stichprobenartige Kontrolle der Einhaltung von Standards ausreichen.

Ausschreibungen umfassen oft bis zu 40 Seiten

Der junge Betriebsinhaber Raphael Kempter beklagt den Umfang und Inhalt vieler Ausschreibungen von öffentlichen Aufträgen. „Das umfasst oft an die 40 Seiten“, berichtet Kempter. Bisweilen werde sogar gefragt, ob die Firma eigene Fahrräder zur Verfügung stelle.

Der neue Betriebsinhaber Raphael Kempter demonstriert Katja Maier und Tobias Mehlich von der Handwerkskammer Ulm Reinigungstechniken: ...
Der neue Betriebsinhaber Raphael Kempter demonstriert Katja Maier und Tobias Mehlich von der Handwerkskammer Ulm Reinigungstechniken: hier eine Spaltanlage, die die Farbpartikel aus dem Wasser herausfiltert. | Bild: Hanspeter Walter

Bei der Nachwuchsgewinnung würde die Kammer die Handwerksbetriebe gern unterstützen, betont Hauptgeschäftsführer Tobias Mehlich. Große Ungerechtigkeiten sieht er nach wie vor bei der staatlichen Förderung der Weiterbildung. Während ein Studium an der Universität gebührenfrei sei, müssten Handwerker auch nach Einführung des Meister-Bafögs die Kosten für viele Fortbildungen und Qualifikationen selbst tragen.

Den Missmut von Kreishandwerksmeister Günter Gebauer über Subunternehmer am Bau, die ihre Arbeiter sechs Tage zehn Stunden lang arbeiten ließen, kann der Hauptgeschäftsführer der Kammer zwar in gewisser Weise nachvollziehen. „Ist das fair?“, hatte Gebauer gefragt. Doch der Kammervertreter verweist darauf, dass 60 Stunden pro Woche nach dem geltenden Arbeitszeitengesetz zumindest rechtlich zulässig seien.

Um 5.30 Uhr in den Zug zur Berufsschule

Die berufliche Bildung gerät mit den schwindenden Zahlen an Auszubildenden in die Defensive. So müssen angehende Stuckateure um 5.30 Uhr in den Zug einsteigen, beklagt Sylvia Dauwalter, um zur Berufsschule nach Ravensburg zu kommen. Bildungspolitik dürfe man zwar „nicht nach Kassenlage machen“, betont Tobias Mehlich und wünscht sich genügend Angebote in der Fläche. Was bei der beruflichen Bildung jedoch Grenzen habe. „Alles, was einmal weggeht, wird nicht wiederkommen“, zeigt er sich realistisch. Umso mehr müsse man verschiedene Themen zusammenlegen und vor allem den öffentlichen Personennahverkehr weiter verbessern.