Die Bahnverbindung zwischen Salem und Frickingen hatte bis zu ihrem Ende im Jahr 1953 einen großen Stellenwert in der Region. Ein Besuch der Queen im Mai 1965 an Salems altem Bahnhof in der Leopoldstraße verhalf der stillgelegten Strecke sogar zu europaweiter Aufmerksamkeit.

Die fünf Heimatverbundenen (von links) Rudolf Koch, Hugo Gommeringer, Hubert Volz, Albert Mayer und Joachim Löchle wollen den alten ...
Die fünf Heimatverbundenen (von links) Rudolf Koch, Hugo Gommeringer, Hubert Volz, Albert Mayer und Joachim Löchle wollen den alten Bahnhof in Stefansfeld und mit ihm die gesamte Salemertalbahn visuell aufleben lassen. | Bild: Familie Gommeringer

Eine fünfköpfige Gruppe heimatverbundener Salemer und Frickinger hat nun ausgiebig Hintergründe und Geschichten zum sogenannten „Frickingerle“ recherchiert. Im April wollen Hugo Gommeringer, Joachim Löchle, Rudolf Koch, Hubert Volz und Albert Mayer mit einer Ausstellung an die Öffentlichkeit gehen. Viele Anekdoten sind im Zuge der Recherche zu Tage getreten. Alle Berichte von Zeitzeugen eint das emotionale Band zu dem nur rund 18 Kilometer langen Schienenstück und den damit verbundenen Erlebnissen.

Wer und was steckt hinter der Salemertalbahn-Schau?

10.000 Menschen jubelten der Queen am Bahnhof zu

Die prägendste Erinnerung ist wohl die zweitägige Visite von Königin Elisabeth II. von England und ihrem Ehemann, Seiner Königlichen Hoheit Prinz Philip Herzog von Edinburgh. Im Rahmen eines Staatsbesuchs legte das königliche Paar eine zweitägige Pause in Salem ein. Wie im SÜDKURIER vom 29./30. Mai zu lesen ist, standen als Begrüßungskommitee die Gastgeber Max Markgraf von Baden nebst Markgräfin Theodora am Salemer Bahnhof in Stefansfeld bereit – und mit ihnen eine rund 10.000-köpfige, jubelnde Menschenansammlung.

Inge Leberer erinnert sich noch an den Fußmarsch nach Stefansfeld von der Volksschule aus dem Fürstenbergischen Heiligenberg ins markgräfliche Salem. Mit englischen Fähnchen in der Hand und mit „hohen Erwartungen“ hätten sie inmitten der Menschenmenge gewartet, doch leider kaum einen Blick auf das hoheitliche Bahnspektakel erhaschen können.

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Ein riesiger Sonderzug und ein ganzer Hofstaat

“Die Queen reiste mit einem Riesen-Sonderzug an und hatte gefühlt den ganzen Hofstaat dabei“, erzählt Brief- und Münzsammler Robert Koch, der zusammen mit seinen Sammlerkollegen Joachim Löchle und Hubert Volz sowie den Heimatautoren Albert Mayer und Hugo Gommeringer das Ausstellungsprojekt vorbereitet. Über die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem englischen Hof und dem Haus Baden weiß Volz bestens Bescheid: Prinz Philip sei der Bruder der „alten Markgräfin“, Theodora von Griechenland, der Mutter des amtierenden Markgrafen.

Queen Elisabeth wird am damaligen Salemer Bahnhof empfangen.
Queen Elisabeth wird am damaligen Salemer Bahnhof empfangen. | Bild: Hadwig Huber

Quasi aus erster Hand erlebte Volz als junger Bub den königlichen Besuch auf dem Schlossgelände, wo er zu der Zeit mit seinen Eltern wohnte. Ganz zwanglos und ohne großes Sicherheitsaufgebot sei die Königin zwischen den Schlossmauern unterwegs gewesen.

Queen Elizabeth II. in Salem – das war am 22. Mai 1965. Rechts Prinz Max von Baden, neben ihm Prinz Philip, neben der Queen dessen ...
Queen Elizabeth II. in Salem – das war am 22. Mai 1965. Rechts Prinz Max von Baden, neben ihm Prinz Philip, neben der Queen dessen Schwester Prinzessin Theodora, die Frau von Prinz Max von Baden. | Bild: AP

Unangekündigte Kutschfahrt sorgt für Aufregung beim Sicherheitspersonal

Mit einer unangekündigten Kutschfahrt um die Salemer Weiher habe das Königspaar allerdings kurz für Aufregung beim Sicherheitspersonal gesorgt. „Viel gelächelt hat die Königin“, erinnert sich Volz. Gern besinnt er sich zurück an das Winken der Queen in strahlend blauem Kostüm bei ihrer Abfahrt. Ein entsprechendes Stern-Titelbild von damals sowie andere Zeitungsberichte hat er sorgfältig gesammelt und bewahrt.

Renate und Wolfgang Bauer aus Salem haben ganz spezielle Erinnerungen an den Königinnenbesuch.
Renate und Wolfgang Bauer aus Salem haben ganz spezielle Erinnerungen an den Königinnenbesuch. | Bild: Martina Wolters

Das Salemer Ehepaar Renate und Wolfgang Bauer verbindet ebenfalls ganz intensive Erlebnisse mit den hochadligen Gästen. Als Hauswirtschafterin im markgräflichen Haushalt kam die damals 16-jährige Renate in den Genuss einer königlichen Audienz. Nicht, ohne vorher den korrekten Hofknicks zu üben! Die britische Monarchin habe jeden einzelnen Angestellten kennenlernen wollen. Stolz zeigt Bauer die Medaille, die sie zusammen mit einem seidenen Kopftuch als Geschenk entgegennehmen durfte. Sogar die Hand hat ihr die Queen geschüttelt und sie in deutscher Sprache begrüßt. “Das war schon ein emotionaler Moment“, beschreibt sie. Bis heute hält sie die Münze mit dem Konterfei des britischen Königspaares in Ehren.

Diese Münze erhielt Renate Bauer als markgräfliche Angestellte persönlich von der Queen.
Diese Münze erhielt Renate Bauer als markgräfliche Angestellte persönlich von der Queen. | Bild: Martina Wolters

Eskorte der adligen Gäste vertreib sich die Zeit mit Cross-Fahren auf Markrafenwiesen

Die Fotografien von Elisabeth und Philip bewahrt Renate Bauer im Familienalbum auf. Ihr Ehemann Wolfgang erlebte den Regentenbesuch vor allem als Abenteuer. Das begann damit, dass die im früheren Waghäusle untergebrachte Eskorte der adligen Gäste sich ihre freie Zeit mit Cross-Fahren auf Markrafenwiesen vertrieben habe. Ein dabei zu Bruch gegangenes Motorrad musste für die Fahrt am nächsten Tag wieder bereit stehen. Per Lautsprecher sei er als Mechanikermeister vom Wachpersonal gesucht worden. Bauer konnte die 500er BMW schließlich reparieren. Dass er am nächsten Tag probefahren durfte – durch das eigentlich abgesperrte Gelände – habe ihn für seinen nächtlichen Einsatz entschädigt. Ebenso das gemeinsame Frühstück mit der Security vor der Heimreise der Majestäten.

Selbst mit der Salemertalbahn gefahren sind die Bauers nur ein einziges Mal. „Das war, kurz bevor die Strecke zwischen Salem und Frickingen Ende 1953 endgültig für den Personenverkehr gesperrt wurde“, sagt Wolfgang Bauer.

Dieses Postkartenmotiv zeigt einen Großteil der Salemertalbahn-Strecke und soll die Flyer zur Ausstellung zieren.
Dieses Postkartenmotiv zeigt einen Großteil der Salemertalbahn-Strecke und soll die Flyer zur Ausstellung zieren. | Bild: Rudolf Koch