Die Leichtbauwand wackelt bedenklich, als eine Besucherin versehentlich dagegenstößt. In der Kabine, die bald bis zu sieben Geflüchtete beherbergen soll, ist es eng. „Es gibt hier leider sehr wenig Privatsphäre“, erklärt Michael Stratil vom Landratsamt Bodenseekreis. Der Leiter des Sachgebiets Aufnahme und Unterbringung führt eine Gruppe von Bürgern durch die neue Notunterkunft in der ehemaligen Supermarkthalle in Mimmenhausen. „Wir werden hier etwa 75 bis 80 Menschen haben“, kündigt er an.

Im Vergleich zu einer regulären Gemeinschaftsunterkunft sei es hier deutlich spartanischer. Die Container mit den sanitären Einrichtungen und Büros sind über den ehemaligen Haupteingang mit der Halle verbunden. Wo einst die Metzgerei ihre Theke hatte, befindet sich nun der Cateringbereich. „Wegen der Infrastruktur und dem Brandschutz ist es nicht möglich, selbst zu kochen“, begründet Stratil.

Früher Metzgerei-Theke, bald Cateringbereich. Hier erhalten die Bewohner bald ihr Essen.
Früher Metzgerei-Theke, bald Cateringbereich. Hier erhalten die Bewohner bald ihr Essen. | Bild: Altmann, Miriam (Extern)

Klare Kriterien für geteilte Zimmer

Rund 30 Personen sind gekommen und besichtigen die Einrichtung mit Mitarbeitern des Amts für Migration und Integration des Landratsamtes, der Flüchtlingssozialarbeit und der Polizei. Einige Besucher möchten wissen, ob sich untereinander fremde Menschen die Mehrbettzimmer teilen müssten. Der Sachgebietsleiter erläutert, dass bei Einzelpersonen nach Geschlecht getrennt werde. Dabei achte man aber darauf, dass Zimmergenossen dieselbe Sprache sprechen. „Was wir aber definitiv nicht machen, ist, eine Einzelperson zu einer Familie zu stecken“, verweist er auf den Kinderschutz.

Bereit für den Einzug: Neben Betten, Tisch und Stühlen gibt es Spinde und einen Kühlschrank.
Bereit für den Einzug: Neben Betten, Tisch und Stühlen gibt es Spinde und einen Kühlschrank. | Bild: Altmann, Miriam (Extern)

Andere Besucher interessiert, ob hier überwiegend junge Männer einziehen würden. Stratil entgegnet: „Wir wissen nicht, wer fliehen wird.“ Oft stehe erst eine Woche zuvor fest, wer in den Kreis komme. Derzeit seien die Hauptfluchtgruppen Familien und allein reisende Männer aus der Türkei, Nordmazedonien und Georgien, doch dies schwanke auch je nach saisonabhängiger Fluchtroute.

Die ersten 33 Bewohner stehen schon fest

Wer am Montag komme, sei bekannt: Bei den ersten 33 Bewohnern handle es sich um einige Familien und Einzelpersonen, die meisten von ihnen aus der Ukraine. Stratil betont allerdings, dass man sich die Bewohner nicht aussuchen könne: „Das ist eine staatliche Aufgabe und wir sind verpflichtet, alle unterzubringen.“ Dabei achte man in jeder Unterkunft darauf, eine Mischung der Nationalitäten zu haben.

Der Duschbereich im Container
Der Duschbereich im Container | Bild: Altmann, Miriam (Extern)

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich allein reisende Männer und Familien gegenseitig unterstützen.“ Erstere könnten oft in organisatorischen Dingen helfen, letztere wirkten manchmal ausgleichend. Stratil hebt dazu hervor, dass es neben dem Team aus Heimleitung, Hauswirtschaft, Sozialarbeit und Hallenmanagement auch rund um die Uhr einen Sicherheitsdienst gebe.

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Gemessene und gefühlte Sicherheit

Die Markdorfer Besucherin Susanne Felder beruhigt das nicht wirklich: „Ich habe ein ganz anderes Sicherheitsgefühl“, sagt sie und spricht Orte wie den Bahnhof an. Polizeihauptkommissar Hendrik Fischer zeigt Verständnis, möchte aber die Angst nehmen. Man sei deutlich öfter wegen kleinen Nachbarschaftsdelikten unterwegs als durch Vorfälle von Geflüchteten. Susanne Felder entgegnet: „Ich würde mich wahrgenommen fühlen, wenn die Polizei sagen würde, es gibt Probleme und wir verändern etwas.“ Der Salemer Postenleiter insistiert, dass die Polizeistatistik das nicht hergebe und man auch nichts beschönige: „Wenn es eine neue Unterkunft gibt, wird deswegen nicht mehr als sonst geklaut und es gibt auch nicht mehr sexuelle Übergriffe am Schlosssee.“

Katrin Schrenk und Susanne Felder (von links) informierten sich über die Unterbringungssituation in der Notunterkunft. Mit ...
Katrin Schrenk und Susanne Felder (von links) informierten sich über die Unterbringungssituation in der Notunterkunft. Mit Hauptkommissar Hendrik Fischer, der den Salemer Polizeiposten leitet, hatten sie einiges zu besprechen. Im Hintergrund ist der gemeinsame Aufenthaltsbereich zu sehen. | Bild: Altmann, Miriam (Extern)

Michael Stratil berichtet, dass es mit den direkten Nachbarn im Vorfeld einen Runden Tisch gegeben habe. Katrin Schrenk, die als Bewohnerin der Neuen Mitte nicht zu diesem Kreis gehörte, beklagt mangelnde Transparenz, bekommt jedoch prompt von Stratil ein Angebot für ein Aufklärungsgespräch.

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Ehemals Geflüchteter bittet um Aufgeschlossenheit

Ali Ekinci, selbst vor vier Jahren geflohen, arbeitet seit zwei Monaten für das Landratsamt als Heimleiter dreier Unterkünfte, wo er etwa 250 Personen mit Rat und Tat zur Seite stehe. Mit einer ausholenden Handbewegung verdeutlicht er, dass sich keiner ein Leben an solch einem Ort wünsche. „Wir können nicht die Zukunft leben, die wir geplant haben“, offenbart Ekinci stellvertretend für alle anderen Geflüchteten. Das Ziel seines Teams sei es, dass die Nachbarn keine Probleme bekämen – im Gegenzug hoffe er, dass diese keine Vorurteile hegten: „Ich bitte Sie, offen zu sein: Die Menschen sind da und sie sind keine Gefahr.“