„Ursprünglich war es angedacht, Sie bei zwanzig Grad und herrlichem Wetter zu begrüßen“, sagte Bürgermeister Manfred Härle. Als die Gemeinde Salem anlässlich ihres 50-jährigen Bestehens die Neue Mitte einweihte, machte der April seinem Ruf allerdings alle Ehre. Härle, der seine Ansprache zunächst im Schneeregen hielt, lud das Publikum kurzerhand in den Sitzungssaal ein, wo er auf den Bürgerbeteiligungsprozess und den städtebaulichen Ideenwettbewerb zurückblickte.

2012 habe er die Schaffung einer neuen Gemeindemitte erstmalig bei den Bürgerversammlungen angesprochen. „Da habe ich auch richtig Gegenwind bekommen“, erinnerte sich Härle an die Reaktionen auf sein Vorhaben, einen Lebensmittelmarkt und eine Drogerie als Frequenzbringer anzusiedeln. Auch über die Klinkerfassade des Rathauses seien die Meinungen auseinandergegangen, doch er sei damit sehr zufrieden.
Dass ein spanisches Architekturbüro den Wettbewerb gewonnen hatte, habe ihn ziemlich überrascht. „Im Ergebnis war das ein Volltreffer und ich bin im Nachhinein dankbar und froh“, so der Bürgermeister. Er betonte, dass die Gemeinde das Projekt mittels Zuschüssen und Rücklagen gestemmt habe, sodass es nicht zulasten anderer Vorhaben gegangen sei.

Besucher erkunden Gebäude und genießen die Aussicht
Die Bürger nutzten den Tag der offenen Tür, um das Rathausgebäude vom Gemeindearchiv bis zur Dachterrasse zu erkunden. Ganz oben genossen zum Beispiel Birgit und Andreas Hoffmann die Aussicht. „Es ist klar strukturiert“, befand der Beurener nach der Besichtigung des Gebäudes. Seine Frau lobte die großzügige Gestaltung und die vielen Glasflächen: „Wenn ich mir vorstelle, das wäre mein Arbeitsplatz, fände ich das richtig toll.“

Nebenan im Sitzungssaal wurden Bilder der vergangenen 50 Jahre aus Salem gezeigt. „Den Blick zum See freizumachen ist gut, aber ein paar leichte Hügel wären auch ganz schön gewesen“, urteilte Richard Belau aus Mittelstenweiler. Er befürworte den Ansatz, eine neue Gemeindemitte zu schaffen, stehe dem Baustil aber etwas kritisch gegenüber: „Die Mode der Zeit“, meinte er lapidar.


Auch Dirk Kolodziej fand die neue Gestaltung zunächst gewöhnungsbedürftig: „Es passte nicht so ins Bild von Salem, ist aber sehr schön geworden“, sagte der Familienvater aus Stefansfeld. „Ich find‘s super und der Wasserspielplatz ist toll“, fügte seine Frau Michelle an. Beide zeigten sich sehr angetan davon, dass nun alles an einem Fleck sei und man nicht mehr nach Überlingen oder Markdorf müsse.


Einen besonders kurzen Weg hatte Thomas Liebscher, dessen Söhne Henri und Hannes mit Begeisterung das Polizeiauto erforschten. „Wir wohnen direkt in der Neuen Mitte, ziehen aber bald nach Beuren“, sagte Liebscher, der aus dem Erzgebirge stammt. Es gefalle der Familie sehr gut, da alles vor Ort sei. „Mal sehen, wie es dann ist, wenn wir in Beuren wohnen, aber es sind ja kurze Wege“, meinte er.


Im Polizeiposten führte Simon Walz durch die großen, hellen Büroräume. „Es macht Spaß, hier zu arbeiten“, so der Polizeihauptkommissar, der den Polizeiposten seit einem halben Jahr leitet. „Die Lage ist perfekt, die Wege sind kurz und alle Rettungsdienste liegen nun nah beieinander.“ Im Tagesdienst werde hier zu viert an fünf Tagen in der Woche gearbeitet, wobei die Ermittlungsbereiche aufgeteilt seien.

Für den Bereich Einbruchskriminalität ist Mirjam Hummel die zuständige Sachbearbeiterin. Die Polizeikommissarin ist seit 32 Jahren bei der Polizei und froh über den Umzug vom alten Posten beim Schloss in die Neue Mitte: „Ich bin glücklich, dass wir nun getrennte Toiletten, Umkleiden und Duschen haben“, sagt sie. Besonders gefalle ihr der Sozialraum, den alle Kollegen gemeinsam gestaltet hätten.


Segnung von der Drehleiter aus
Im Zuge der Einweihung segneten Dekan Peter Nicola und Pfarrer Matthias Schmidt die Gebäude, drei neue Feuerwehrfahrzeuge und die Menschen. „Das Geschaffene soll und muss uns lange dienen“, sprach Pfarrer Schmidt und bat darüber hinaus um Stärke für alle, die Verantwortung für das allgemeine Wohl tragen.
Dafür nutzten die Geistlichen die Drehleiter, um ihren Segen in alle Richtungen zu verbreiten. „Wo Salem ist, ist vorne, und sollten wir mal hinten sein, ist hinten vorne“, scherzte Dekan Nicola, bevor sich beide in luftige Höhen begaben. „Herzlichen Glückwunsch zur Neuen Mitte – und ich werde nicht mehr darüber lästern“, versprach er hinterher.