Die Flammenattrappen an den Fenstern des Marstallgebäudes deuten an, zu welcher Katastrophe sich ein echter Brand im Salemer Schloss entwickeln könnte. Dass es seit dem Klosterbrand im Jahr 1697 kein größeres Feuer mehr gegeben hat, ist auch der ständigen Bereitschaft der Freiwilligen Feuerwehr Salem zu verdanken. Um für den Ernstfall vorbereitet zu sein, dient das Schlossgelände in diesem Jahr als Übungsobjekt für die Hauptübung.

Bewährungsprobe für die Jugendfeuerwehr: Dieses Feuer gilt es zu löschen.
Bewährungsprobe für die Jugendfeuerwehr: Dieses Feuer gilt es zu löschen. | Bild: Miriam Altmann

Noch bei Sonnenschein beweist der Feuerwehrnachwuchs den Zuschauern, dass alle Abläufe sitzen: Nach der Branderkundung – laut Moderator Günter Nell die wichtigsten drei Minuten im Realeinsatz – bereiten die Jugendfeuerwehren der Gemeinde und der Schlossschule gemeinsam die Wasserversorgung vor. Auf Kommando zielen sie aus fünf Rohren auf den künstlichen Brandherd im Schlosshof. „Mit so viel Wasser wäre das Feuer sicher aus“, kommentiert Nell.

Wasser marsch! Die Jugendfeuerwehren der Gemeinde und der Schlossschule löschen gemeinsam das Feuer.
Wasser marsch! Die Jugendfeuerwehren der Gemeinde und der Schlossschule löschen gemeinsam das Feuer. | Bild: Miriam Altmann

Mit dem Schauplatz wechselt auch das Wetter. Als das Publikum auf der Rückseite des Marstallgebäudes auf den Beginn der Hauptübung wartet, setzt Regen ein, der sich entsprechend der Dramatik des Einsatzes steigert. „Ein solches Wetter können wir auch beim Einsatz haben“, berichtet Nell aus Erfahrung.

Er kommentiert den Verlauf der Übung und erklärt die Übungsannahme: Bei Renovierungsarbeiten entzünden sich durch den unsachgemäßen Umgang mit Leinöl die damit getränkten Lappen. Der Brand in dem provisorisch eingerichteten Baustofflager im Erdgeschoss greift unbemerkt auf die gelagerten Styropordämmplatten und Holzbaustoffe über. Durch die schnelle Brand- und Rauchausbreitung können fünf Handwerker das Gebäude nicht mehr verlassen. „Im Schloss Salem gibt es drei Brandmeldeanlagen, aber dieses Gebäude ist nicht angeschlossen“, beschreibt der Kommentator eine weitere Erschwernis.

Die Feuerwehrleute bauen die tragbare Leiter auf, um die Handwerker aus dem Obergeschoss des Marstallgebäudes zu retten. Aufgrund der ...
Die Feuerwehrleute bauen die tragbare Leiter auf, um die Handwerker aus dem Obergeschoss des Marstallgebäudes zu retten. Aufgrund der schnellen Brand- und Rauchausbreitung konnten fünf Menschen das Gebäude nicht mehr rechtzeitig verlassen. | Bild: Miriam Altmann

Als die ersten Fahrzeuge eintreffen, steht zunächst die Menschenrettung im Fokus: „In der ersten Phase löschen wir nur so weit, dass wir die Personen suchen können und der Rückweg gesichert ist“, erklärt Nell. Zwei Handwerker, gespielt von Mitgliedern der Jugendfeuerwehr, machen an einem Fenster im Obergeschoss auf sich aufmerksam und werden mithilfe einer tragbaren Leiter befreit.

Jahreshauptübung der Freiwilligen Feuerwehr Salem Video: Miriam Altmann

Nach Abschluss der Personenrettung machen sich die Feuerwehrleute ans Löschen: Mit der Drehleiter der Markdorfer Wehr kann der inzwischen offene Dachstuhlbrand von zwei Seiten bekämpft werden.

Die Flammen sind nur gemalt, gelöscht wird trotzdem – jedoch sparsam, um kein Wasser zu verschwenden.
Die Flammen sind nur gemalt, gelöscht wird trotzdem – jedoch sparsam, um kein Wasser zu verschwenden. | Bild: Miriam Altmann
Löscharbeiten während der Jahreshauptübung Video: Miriam Altmann

Angesichts des strömenden Regens drängen sich die Zuschauer unter Vordächer und Dachvorsprünge. „Ich muss ein großes Lob aussprechen, dass Sie noch da sind“, richtet Nell seine Worte an die Besucher, während die Einsatzkräfte unbeeindruckt ihren Aufgaben nachgehen. Die DRK-Bereitschaft Salemertal hat sich im Unteren Tor eingerichtet – zur Atemüberwachung der Feuerwehrleute und zur Versorgung der Verletzten. Eine davon ist Lisa Wittwar: Sie liegt mit verrußtem Gesicht in eine Decke gehüllt auf einer Trage, Wange und Arm sind verbunden.

Freunde bei der Feuerwehr verhalfen ihr zu diesem Schauspiel-Job, auf den sie kurz zuvor im Feuerwehrhaus vorbereitet wurde. „Ich musste im Gebäude sitzen und laut um Hilfe schreien“, nennt sie ihre Aufgabe. An ihrer Seite ist Claudia Knapp vom Roten Kreuz: „Wir haben den Blutdruck und den Sauerstoffgehalt im Blut gemessen und die Personalien aufgenommen“, erklärt sie. Bei dem Wetter sei auch der Wärmeerhalt sehr wichtig.

Claudia Knapp (Mitte) kümmert sich um Lisa Wittwar, die aus dem brennenden Marstallgebäude gerettet wurde. Wange und Arm sind verbunden, ...
Claudia Knapp (Mitte) kümmert sich um Lisa Wittwar, die aus dem brennenden Marstallgebäude gerettet wurde. Wange und Arm sind verbunden, zum Wärmeerhalt ist sie in eine Decke gehüllt. Im Ernstfall hätte sie auch Sauerstoff erhalten. | Bild: Miriam Altmann
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Vom Regen ließ sich auch Armin Schafheutle nicht abschrecken. Sein zwölfjähriger Sohn ist bei der Jugendfeuerwehr aktiv – da wollte er natürlich sehen, wie sich die zukünftigen Feuerwehrleute bewähren. „Früher habe ich die Kinder zum Zuschauen mitgenommen, jetzt sind sie selbst dabei.“