Wenn Banana Lidia Springer in ihrer Wohnung in Bermatingen besucht, liegen die Leckerli für ihn schon bereit. Banana, Rufname Nana, begleitet sein Frauchen Birgitt Engel zu Hausbesuchen. Die Markdorferin ist ehrenamtliche Hospizbegleiterin bei der Hospizgruppe Salem. Nana holte sie aus dem Tierschutz in Griechenland zu sich. Der helle Mischlingsrüde wird im September fünf Jahre alt. In ihm stecken etwas Labrador, etwas Hütehund und ein sanftes Wesen.
Lidia Springer ist schwer krank. Darum geht es aber erstmal nicht, wenn Nana sie besucht. Dann steht das Leben im Mittelpunkt. Die 70-Jährige weiß um die Tricks, die Nana drauf hat. Pfote geben zum Beispiel, worauf das erste Leckerli in seiner Schnauze verschwindet. Auf das Kommando „Bitte, bitte“ fährt er mit seiner Pfote über das Knie von Springer. So, als ob er um die nächste Leckerei bittet. Doch bei Nanas Können handelt es sich nicht etwa nur um Kunststücke. Engel hat 2021/2022 mit ihm eine Therapiehundeausbildung beim Verein „Tiere als Co-Therapeuten“ absolviert. Erst stand ein Wesenstest an, dann gab es Praxisstunden.
Der Name des Vereins ist auf seinem roten Halstuch zu lesen. Springer lobt das leuchtende Tuch. Für den Hund ist es jedoch nicht nur Zierde, sondern auch das Zeichen, dass er arbeitet. „Wir müssen immer noch üben“, sagt Birgitt Engel. Das hört nicht auf. Regelmäßig besuchen sie eine Hundeschule. Zuhause geht es weiter. Engel übt unter anderem, dass sich Nana auf Kommando zu ihr legt, falls sich ein Patient das wünscht. Immer freitags besuchen sie Lidia Springer.
Im Pflegeheim waren sie ebenfalls schon. Bei einem Demenzkranken. „Nana durfte aufs Bett“, berichtet Engel. Der Patient reagierte positiv auf die Nähe. „Es gibt so viele schöne Begebenheiten. Der Hund spendet ganz viel Trost. Er bewertet nicht, wie jemand aussieht oder riecht“, sagt die Hospizbegleiterin. Es zählt ausschließlich die Stimmung. Für den Besuch bei Lidia Springer hat Engel unterschiedliche Spielzeuge im Gepäck. Beispielsweise ein Intelligenzspielzeug, an dem Nana unter anderem eine Schublade eigenständig öffnet und ein Leckerli vorfindet. Springer lacht und meint: „Ich kann alles kurz vergessen.“

Jüngst war das Trio eine kurze Runde draußen spazieren. Springer nutzte ihren Rollstuhl. Nanas Aufgabe ist es dann, ruhig nebenher zu laufen. „Es ist eine Herausforderung, dass er sich daran gewöhnt“, sagt Birgitt Engel. Durch die Begleitung des Hospizhundes steigt die Motivation, den Spaziergang zu schaffen. Auf die Idee, Nana zu den Begleitungen mitzunehmen, kam Engel während ihrer eigenen Ausbildung zur Hospizbegleiterin. „Wir mussten viel online machen und Nana lag immer unter dem Tisch. Dann habe ich es mal vorgeschlagen“, erzählt Engel. Bärbel Meier-Wichmann, stellvertretende Koordinatorin bei der Hospizgruppe, habe den Vorschlag gleich unterstützt. So ist auf der Internetseite unter den Angeboten inzwischen die Sterbebegleitung auf vier Pfoten gelistet.
Idee, ehemalige Haustierbesitzer zu begleiten
Lidia Springer wurde von ihrer Tochter für die Begleitung angemeldet. Seit einem Jahr sehen sich Springer und Engel regelmäßig. „Wir waren gleich ein Herz und eine Seele“, sagt Lidia Springer. Mehrfach ging es der Bermatingerin aufgrund ihrer Krebserkrankung richtig schlecht. „Du berappelst dich immer wieder. Mit dir ist immer zu rechnen“, sagt Engel schmunzelnd. Bald fragte sie Springer, ob sie ihren Hund Nana einmal mitbringen solle. Die 70-Jährige bejahte. Ihr Sohn hat einen Hund. Und: „Früher als Kind hatte ich mal eine Katze. Ich liebe Tiere“, sagt Springer. Birgitt Engel nahm Nana bereits zu mehreren ihrer eigenen Begleitungen mit oder kam mit ihm auf Anfrage zu Terminen ihrer Kollegen dazu. Ihre Hoffnung ist es, dass Menschen, die Haustiere hatten, sich eigens für eine Begleitung mit Tierschutzhund Banana bei der Hospizgruppe Salem melden.

Nana ist bei Birgitt Engel zuhause der Familienhund. Seit dem Januar 2021 lebt er bei ihr. Neben ihm hatte die Familie noch einen Beagle. Ferner gibt es in dem Haushalt eine Katze. „Ich bin am Überlegen, ob ich die Katze mit dazu nehme“, sagt Engel. Lidia Springer stimmt ihr zu. Ihr gefällt die Idee. Nana hat sich derweil zwischen den Frauen auf den Rücken gedreht und lässt sich den Bauch kraulen. Streicheleinheiten und Kuscheln gehören dazu, wenn der Hospizhund ins Haus oder in die Wohnung kommt. Springers Energie für den tierischen Besuch ist an diesem Freitagnachmittag allmählich aufgebraucht. Der Alltag hat sie nach eigenen Angaben schnell wieder. Doch sie trotzt ihrer Erkrankung. „Ich will noch nicht. Ich wollte den 70er erreichen. Jetzt sage ich: Wir feiern den 80er.“ Birgitt Engel und Nana begleiten sie auf zwei Beinen und vier Pfoten weiter auf diesem Weg.