Der „Adler“ in Sipplingen steht zum Verkauf. Das haben die Eigentümer des Gebäudes im Gespräch mit dem SÜDKURIER bestätigt. Zu welcher Summe das denkmalgeschützte Gebäude angeboten wird und durch wen oder auf welcher Plattform, wollten sie indes nicht beantworten. „Wer eine solche Immobilie kaufen will, der weiß auch, wo man so etwas findet“, erklärte einer der Eigentümer. Auf Nachfrage hüllte er sich in Schweigen, welchen zeitlichen Horizont er und sein Partner sich für einen möglichen Verkauf gesetzt haben. In jedem Fall sei ihre Preisvorstellung aber nicht zu hoch angesiedelt, meinte er. Diese Preisvorstellung dürfte allerdings eine entscheidende Rolle bei dem Versuch spielen, das seit bald zehn Jahren leer stehende Hotel mit Gaststätte zu verkaufen.
Die auf denkmalgeschützte Gebäude spezialisierte Architektin Corinna Wagner ist überzeugt, dass sich für den „Adler“ auf jeden Fall ein Käufer finden ließe. Allerdings: „Ein möglicher Käufer wird vor allem an Investitionen in das Denkmal interessiert sein, denn darauf sind relativ hohe Abschreibungen möglich“, erklärt sie. Ein zu hoher Kaufpreis für den „Adler“ sei da nicht hilfreich. Der müsse vielmehr „relativ gering“ angesetzt werden, dann ließe sich auch ein kapitalkräftiger Käufer finden.
Deshalb kauft die Gemeinde das Hotel nicht
Auch Bürgermeister Oliver Gortat sagt: „Den ‚Adler‘ über Investoren mit einem gut durchdachten und machbaren Nutzungskonzept zu einem weiteren neuen Schmuckstück der Gemeinde zu begleiten, muss das Ziel sein.“ Allerdings schreibt die Pressestelle der Gemeinde auf Anfrage des SÜDKURIER: „Es gab vonseiten der Gemeinde Sipplingen immer mal wieder Vermittlungen von Investoren und Mietinteressenten an die Eigentümer. Jedoch konnte nach unserem derzeitigen Kenntnisstand bislang aus verschiedenen Gründen keine Einigung erzielt werden.“ In Anbetracht der Haushaltslage sei es nicht möglich, das Gebäude „ins Eigentum der Gemeinde“ zu überführen.
Bodenseekreis wollte im „Adler“ Geflüchtete unterbringen
Wann sich die Gemeinde um den „Adler“ bemühte, ist aus der Mitteilung nicht zu entnehmen. 2015 hatte der Bodenseekreis mit den Eigentümern einen Mietvertrag für das Gebäude bis zum 1. März 2026 abgeschlossen. Der Landkreis wollte dort Geflüchtete unterbringen. Doch bald stellte sich heraus, dass rund eine halbe Million Euro in Brandschutz und andere Baumaßnahmen zu investieren waren, bevor das Gebäude als Flüchtlingsunterkunft dienen konnte.
Eine zu hohe Summe, befand der Kreis, zumal die Zahl der Geflüchteten im Bodenseekreis zurückging. Weil im Mietvertrag eine Rücktrittsklausel fehlte, zahlte der Kreis Jahr für Jahr 76.800 Euro Kaltmiete samt 15.000 Euro Nebenkosten. Erst nach jahrelangen Verhandlungen gelang es dem Kreis, eine Aufhebungsvereinbarung zum 31. März 2021 zu erzielen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der SÜDKURIER schon mehrfach über das Thema berichtet. Er konnte aber erst auf dem Weg eines Klageverfahrens erreichen, dass das Landratsamt diese Zahlen öffentlich machte. Erst jetzt wurde klar, dass der Kreis einer Abstandszahlung von 288.000 Euro zugestimmt hatte, um den Vertrag aufzulösen – das ist die Summe, die auch bis zum regulären Ende des Mietvertrags angefallen wäre – lediglich die Nebenkosten hat sich der Kreis gespart.
Verfall des Hotels beschäftigt Bürger
Das Hotel und Gasthaus Adler war einst Drehscheibe für Hochzeiten, Familienfeste, Vereinstreffen und vieles mehr in Sipplingen. Nachdem der Eigentümer 2005 plötzlich verstorben war und die Erbin das ehemalige Franziskanerinnen-Kloster samt angrenzendem Grundstück über einen Makler verkauft hatte, war es ruhig geworden um das Gebäude. Als folgenschwer erwies es sich, dass der „Adler“ und das angrenzende Grundstück später an unterschiedliche Eigentümer verkauft wurden. Damit verlor das Hotel die einzige Möglichkeit, im engen Dorfkern Parkplätze für Gäste anzubieten.
Der Zustand des „Adlers“ ist vielen Bürgern des Dorfes ein Dorn im Auge. SÜDKURIER-Leserin Sabine Seiberle schrieb dieser Zeitung: „Als direkter Nachbar des Klostergasthofs ‚Adler‘ (…) finde ich es erschreckend, dass sich das historische Gebäude inzwischen in einem sehr schlechten Zustand befindet.“ Sie frage sich, wieso Eigentümer, Landratsamt und die Gemeinde Sipplingen dem Verfall zuschauten. „Ich habe den Eindruck, hier wird abgewartet, bis das Gebäude nur noch abgerissen werden kann, um wieder Platz für teure Bauplätze zu schaffen, welche sich kein Normalbürger leisten kann.“
Gemeinde Sipplingen widerspricht
Dem widerspricht die Gemeinde mit dem Hinweis auf die fortdauernden Bemühungen, eine Lösung für den „Adler“ herbeizuführen. Und sie weist weiter darauf hin: „Über unsere Zweckentfremdungs-Satzung ist zudem Leerstand grundsätzlich nicht gestattet.“ Auch das Amt für Denkmalschutz hat Möglichkeiten, von Amts wegen einzugreifen, wenn der Eigentümer das Gebäude verfallen lässt. Zudem bietet es an, durch Machbarkeitsstudien zu überprüfen, welche Nutzungsmöglichkeiten für ein Gebäude wie den „Adler“ bestünden.
Ein Angebot, das für eventuelle Kaufinteressenten von Bedeutung sein kann. Architektin Corinna Wagner erklärt dazu: „Das Amt übernimmt eventuell sogar die Kosten für solche Studien.“ Ob es sich aber angesichts der hohen Mieteinnahmen, die die Eigentümer des „Adlers“ generieren konnten, dazu bereit erklärte, halte sie indes für fraglich.