„Vorsicht! Nicht weiter als bis an die Eingangstür!“ Clemens Beirer ist besorgt um die Tochter seines Gemeinderatskollegen Lars Heinzl. Das Mädchen sucht seinen Papa, dem es zur Hand gehen will. Lars Heinzl steht in diesem Moment – wenn man so will – ein Stockwerk höher auf einer künstlich aus Metallschienen eingezogenen Zwischendecke im großen Saal der Sipplinger Turn- und Festhalle.
Gemeinsam mit Willy Schirmeister reißt der CDU-Gemeinderat eine Dachlatte nach der anderen von der Decke und lässt sie in Höhe des Halleneingangs zu Boden gleiten. Die Männer sind ausgerüstet mit Brecheisen, mit denen sie die Latten lösen, die vor mehr als 60 Jahren mit langen Nägeln in die dicken Platten aus Presspappe getrieben wurden, um die Deckenkonstruktion zu halten.
Willy Schirmeister organisiert die Sanierungsarbeiten
Willy Schirmeister ist ehrenamtlich Verantwortlicher für die Organisation der Sanierungsarbeiten an der Halle. „Die Decke wurde damals vom Turnverein beim Bau der Halle eingezogen“, sagt Schirmeister. „Dahinten kannst du durch ein Loch nach oben schauen und sehen, was darüber liegt.“ Der Blick durch den rechteckigen Durchbruch legt den nicht gedämmten Dachstuhl des in die Jahre gekommen Hauses frei. „Anstelle der alten kommt hier eine neue Decke rein. Sie wird die Heizkörper tragen und die Beleuchtung“, erklärt Willy Schirmeister. Er ist stolz: „Bis vergangene Woche hatten wir schon 500 ehrenamtliche Arbeitsstunden zusammen“, sagt er. „Und heute kommt wieder einiges dazu.“

Gemeinde spart rund 76.000 Euro durch Eigenleistungen
Der mittlerweile im Ruhestand lebende langjährige Stadtbaumeister von Stockach und ehemalige Sipplinger Gemeinderat schafft zusammen mit anderen Freiwilligen einen weiteren Nachmittag in Eigenarbeit an der Turn- und Festhalle. Rund 76.000 Euro kann die Gemeinde durch Eigenleistungen sparen. Das entspricht 1170 Facharbeiterstunden, hat seinerzeit das Architekturbüro Fiedler errechnet. Es ging dabei um die Frage, welche Einsparmöglichkeiten es bei dem rund 3,4 Millionen Euro teuren Projekt geben könnte.
Hinter dieser Zahl verbergen sich vor allem Abrissarbeiten. Clemens Beirer erklärt: „Andere Arbeiten dürfen wir gar nicht übernehmen. Das verbietet schon die Gewährleistungspflicht.“ Der CDU-Fraktionsvorsitzende und stellvertretende Bürgermeister fügt hinzu: „Möglich wären noch Anstriche.“
Zweimal pro Woche sind die Freiwilligen auf der Baustelle
Zweimal die Woche, montags und donnerstags, treffen sich die Freiwilligen für rund drei Stunden in der Halle. Es sind in der Regel fünf bis zehn Männer und Frauen; aus dem Gemeinderat vor allem Mitglieder der CDU-Ratsfraktion. So wie an diesem Tag, an dem alle Beteiligten bis auf Willy Schirmeister aus den Reihen der CDU kommen.

Auch Hauptamtsleiter und Kämmerin halfen schon mit
Es haben aber auch schon Angestellte der Gemeinde mitgeholfen, erzählt Clemens Beirer. So sei Hauptamtsleiter Christoph Huber anfänglich dabei gewesen, ebenso Kämmerin Sabrina Girrbach: „Sie hat schon häufiger mit angepackt“, freut sich Clemens Beirer.
Immer wieder kommt auch Hausmeister Gunnar Widenhorn nach der Arbeit zur Baustelle. „Zusammen mit Gunnar habe ich in den letzten Tagen die ganze Heizungsanlage abgebaut“, erzählt Armin Mayer, während er im Erdgeschoss die nächsten Teile des Lüftungsschachtes zerlegt. Neben ihm am Boden steht ein kleines Radio, das ihn bei der Arbeit bei Laune hält.
Vom Ende der Arbeiten hängen Fördermittel ab
Die Sanierungsarbeiten an der Halle müssen bis zum Jahresende weitgehend abgeschlossen sein, wenn die Gemeinde alle Fördermitteln ausgezahlt bekommen will. „Wir sind ganz gut in der Zeit“, erklärt Willy Schirmeister, „und werden das wohl schaffen, ausgenommen einiger Nacharbeiten.“ Sie hätten einen guten Zeitpunkt erwischt, erklärt er. „Zurzeit werden keine Mehrfamilienhäuser gebaut, weil alle auf Entscheidungen aus Berlin warten, wie es im Bausektor weitergeht.“ Wenn das klar sei und wieder gebaut werde, werde es viel schwieriger sein, Handwerker zu bekommen. Insofern passe die Sanierung gut in die Zeit.

Die einzige Frau, die an diesem Nachmittag ebenfalls Hand anlegt, ist CDU-Gemeinderätin Christine Keßler. Sie will aber auf keinen Fall fotografiert werden: „Das überlasse ich lieber den Männern“, meint sie. „Aber wir könnten natürlich noch Unterstützung gebrauchen.“ Armin Mayer pflichtet ihr bei: „Am besten wäre es, wenn hier mal eine ganze Fußball-Mannschaft aufläuft“, ruft er ihr lachend. Möglich wäre das, schließlich hat Sipplingen viele Vereine.