Nach tagelangem Zögern hat Sipplingens Bürgermeister Oliver Gortat sich entschlossen, einen Prüfbericht der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Der Bericht der Kommunalaufsicht beim Bodenseekreis beschäftigt sich mit der Vergabe von Architektenleistungen. Hintergrund ist die gegenwärtig laufende Sanierung der Turn- und Festhalle in Sipplingen für rund 3,3 Millionen Euro. Der Bericht steht nun im Ratsinformationssystem, kann also öffentlich eingesehen werden. Ein entsprechendes Dokument schickte die Gemeinde auch an den SÜDKURIER.
In dem öffentlich einsehbaren Dokument sind die Namen derjenigen geschwärzt, die mit der Hallensanierung befasst sind oder waren. So der Name des beauftragten Architekturbüros Fiedler, des ursprünglich mit der Sanierung befassten Architekturbüros Zollmatt und des ehemaligen Stadtbaumeisters von Stockach und ehemaligen Gemeinderates der Freien Wähler, Willi Schirmeister. Er koordiniert heute als ehrenamtlicher Beauftragter der Gemeinde Sipplingen die Umsetzung der Sanierungsarbeiten der Halle. Schirmeister hatte 2022 vorgeschlagen, das Büro Fiedler mit der Sanierung zu beauftragen, nachdem Zollmatt wegen Krankheit ausgefallen war. All das ist schon früher mehrfach in öffentlichen Ratssitzung benannt worden, und wird jetzt im Prüfbericht noch einmal bestätigt – wenn auch die Namen geschwärzt sind.
Anwalt laut Gortat in Teilen anderer Rechtsauffassung
Die Begründung der Kommunalaufsicht des Bodenseekreises, wieso die Gemeinde bei der Vergabe der Architektenleistungen gegen geltendes Recht verstoßen habe, ist dabei tiefgreifender, als es Bürgermeister Gortat in der Gemeinderatssitzung dargestellt hat. Dieser hatte das Ergebnis des Berichtes in vier Punkten zusammengefasst, gleichzeitig aber betont, dass ein von der Gemeinde beauftragter Anwalt in Teilen zu einer anderen Rechtsauffassung gekommen sei. Worin der Anwalt in seiner Ansicht konkret abweicht, bleibt der Öffentlichkeit indes verborgen. Seine Einschätzung kennen nur die Gemeinderäte.
Die Kommunalaufsicht stellt zunächst klar, dass nur zwei der in acht Leistungsbereiche unterteilten Architektenleistungen 2020 ausgeschrieben und an das Büro Zollmatt vergeben wurden. Dabei ging es um die Erarbeitung eines Konzeptes und eine erste, auf dem Konzept basierende Kostenschätzung. Alle weiteren Leistungsphasen wurden nie ausgeschrieben, heißt es. Die Gemeinde habe weder Ausschreibungsunterlagen noch einen Kriterienkatalog vorlegen können, die die „auszuschreibende Planungsleistungen näher konkretisiert“ hätten.
Leistungen hätten ausgeschrieben werden müssen
Anschließend legt die Kommunalaufsicht dar, dass die Gemeinde 2022 – als das Büro Zollmatt aus Krankheitsgründen zurückzog – nach Paragraf 50 der UVgO (Unterschwelligen Vergabeordnung) zwingend die Architektenleistungen unter drei Büros hätte ausschreiben müssen. Auch lässt sie das Argument nicht gelten, dass eine Ausnahmesituation vorgelegen habe, die das Vorgehen der Gemeinde gerechtfertigt hätte. Von der Verwaltung war angeführt worden, dass angesichts gefüllter Auftragsbücher, sich vermutlich kein Architekturbüro auf die Ausschreibung beworben hätte. Die Kommunalaufsicht kommentiert: „Allein die Annahme, dass die Architekturbüros eine hohe Auslastung haben, kann einen solchen Ausnahmefall nicht rechtfertigen.“

Weiter hält sie fest, dass die Honorarvereinbarung des Büros Zollmatt von 2020 vom Büro Fiedler nicht fortgeschrieben worden sei. Zudem sei der Auftrag an Fiedler durch den Gemeinderat im April 2022 auch nicht auf Basis einer ab 2021 geltenden Honorarverordnung erteilt worden. Resümee der Behörde: „Folglich stellt sich die Frage, ob hier überhaupt ein realistischer Auftragswert zugrunde lag.“
Eventuell sogar EU-weites Vergabeverfahren notwendig
Weiter heißt es, dass angesichts der im März 2022 schon bekannten Baukostensteigerung von insgesamt 1,5 Millionen Euro und der sich daraus zu errechnenden Summe der Baunebenkosten von 285.000 Euro „hätte zumindest geprüft werden müssen, ob ein EU-weites Vergabeverfahren erforderlich gewesen wäre“. Die Kommunalaufsicht kommentiert, dass diese „Rechtssicherheit (…) schon deshalb erforderlich gewesen“ wäre, „da die für das Bauvorhaben verwendeten Mittel aus Steuergeldern stammen. Darüber hinaus wurden noch staatliche Zuwendungen beantragt, die nur vergeben werden dürfen, wenn die vergaberechtlichen Grundsätze beachtet werden, die auch die Beachtung der Schwellenwerte einschließt“. Genau das aber ließ die Gemeinde Sipplingen außer Acht.
Abschließend tritt die Kommunalaufsicht noch der Auffassung des Bürgermeisters entgegen, die Gemeinde sei durch bürokratische Anforderungen überfordert gewesen, die Gortat gleichwohl in der Ratssitzung zur Vorlage des Berichtes erneuert hatte. Die Aufsicht schreibt in Bezug auf ein Urteil des Oberlandesgerichts von 2012: „Dabei ist zu bemerken, dass hier keine übertriebenen Anforderungen an die erforderliche Schätzung gestellt werden. Es stellt sich nur die Frage, was ein umsichtiger und sachkundiger öffentlicher Auftraggeber nach sorgfältiger Prüfung des relevanten Marktsegments und im Einklang mit den Erfordernissen einer betriebswirtschaftlichen Finanzplanung veranschlagen würde.“