In Sipplingen gehen die Uhren immer wieder einmal etwas anders als im Rest der Republik. Dafür hat die im westlichsten Zipfel des Bodenseekreises gelegene Gemeinde schon viele Beispiele geliefert. Nicht grundlos trägt sie bei manchen den durchaus ehrenvoll zu verstehenden Beinamen Gallierdorf, in Anspielung an die wehrhaften Gallier um Asterix und Obelix.

Nun wollen die Sipplinger diesem Namen ein weiteres Mal alle Ehre machen. Das traditionelle Narrenkonzert des Heimatliedersängerbundes (HLSB), das alle zwei Jahren zur Fastnacht über die Bühne geht, wird in diesem Jahr ausgelagert: Nicht während der Fastnacht, sondern weit nach Ostern, am 21. und 22. April, lädt der HLSB zum Narrenkonzert in die Festhalle ein. Eine Schelmerei oder nur taktlos?

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Was von manchen mit Kopfschütteln registriert wird, lässt andere eher schmunzeln. So erklärt Narrenvater Achim Friesenhagen von der Überlinger Narrenzunft: „Das käme für uns nicht infrage. Die närrische Zeit ist von Dreikönig bis Aschermittwoch. Danach heißt es wieder: S‘goht dagege.“ Da spreche er sicherlich auch im Namen seiner Narrenmutter Stefan Mayer.

Achim Friesenhagen, Narrenvater der Narrenzunft Überlingen: „Das käme für uns nicht infrage. Die närrische Zeit ist von Dreikönig ...
Achim Friesenhagen, Narrenvater der Narrenzunft Überlingen: „Das käme für uns nicht infrage. Die närrische Zeit ist von Dreikönig bis Aschermittwoch.“ | Bild: Jürgen Gundelsweiler

Karl-Heinz Rimmele, Vize der Fastnachtsgesellschaft Sipplingen, hat indes Verständnis für die Verlegung. Er zeigt sich sogar dankbar für den ungewöhnlichen Schritt: Die Fastnachtsgesellschaft plant am 11. Februar einen Fasnetmarkt in der Festhalle, da es in diesem Jahr 60 Jahre zurückliegt, dass die Narren den Narrenbaum während der legendären Seegfrörnen über den zugefrorenen Bodensee vom gegenüberliegenden Seeufer nach Sipplingen gezogen haben. „Eine Woche drauf das Narrenkonzert abzuhalten, das läge schon sehr eng am Fasnetmarkt.“

Karl-Heinz Rimmele, Vizepräsident der Fastnachtsgesellschaft Sipplingen: „Eine Woche drauf das Narrenkonzert abzuhalten, das läge ...
Karl-Heinz Rimmele, Vizepräsident der Fastnachtsgesellschaft Sipplingen: „Eine Woche drauf das Narrenkonzert abzuhalten, das läge schon sehr eng am Fasnetmarkt.“ | Bild: Privat
Bei der Seegfrörne vor 60 Jahren holten die Sipplinger Narren zum ersten Mal den Narrenbaum vom gegenüberliegenden Ufer über den See. ...
Bei der Seegfrörne vor 60 Jahren holten die Sipplinger Narren zum ersten Mal den Narrenbaum vom gegenüberliegenden Ufer über den See. Seither wird diese Tradition alle zehn Jahre wiederholt, mit dem Boot über das Wasser. So auch in diesem Jahr. Anschließend lädt die Fastnachtsgesellschaft zum Fasnetmarkt in die Festhalle ein. | Bild: Karl-Heinz Rimmele

Statuten untersagen, Zunfthäs im April zu tragen

Klar ist für ihn allerdings, dass er nicht im Zunfthäs zum Narrenkonzert im April kommen wird. „Das verbieten schon unsere Statuten, die mit wenigen Ausnahmen vorschreiben, dass das Häs nur zwischen Dreikönig und Aschermittwoch getragen werden darf.“ Er werde sich aber dennoch zum Narrenkonzert närrisch kleiden, fügt er hinzu.

Den Impuls, das Narrenkonzert zu verlegen, hatte beim Heimatliedersängerbund die Frage ausgelöst, ob es 2023 wie in den Vorjahren zu Corona-Einschränkungen kommen könnte. Der Vorsitzende des HLSB, Oliver Huber: „Als wir im November das Narrenkonzert geplant haben, war nicht sicher, wie der Winter wird. Wir haben viele betagte Gäste bei unseren Narrenkonzerten und es ist eng. Wir wollten niemanden gefährden. In den vergangenen Jahren spielte Corona im Frühling keine so große Rolle mehr, deshalb haben wir uns für die Verlegung entschieden.“

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Kulissen sind gebaut und Stücke geschrieben

Aber gehört denn eine närrische Veranstaltung nicht zwangsläufig in die närrische Zeit? Das sieht Oliver Huber nicht so eng: „Es könnte doch auch Bunter Abend heißen. Warum soll der nicht im April stattfinden?“ Vielleicht könne man auch einmal im Grundsatz überlegen, ob das Narrenkonzert zu einem anderen Zeitpunkt als zur Fastnacht veranstaltet werden könnte. Die Veranstaltung soll auch in diesem Jahr ihren Titel beibehalten. Allerdings soll das Narrenkonzert in Anlehnung an die Initiative „Sipplinge mach noche“ unter dem Titel „HLSB macht(s) noche(r) – Heimatobed trifft Narrenkonzert“ über die Bühne gehen, sagt Oliver Huber. Die Sipplinger Narren sind in jedem Fall schon einsatzbereit: Die Kulissen sind alle gebaut, die Stücke geschrieben. „Was es gibt, sagen wir nicht. Das ist immer so. Wir wollen die Leute überraschen“, so Huber.

„Es könnte doch auch Bunter Abend heißen. Warum soll der nicht im April stattfinden?“
Oliver Huber, Vorsitzender des Heimatliedersängerbundes

Letztlich räumt er aber ein, dass es im April beim Narrenkonzert, wie bei jeder Veranstaltung davor darum gehen wird, Geschehnisse im Dorf närrisch aufs Korn zu nehmen. Damit ändert sich letztlich nur der Titel der Veranstaltung, aber ihr Inhalt bleibt gleich. Deshalb will es Oliver Huber es auch jedem selbst überlassen, das Konzert im Fasnetshäs zu besuchen. Huber im besten Sipplingerisch: „Mir hetted nint degege.“ (Für Nicht-Sipplinger: Wir hätten nichts dagegen). Auf die Frage, ob ein Narrenkonzert in die Zeit außerhalb der Fastnacht passt, wird der Heimatliedersängerbund am 21. April sicherlich seine närrische Antwort geben.