Seit mehr als zehn Jahren schwelt schon ein Konflikt zwischen den Betreibern des Andreashofs zwischen Deisendorf und Tüfingen und dem amtlichen Naturschutz. Damals hatte die Betreiber direkt unterhalb des Demeter-Hofes auf abschüssigem Gelände ohne baurechtliche Genehmigung eine Terrassenstufe aufgeschüttet, um dort auf ebenem Gelände in großen Kisten ihre rund einen Meter langen Lichtwurzeln heranzuziehen, die sie seit 2002 kultivieren. Dies und die teilweise Befestigung der Flächen sah der ehrenamtliche Naturschutzbeauftragte des Bodenseekreises, Thomas Hepperle, allerdings gar nicht gerne und forderte einen Rückbau. Zumal die Fläche in einem Landschaftsschutzgebiet liegt.
Um zumindest etwas Aufschub zu gewinnen, schloss der Andreashof im Jahr 2008 eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung mit der Stadt Überlingen ab und sicherte zu, den Umbau binnen zehn Jahren – also bis 2018 – wieder rückgängig zu machen. Die Zeit wäre jetzt gekommen, doch hofft Lichtwurzelexperte Matthias Busl inzwischen auf ein Umdenken des behördlichen Naturschutzes – aus verschiedenen Gründen. "Fairerweise muss man zugeben, dass das baurechtlich damals nicht korrekt gelaufen war," räumt der geschäftsführender Vorsitzende des Vereins Andreashof offen ein. Zudem sei es natürlich auch zu einer gewissen Verdichtung des Bodens gekommen, um die Fläche zu stabilisieren.

Doch neben der steigenden Nachfrage nach dem Produkt, glaubt Busl inzwischen auch echte Naturschutzargumente für den Erhalt der Terrassen in die Hand bekommen zu haben. "In der Natursteinmauer, die wir als Begrenzung der Terrassenstufe damals angelegt haben, haben sich inzwischen Zauneidechsen angesiedelt", erklärt der Spezialist für die Chinesische Yamswurzel, der Mitautor des einziges deutschsprachigen Buches zu diesem Thema ist. Wer weiß, wie empfindlich die Ämter beim Schutz dieser sehr selten gewordenen Reptilien an anderer Stelle sind, der kann kaum damit rechnen, dass sie hier die Forderung nach einem Abbruch der Natursteinmauer aufrechterhalten werden.
Ein anderes Argument ist ihm nicht weniger wichtig. "Wir beschäftigen hier auf dem Andreashof auch einige Mitarbeiter mit einem Handicap, die auf den Arbeitsplatz unmittelbar beim Hof angewiesen sind, da sie nicht Auto fahren können", erklärt Matthias Busl. Am 6. Juni ist nun angesichts der aus Sicht des Andreashofs veränderten Vorzeichen noch einmal ein Gespräch terminiert, an dem neben dem ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten auch Vertreter des Landratsamts teilnehmen werden.
Thomas Hepperle steht nach wie vor zu seiner dezidierten Ablehnung. "Es ist nicht nur Außenbereich, sondern schon seit 1992 auch Landschaftsschutzgebiet, in dem derlei Baumaßnahmen aus gutem Grund nicht zulässig sind", erklärt er. Hier könne es rechtlich auch keine Befreiung geben, da es "keine landwirtschaftliche Tätigkeit" sei. "Wir haben vor zehn Jahren einen Sofortvollzug ausgesetzt", betont Hepperle, "und die Chance zu einer geordneten Verlagerung gegeben." Würde man jetzt davon abrücken, wäre dies aus seiner Sicht ein ganz heikler Präzedenzfall. 2008 sei die Rede davon gewesen, das Lager teilweise nach Rengoldshausen umzusiedeln, teilweise in dem bestehenden Gewächshaus unterzubringen. "Doch aus dem Gewächshaus ist inzwischen ein Veranstaltungsraum geworden", sagt Thomas Hepperle.

Zwei Alternativen sieht der Naturschutzbeauftragte: Entweder lasse man die Natursteinmauer bestehen für die Eidechsen oder man siedle sie an den Waldrand um, von wo sie wohl auch eingewandert seien. Darüber sei er sich mit Ökologe Gerd Odenwälder vom Landratsamt einig. In einem Gespräch im Januar haber dies Eigentümerin Cornelia Hahn schon deutlich zu machen versucht. Er schätze die Arbeit auf dem Andreashof, doch müssten die Baumaßnahmen im Einklang mit den rechtlichen Vorgaben sein: "Doch wir müssen auch hier die wertvolle Landschaft für unsere Gesellschaft schützen." Vor diesem Hintergrund sei er sogar "stolz auf das strenge deutsche Bau- und Planungsrecht", erklärte der Naturschutzbeauftragte, der gerade im Urlaub in Korsika weilte und dort negative Entwicklungen beobachtete: "Wer in Frankreich ein Grundstück besitzt, darf darauf bauen, was er will. Entsprechend negativ hat sich die Landschaft hier verändert."
Chinesiche Yamswurzel
Von der aus Asien stammenden und in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) seit langem eingesetzten Pflanze vermarktet der Hof mittlerweile sieben Tonnen pro Jahr bis in die USA. Der Name "Lichtyam" ist inzwischen auch als registriertes Warenzeichen der Überlinger Erzeuger eingetragen und geschützt. Bereits 1924 hatte Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie, die Behauptung aufgestellt, dass die Pflanze – die chinesisches Yams (Dioscorea batatas) – in besonderem Maße "Licht speichern" und diese "Energie" über die Ernährung dem menschlichen Organismus wieder zuführen können soll. Dessen ungegachtet gehen Mediziner heute durchaus von verschiedenen pharmakologischen Wirkungen der Inhaltsstoffe aus. Sie sollen unter anderem entzündungshemmend sein und über verschiedene Organe immunstärkend wirken.
Landschaftsschutzgebiete
"Landschaftsschutzgebiete sollen die natürliche Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Landschaft bewahren", heißt es in Richtlinien des Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, in denen auch festgelegt ist: "Die Ausweisung von Landschaftsschutzgebieten erfolgt durch die unteren Naturschutzbehörden per Rechtsverordnung." Flächenmäßig sind Landschaftsschutzgebiete meist größer als Naturschutzgebiete, bei denen die Schutzbestimmungen weniger stark ausgeprägt sind: Die land- und forstwirtschaftliche Nutzung ist unter bestimmten Auflagen erlaubt. Landschaftsschutzgebiete sollen die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes erhalten oder wiederherstellen. Zweck kann auch der Schutz von Lebensstätten und Lebensräumen bestimmter wild lebender Tiere und Pflanzen sein. Dieses Instrument kann aber auch zum Einsatz kommen, um das Landschaftsbild für Tourismus und Erholung zu schützen oder als Pufferzonen zu Naturschutzgebieten dienen. Über 805 000 Hektar der baden-württembergischen Fläche – und damit 22,53 Prozent der Landesfläche – sind als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.