In Rottweil steht jetzt nur noch der Narrenbaum, den die Überlinger Zimmermannsgilde aufgestellt hat. Der Narrentag 2017 ist aber Geschichte. Die hierbei erlebte Gastfreundschaft möge auf Gegenseitigkeit beruhen, wünscht sich Wolfgang Lechler, Narrenmutter und damit Vorsitzender der Narrenzunft Überlingen (NZÜ), mit Blick auf das Jahr 2020. Denn die NZÜ wird 2020 das 20. Treffen des Viererbundes ausrichten, ein nur alle drei oder vier Jahre stattfindendes Großereignis, zu dem sich die Narrenzünfte des Viererbundes treffen. Ihm gehören neben Überlingen die Städte Rottweil, Oberndorf und Elzach an.

Zwei Mal 20 000 Besucher strömten am vergangenen Wochenende nach Rottweil. Bis zu 2000 Besucher, die über Nacht blieben, kamen bei Privatleuten unter. Und nun wünscht sich Lechler, dass die Überlinger, die in Rottweil Herberge fanden, im Jahr 2020 für ein Wochenende ihre Türen öffnen. Das würde der NZÜ nicht nur eine Menge Organisationsaufwand abnehmen – die ersten Hotels werden jetzt schon reserviert – sondern gäbe auch der Freundschaft im Viererbund einen neuen Schwung, wie Narrenmutter Lechler betont.

Nächster Narrentag in drei Jahren

Das Datum für den nächsten Narrentag steht schon fest: Es ist das Wochenende vom 25. und 26. Januar 2020. Das Landesgartenschaujahr durchläuft damit gleich zu Beginn einen ersten Test, ob das Verkehrs- und Parkkonzept funktioniert. Auf Überlingen kommende Tausende Besucher an einem Wochenende zu, und auf Narrenmutter Wolfgang Lechler und Narrenvater Thomas Pross sehr viel Arbeit in den drei Jahren zuvor. Das nötigt ihnen Respekt ab. "Aber schon klar, dass wir das schaffen", sagt Lechler, "für unsere Freunde machen wir das gern".

Nachdem am Sonntagabend der Narrentag in Rottweil zu Ende war, "und dem Narrenmeister ein riesen Stein vom Herzen fiel, weil alles glatt über die Bühne ging", wie Pross sagt, habe die Rottweiler Zunft ihnen nicht nur Glück gewünscht, sondern auch die Unterstützung für 2020 zugesagt. Im Viererbund sei es selbstverständlich, dass man sich hilft. Lechler fand im Gespräch mit Rottweils Oberbürgermeister Ralf Broß auch dessen Bereitschaft zur Unterstützung des Überlinger Rathauses. Es werde ein Treffen mit den Narreneltern und den beiden Oberbürgermeistern geben. Ralf Broß und Jan Zeitler kennen sich bereits, weiß Pross, der seiner Hoffnung Ausdruck verleiht, dass Zeitler die Bedeutung eines Narrentags für Überlingen erkennt.

"Das ist ja die Eigenart des Viererbundes, dass alles sehr gepflegt zugeht."

Vom vergangenen Wochenende zog auch die Polizei eine positive Bilanz: "Der Rottweiler Narrentag mit insgesamt rund 40 000 Besuchern, mehr als 4000 Narren und 70 Besenwirtschaften ist im Großen und Ganzen reibungslos verlaufen", heißt es im Pressebericht. "Angesichts der Vielzahl an Besuchern und der etwa 70 eingerichteten Besenwirtschaften kann man von einem positiven und disziplinierten Verhalten der Feiernden sprechen."

Auch in Überlingen werde der Narrentag 2020 diszipliniert ablaufen, ist sich Narrenvater Thomas Pross so gut wie sicher. "Das ist ja die Eigenart des Viererbundes, dass alles sehr gepflegt zugeht." Hänsele, Schuttig, Fedrahannes oder Schantle seien durch die Bank Narrenfiguren, "die extrem auf ihr Häs achten, da ist alles piekfein". Selbstverständlich werde auch Party gemacht, "aber bei uns im Viererbund kennt man sich und passt aufeinander auf".

Der letzte Narrentag in Überlingen war im Jahr 2006, damals noch unter der Leitung der Narreneltern Heinz-Peter Fräntzki und Reiner Rammelt. Seitdem sind die Sicherheitsvorschriften verschärft worden, die Rottweiler sangen mit leicht genervter Stimme ein Lied davon. Nicht wissend, wie die Sicherheitslage 2020 sein wird, beantragt die Stadt Überlingen in den nächsten Wochen jedenfalls ganz offiziell die Gestattung zur Organisation des Narrentags 2020.

Denkt Pross an den Narrentag 2006 zurück, ist ihm besonders positiv in Erinnerung, dass die Euregia damals in Überlingen vor Anker lag und zur Besenwirtschaft umgebaut wurde. Ein einmaliges Erlebnis, das glücklichen Umständen zu verdanken gewesen sei, und innerhalb des Viererbundes nur Überlingen bieten kann.

Jetzt steht erst einmal noch die Fastnacht 2017 vor der Tür. Und Wolfgang Lechler freut sich. Nach seinem lebensbedrohlichen Zusammenbruch auf der Bühne 2015 könne er zwar noch nicht mit einem eigenen Stückle beim Narrenkonzert mitwirken, wie er wissen lässt. Er nehme jetzt aber sehr Vieles anders wahr, positiver, und erlebe die Fastnacht viel bunter.


Alte Wieber goes Schantle

Von Christian Filip Bicanic

Das Schwärmen über den Viererbund-Narrentag in Rottweil findet kein Ende. Auch nicht bei drei freudenstrahlenden Überlingerinnen, die es sogar schafften, quasi durch ein närrisches Hintertürchen aktiv am großen Umzug der vier Narrenzünfte teil zu nehmen.

Sie heißen Anita Maser, Edeltraud Häusler und Heike Roethel, ihres Zeichens besonders närrisch. In heimischen Gefilden sind sie als "Alte Wieber" unterwegs oder sehr ehrenvoll als Näherinnen für die Leih-Hänsele der Narrenzunft im Einsatz. Nun erlebte man sie auch beim Narrentag. Selbstredend nicht im Traditionshäs der stolzen Bodenseestadt, das Männern vorbehalten ist. Hänselegehen, das würden sich die drei Freundinnen niemals wagen. Warum auch, wenn doch zum Beispiel die Oberndorfer Zunft Abhilfe schafft. Natürlich nicht einfach mal so.

Tradition verpflichtet. Da braucht es schon Nähe und Vertrauen, gewachsen durch den Viererbund und durch persönlich enge Kontakte. So lernte Roethels Ehemann Burkhardt zu Bundeswehrzeiten Werner Guth aus Oberndorf am Neckar kennen. Längst sind beide Ehepaare enger befreundet. Und, wie es die Fügung so will, besitzen die Guths Oberndorfer Larven und Kleidle.

So kam, was irgendwann kommen musste, und die Schantle-Kleidle wurde zugeteilt. Nach erfolgreicher Anprobe folgte nun ein Verhaltens-Lehrgang im Wohnzimmer der Familie Guth. "Schon länger üben wir die Oberndorfer Sprüchle", verrät Anita Maser. Gleiches auch beim närrischen Ausruf "Ro-Ho-Ho". "Klingt so, als würde man sich eines Frosches im Hals entledigen", schmunzelt Maser, der unter der Larve dann aber doch auch mal ein Überlinger "Juhu" entfleuchte. Nach dem Umzug dann die Selbstkritik: Die Wurftechnik der auszugebenden Orangen sei durchaus noch verbesserungswürdig. Genauso der Umgang mit längerem Haupthaar: "Kratz dich mal an der Nase, wenn dich deine Haare dort kitzeln und du eine Larve auf hast", sagt Anita Maser nach diesem einmaligen närrischen Ausflug.