Überlingen Man muss ein in die Jahre gekommenes Gebäude nicht unbedingt abreißen, um den heutigen Anforderungen an eine zeitgemäße Nutzung gerecht zu werden. Dies beweist die Sanierung und der Umbau eines Wohn- und Geschäftshauses, das Anfang des 20. Jahrhunderts in der östlichen St. Ulrichstraße als „Villa Zeltz“ erbaut worden war. In dem auffälligen Gebäude, das von einem Eckturm und seinem Staffelgiebel geprägt wird, waren zuletzt eine größere Arztpraxis und eine Wohnung untergebracht. Nach Plänen von Architekt Thomas Pross konnte die Eigentümerin hier mit einem kleinen Anbau nun Raum für ein Büro, zwei attraktive Wohnungen in Erd- und Obergeschoss sowie eine zusätzliche Ferienwohnung schaffen.
Alle drei Wohnbereiche profitieren von der Panoramalage, die mit der neu geschaffenen Fläche auf ideale Weise zur Geltung kommt. Die große Terrasse auf dem Anbau gehört mit Blick auf den See zu den Besonderheiten. Damit die Sicht von den vorhandenen Balkonen der darunter liegenden Wohnungen möglichst wenig beeinträchtigt wird, wurden diese mit einer transparenten Glasfront gesichert.
Moderner Wohnkomfort und zeitgemäße Energieeffizienz trifft in dem sanierten Gebäude auf historische Bausubstanz, die zu einem großen Teil bewahrt werden konnte und die sich auch in manchen Details widerspiegelt. Sei es im Dachgebälk, in der Haustür, die im alten Stil erhalten bleiben soll, in einem von Holz geprägten Treppenhaus und in einigen bleiverglasten Fenstern, denen zur Wärmedämmung ein zusätzliches Fenster vorgesetzt wurde. In einem schönen Kontrast dazu steht der Ausbau der Ferienwohnung im zweiten Obergeschoss, von dem eine moderne Stahlkonstruktion hinauf zu einer weiteren kleinen Galerieebene führt. Energetisch ist das Gebäude auf dem höchsten Standard. Zwei große Wärmepumpen versorgen die Fußbodenheizung in Büro und Wohnungen. Lediglich in der Ferienwohnungen sind zusätzliche Heizkörper erforderlich.
Das bisherige Untergeschoss ist mit dem Umbau in zwei Bereiche gegliedert worden. Das dem See zugewandte Gartengeschoss hat eine Größe von rund 75 Quadratmeter und bietet künftig Raum für eine Anwaltskanzlei. Bodentiefe Fenster nach Süden belichten auch diese Büro optimal. Im zweiten separaten Bereich des Untergeschosses sind Keller- und Nebenräume für die Wohnungen entstanden.
Im Erdgeschoss, das zuletzt für eine Arztpraxis genutzt worden war, entstand eine große Eigentumswohnung mit fünf Zimmern und einer Grundfläche von rund 125 Quadratmetern. Den gleichen Umfang hat auch die Obergeschoss gelegene Mietwohnung. Beide Wohnungen verfügen mit dem neuen Anbau über große helle Panoramazimmer, die an die großen Raumhöhen des Bestands angepasst sind. An den bestehen Fassaden ist die Gliederung nach Möglichkeit in ihrer ursprünglichen Form beibehalten worden. Mit dem Ausbau des Dachgeschosses über zwei Ebenen schuf der Planer eine attraktive Ferienwohnung. Mit der Galerie weist sie eine Fläche von rund 150 Quadratmetern auf.
Der Anbau nach Südwesten entspricht im Volumen etwa dem nach Südosten gerichteten Bereich und sorgt auf diese Weise für eine neue Symmetrie und eine gewissen Harmonie der Giebelansicht. Für Architekt Thomas Pross ist der Umbau und die Modernisierung des über 120 Jahre alten Gebäudes der beste Beweis, wie man im Bestand eine zeitgemäße komfortable Nutzung ermöglichen kann.
Das Gebäude wirkt wie ein kleines Schlösschen
Überlingen Die ehemalige „Villa Zeltz“ zählt nicht nur zu den ersten Gebäuden überhaupt, die zu Beginn des 20. Jahrhundert in der östlichen St. Ulrichstraße und damit weit ab vom Stadtkern in attraktiver Aussichtslage gebaut worden waren. Knapp 20 Jahre zuvor war im Westteil der Straße das damalige Krankenhaus entstanden, wo sich heute noch das Alten- und Pflegeheim St. Ulrich befindet. Die hoch über dem Ostbahnhof liegende Villa Zeltz mit ihrem markanten Eckturm und einem prägnanten Staffelgiebel ragt bis heute aus dem begrünten Hang heraus und gehört beim Blick vom Seeufer zu den auffälligen Erscheinungen.
Dazu trägt auch die lebendige Dachlandschaft bei, über deren Turm der Wetterhahn vom Entstehungsjahr 1901 kündet. Die Baugenehmigung für das von Architekt Franz Schmal geplante Gebäude hatte Hermann
Levinger, damals Chef des großherzoglichen Bezirksamts, unterzeichnet. Die Umsetzung kontrollierte und bestätigte Franz Ilg, später Stadtbaumeister in Überlingen.
Die Gliederung der Baumassen mit gelegentlichen Vor- und Rücksprüngen einzelner Bauteile und einer durch den Eckturm besonders akzentuierten Dachlandschaft mache das Gebäude „nicht zuletzt wegen seiner exponierten Lage ortsbildprägend“, betonte das Landesdenkmalamt in einer Stellungnahme im Jahr 2003.
Die Voraussetzungen für eine Kulturdenkmaleigenschaft waren für die Experten allerdings nicht erfüllt, resümierte das Amt. Die wirkungsvollen Einzelelemente wie der Eckturm, das Treppenhaus und der Staffelgiebel stünden eher beziehungslos nebeneinander. Da auch keine heimatgeschichtlich relevanten Argumente bekannt seien, sei die Villa Zeltz „nach gegenwärtigem Kenntnisstand“ nicht als Kulturdenkmal zu betrachten, so das Landesdenkmalamt.