Hinter der Scheibe wartet der Genuss im Neonlicht. Ob Fanta, Duplo oder Yogurette. Ob Mikrowellen-Cevapcici, Kartoffelsalat oder Milchschnitte. Sie sind nur wenige Handgriffe entfernt. Und wer Verlangen nach Feta-Käse verspürt oder Butter braucht, ist hier richtig. Was fehlt, ist ein Kassierer. Gezahlt wird am Automaten – per Bargeld oder EC-Karte.
„Bringen mehr Lebendigkeit in die Stadt“
Er ist der erste seiner Art in Überlingen: Seit Dienstag, 23. Juli, ist der Automaten-Späti am Landungsplatz eröffnet. Betreiber des Geschäfts ist Inan Ödünc, Inhaber vom Inra Store, einem Shisha-Laden in der Franziskanergasse. Das Konzept des Automatenkiosks habe er von anderen Städten übernommen. „In Stuttgart, Berlin, Konstanz oder Friedrichshafen gibt es das längst“, sagt er. Länger habe er die Idee gehabt, konkret wurde es, als die Gewerbefläche gegenüber der Bushaltestelle frei wurde – hier direkt am Verkehrsknotenpunkt in der Stadtmitte.
Der beste Ort für dieses Konzept, dachte sich Ödünc, mit vielen Touristen, Tagesgästen und Ferienwohnungen im Umkreis. Sonst habe abends in der Innenstadt nichts Vergleichbares mehr offen. „Wir bringen mit dem 24/7-Betrieb auch ein bisschen mehr Lebendigkeit in die Stadt.“
Zahnpasta und Schwangerschaftstests
Das Angebot ist auf jegliche Bedürfnisse ausgelegt. Neben Snacks, alkoholfreie Getränke und Zigaretten gibt es auch Zahnpasta, Kondome oder Schwangerschaftstest. Das Ziel: eine möglichst große Zielgruppe ansprechen. Da er kein Personal für den Tages- und Nachtbetrieb bezahlen muss, rechnet er mit weniger Ausgaben als bei einem herkömmlichen Späti. „Die Kostenblöcke sind daher die Stromkosten, die Miete und die Produkte“, sagt der Betreiber.

Wenig überraschend ist, dass viele Produkte deutlich teurer sind als im Supermarkt. „Einkaufspreis mal zwei plus Mehrwertsteuer“, erklärt Ödünc seine Kostenformel. In der Realität heißt das: Eine Dose Fanta für 3 Euro, ein Knoppers für 1 Euro und Kerrygold-Butter gibt es für 3,50 Euro. Damit übertrifft der Laden auch so einige lokale Tankstellen.
Trotzdem ist Ödünc zuversichtlich, dass das Konzept funktionieren wird. Vor der Eröffnung habe er ein Video für Instagram produzieren lassen. 1500 Nutzer konnte er damit erreichen, zeigt er. „Ob das läuft, wird sich zeigen“, sagt der 32-Jährige.
Der vierte seiner Art
Der Überlinger Automatenladen ist nicht der erste in der Region. In Singen gibt es seit Oktober 2023 die Snackbar Sin-City. In Friedrichshafen hat zum Jahresbeginn die Waschbar geöffnet – ein Waschsalon mit Automaten, wo Häfler rund um die Uhr Süßigkeiten und Getränke kaufen können. Im März eröffneten auch in Konstanz die beiden Unternehmer Saliba Günes und Servet Karaaslan einen Automatenkiosk.

Hier in der Nähe von Hochschule und Seerhein ist das Angebot auf junge Konsumenten ausgelegt. Wenn man den vereinzelten Bewertungen auf Google Maps Glauben schenken will, sehen die Konstanzer Kunden vor allem die Preise kritisch, eine Tüte Nachos kostet hier beispielsweise 6,90 Euro. „Auswahl ist ok, aber es ist viel, viel zu teuer“, schreibt ein Nutzer.
Nachbarn und Automaten-Wehwehchen
Mitbetreiber Servet Karaaslan berichtet, dass das Geschäft in den ersten Monaten gut laufe. „Verkaufsschlager sind Getränke – ob mit oder ohne Alkohol.“ Ein Automat übernimmt beim Kauf von Alkohol die Ausweiskontrolle durch Scannen eines Ausweisdokuments oder das Einführen einer Bankkarte.
Eine Herausforderung sei anfangs dagegen die Situation mit den Nachbarn gewesen. Anfangs hätten sich Kunden nach dem Kauf vor dem Laden aufgehalten und seien laut gewesen. „Das gefiel den Nachbarn aber nicht“, berichtet Karaaslan. Mit ihnen wolle man aber gut auskommen, deshalb habe man Security-Mitarbeiter eingestellt, die dafür sorgen, dass die Kunden nach dem Kauf wieder gehen.
Obwohl die Personalkosten wegfallen, ein Selbstläufer sei der Laden nicht. „Viele denken: Ich stelle da mal einen Automaten auf und dann läuft das. Aber es gibt immer wieder Probleme mit den Maschinen oder Störungen, die behoben werden müssen“, sagt der Unternehmer. Die Automaten müssten auch befüllt werden und Ware nachbestellt werden. Sein Fazit ist weiterhin positiv. In Konstanz gebe es das ganze Jahr über Laufkundschaft. In Überlingen ist er gespannt, wie der Laden läuft. „Da ist im Winter vielleicht weniger los.“
Überlinger Späti soll kein „Treffpunkt“ sein
Wie das Wintergeschäft wird, kann Inan Ödünc nach einer Woche Betrieb nicht sagen. Die erste Woche sei aber erfreulich verlaufen, sagt er. „Die Umsätze sind gut.“ Vor allem Getränke wurden bei den hohen Temperaturen viel gekauft. Die Nachfrage nehme offenbar in den Abendstunden Fahrt auf, wenn die Supermärkte geschlossen seien. „Ab 20 Uhr geht es los, bis etwa 1 oder 2 Uhr“, sagt er.
Herausforderungen mit Nachbarn, so wie in Konstanz, gebe es nicht. Die Kunden würden den Laden nach dem Kauf verlassen, das habe er selber beobachtet. Die meisten Nachbarn seien Gäste in Ferienwohnungen und keine Dauerbewohner, sagt Ödünc. Da sehe er langfristig kein Problem. „Ein Treffpunkt soll der Späti auch nicht werden.“