Veränderungen können schmerzhaft sein, auch wenn sie unabwendbar erscheinen. „Zeitenwende“ ist ein Kapitel der jüngsten Publikation überschrieben, die den Strukturprozess der katholischen Kirche „K2030“ begründet und zu erklären versucht. Das Projekt versteht sich als „Reaktion der Erzdiözese Freiburg auf den kirchlichen und gesellschaftlichen Wandel“, wie es heißt, um ihren Auftrag, „die Verkündigung des Evangeliums“, auch künftig erfüllen zu können. Auch bei schwindender Personalstärke.
Dieser theoretische Anspruch an die bestehenden Strukturen verlangt der Basis einiges an praktischen Veränderungen ab. „Habt keine Angst und fürchtet euch nicht“ war der Pfarrbrief der Seelsorgeeinheit Überlingen zum Jahreswechsel überschrieben, als ob er der Gemeinde dringend Mut machen müsste. Denn nach mehrjährigen Diskussionen und Vorbereitungen im Hintergrund nimmt die katholische Zeitenwende jetzt konkrete Gestalt.
Sieben Seelsorgeeinheiten bilden neue Pfarrei Linzgau
Zum nächsten Jahreswechsel werden die 226 Seelsorgeeinheiten der Erzdiözese von heute aufgelöst und zum Jahresbeginn in 36 neue Pfarreien überführt. Die heutigen Seelsorgeeinheiten Sipplingen, Überlingen, Birnau, Meersburg, Salem-Heiligenberg, Deggenhausertal und Markdorf werden die neue Pfarrei Linzgau bilden. Wobei Markdorf Sitz der neuen Pfarrkirche werden wird. „Damit wird sowohl im Westen als auch Osten eine eucharistische Versorgung garantiert“, wird der Bedeutungsverlust Überlingens offiziell begründet. Als kirchenrechtlicher Name der neuen Pfarrei wurde „St. Nikolaus Linzgau“ gewählt. Damit werde das Patronat sowohl von Markdorf als auch Überlingen sowie die Bezeichnung der Raumschaft aufgegriffen. Der offizielle juristische Name der neuen Kirchengemeinde wird „Römisch-katholische Kirchengemeinde Linzgau-Bodensee“ sein.
Als „sukzessiven Switch“ bezeichnet Manfred Fischer den schrittweisen Übergang zur neuen Struktur, für den er selbst mit seiner Person steht. Der 58-jährige Theologe und studierte Philosoph ist seit 2012 Dekanatsreferent im Hegau und seit Dezember mit 30 Prozent seiner Arbeitskraft Projektkoordinator für das Dekanat Linzgau tätig. Damit ist Fischer vor Ort der erste Repräsentant des Leitungsteams für die Katholische Kirche Linzgau-Bodensee, die mit den Strukturwandel zum Jahreswechsel 2025/2026 Wirklichkeit wird.

Moderiertes Gespräch mit künftigen Repräsentanten
Zumindest die meisten Namen der weiteren Hauptrepräsentanten stehen auch schon fest – mit dem designierten Dekan und Leitenden Pfarrer Matthias Zimmermann, seinem Stellvertreter Norbert Nutsugan und mit dem Pfarreiökonomen Wolfgang Sessler. „Da waren‘s schon mal 4!“ ist daher auch die Einladung zu einem Feierabendhock überschrieben, der am Freitag, 14. März, im Bildungshaus Hersberg als „Talkrunde“ mit dem Leitungsteam der neuen Pfarrei stattfinden wird. Es handelt sich um ein moderiertes Gespräch mit den künftigen Repräsentanten der katholischen Kirche in der Region.
Mit einem Augenzwinkern kommentiert Manfred Fischer seinen schrittweisen Wechsel an den Bodensee: „Ich mag den Begriff des ‚sukzessiven Switch‘, den die diözesane Projektleitung von ‚K2030‘ ausgegeben hat. Das setzen wir jetzt schon mal personell um. Damit kann ich mit den jetzigen Leitungsverantwortlichen sicherlich einen Beitrag zu einem segensreichen Übergang in die neuen Pfarreien leisten.“ Darum bemüht sich Fischer im Moment mit dem noch amtierenden Dekan Peter Nicola in Salem.
Für Dekan Nicola läuft der Countdown zum Wechsel
Für Nicola läuft allerdings der Countdown. „Wer länger als acht Jahre in einer Leitungsfunktion war“, erläutert Fischer die Vorgaben, „der kann nicht die neue Leitungsfunktion an gleicher Stelle übernehmen.“ Damit solle verhindert werden, dass ein Geistlicher die gleiche Funktion „über 20 oder 25 Jahre hinweg“ ausübe. Diese Vorgabe aus Freiburg sei neu gewesen und habe für viele Irritationen gesorgt. So wird Nicola künftig die Pfarrei St. Fridolin um Bad Säckingen und im Südschwarzwald betreuen.
Dekan und Leitender Pfarrer für die Kirchengemeinde Linzgau-Bodensee wird Matthias Zimmermann, der derzeit noch Dekan im Hegau ist. Dass beide ihre angestammte Funktion gerne weiter ausgeübt hätten, räumt Koordinator Fischer durchaus ein. „Ich träume von einer lebendigen Kirche, in der es einen intensiven und kontroversen Austausch über die Frohe Botschaft gibt“, wird der künftige Dekan Zimmermann in einer Presseinformation des Projektteams zitiert. „Diese Kirche ist bunt und vielgestaltig, in ihr wird das Allumfassende gelebt und erfahrbar gemacht.“