Die Außentemperatur liegt bereits kurz nach Acht bei 17 Grad, es ist windstill an diesem Samstagmogen und die Sonne kündigt sich an. Das Wetter meint es gut mit den 84 Teilnehmern des einzigen Freischwimm-Wettbewerbs des gemeinnützigen Vereins „Bodensee Openwater“, der in diesem Jahr im beziehungsweise auf dem Bodensee stattfinden kann. Die Termine für fünf und elf Kilometer mussten die Veranstalter coronabedingt absagen, es sei kein ausreichendes Trainieren aufgrund der Gegebenheiten im Vorfeld möglich gewesen. Die Sicherheit und Gesundheit der Teilnehmer gehe hier vor.
Für die Sicherheit am Veranstaltungstag sorgt der DLRG Bodenseekreis mit Einsatzleiter Carsten Mücke und seinem Team. Die Pandemie allerdings spielt auch beim Wettbewerb eine Rolle: Um genug Abstand einhalten zu können, schwimmen die Teilnehmer in Dingelsdorf in Zehnergruppen und im einminütigen Rhythmus los. „Wir sind froh, dass endlich wieder etwas stattfindet“, betont Teilnehmerin Marianne Kühmel-Saleh, die seit 1986 an Triathlons teilnimmt und drei- bis viermal im Jahr an einem Freischwimmwettbewerb.

„Das Wasser war heute schön, das Wetter war schön. Nur mit dem Orientieren ist das immer so eine Sache: Ich hatte mir einen Scheinwerfer am Ufer als Punkt ausgesucht und der wurde dann ausgeschaltet.“ Sie lacht und ergänzt, dass sie nach ein paar geschwommenen Bögen einen neuen Orientierungspunkt gefunden habe.

Orientierung als die größte Herausforderung
Rudi Haug aus Neckartenzlingen freut sich ebenfalls über die Gelegenheit, in einem See zu schwimmen, wollte aber eigentlich am Wettschwimmen über fünf Kilometer teilnehmen, das abgesagt werden musste. Die Erfahrung war neu für ihn, der sonst im Hallen- und Freibadbecken schwimmt: „Wir haben zwar einen kleinen See bei uns in der Nähe, den Aileswasensee, aber der wurde aktuell sogar wegen Überfüllung geschlossen. Auch sonst ist er nicht so gut zum Trainieren geeignet.“ Für ihn sei ebenfalls die größte Herausforderung die Orientierung gewesen: „Ich war froh, als ich die Fahnen am Ufer ausmachen konnte.“ Eines weiß er jetzt schon: Im nächsten Jahr möchte er wieder dabei sein, dann bei der doppelten Strecke.

Annika Hodapp ist das Schwimmen ohne Beckenrand gewöhnt. Sie kommt aus Karlsruhe, schwimmt normalerweise längere Strecken „frei“ und war an diesem Tag die Schnellste. Den für sie ungewohnt kurzen Aufenthalt im Wasser hat sie dennoch genießen können: „Es war total ruhig heute. Ich konnte der Sonne beim Aufgehen zuschauen, obwohl die Strecke ja sehr kurz war und ich nur eine halbe Stunde im Wasser war.“
Teilnehmer loben die „tolle Organisation“
Heike Barkhorn, Markus Heidenreich, Thomas und Dorit Hartmann sind zusammen aus Esslingen, Stuttgart und Backnang angereist. Heidenreich hatte bereits im Vorjahr am Freischwimmen über fünf Kilometer teilgenommen und war davon absolut begeistert: „Es ist toll organisiert, die Stimmung war prima.“ Als er erfahren habe, dass der Termin trotz Corona stattfinden könne, habe er seine Freunde angerufen: „Das war eine Sache von einem Nachmittag: Die Entscheidung fiel sofort.“

Organisation ist Familiensache
Die Stimmung, die die Gäste genießen, hat viel damit zu tun, dass der Wettbewerb nicht nur familiär wirkt, sondern familiär ist. Patrick Boche und Jörg Baumann hatten die Idee zum Freischwimmen im Bodensee. Zu dritt fing alles vor fünf Jahren an. „Dann wollten mehr Leute dabei sein, aus drei wurden elf, aus elf 30“, schildert Simone Baumann-Boche. Gemeinsam hätten sie den Verein „Bodensee Openwater“ gegründet, Patrick Boche ist Vorsitzender, Baumann sein Stellvertreter. An den Wettbewerbstagen packen zusätzlich ihre Kinder gemeinsam mit ihren Partnern mit an.

Veranstaltungsdimensionen wachsen von Jahr zu Jahr
Baumann-Boche kümmert sich um die Verpflegung. Beim ersten Termin habe sie die drei Schwimmer bereits mit selbst gebackenem Kirschkuchen und Kartoffelsuppe nach eigenen Rezept bewirtet. Daraus sei eine kleine Tradition geworden, die Suppentopfgröße wuchs mit der Teilnehmerzahl mit. Sie lacht und erklärt: „Erst war es ein Topf, dann ein sehr großer Topf. Dann brauchte ich einen zusätzlichen.“ Das Catering habe in diesem Jahr pausieren müssen: coronabedingt. Das Wachstum der Veranstaltung wird trotzdem sichtbar: Das Auto, mit dem sie das Gepäck der Teilnehmer vom Start zum Ziel fahren, habe anfangs für alles ausgereicht. Dann sei eine Dachbox dazugekommen und in diesem Jahr habe der Platz trotz Anhänger nicht für alle Habschaften ausgereicht. Zwei Fahrräder warteten nun in Dingelsdorf auf ihre Besitzer: „Nächstes Mal brauchen wir dann wohl einen Transporter.“