Man kann sich den Schrecken bildlich vorstellen, der im Rathaus herrschte, als unerwartet eine Rechnung des Stadtwerks am See auf den Tisch flatterte. Einige hunderttausend Euro schwer, soll man für Brunnenwasser nachzahlen, das in den vergangenen neun Jahren dahingeflossen ist.
Als das Wasser noch über die alten Stadtwerke Überlingen (SWÜ) abgerechnet wurde, juckte das keinen. Eine Hand wusch die andere. Doch heute reibt man sich nur beim Gesellschafter Friedrichshafen die Hände – beim größeren Partner, der mit Überlingen gemeinsam seit 2012 das neue Stadtwerk (SWSee) trägt.
Es ist ökonomisch fragwürdig, Leitungswasser statt Quellwasser durch einen Brunnen zu schicken. Es stellt auch einen ökologischen Irrsinn dar. Als man umstellte, waren die Brunnen keine Viehtränken mehr, Badezimmer hat heute auch fast jeder. Sie erfüllten in den vergangenen Jahren also vorwiegend die Funktion, hübsch vor sich hinzuplätschern.
Mal wieder wurden Bürger nicht einbezogen
Jeden der oben genannten Satz kann man kritisieren, man kann Brunnen wichtig finden, oder sie auch als unnötige Relikte der Vergangenheit entsorgen. Ja, man kann in ihnen auch ein Blümchen pflanzen. Die Quelle des Übels bei dieser Art der Brunnenputzete ist es aber doch, dass die Ortsvorsteher entweder schliefen, als die Stadtverwaltung ihnen das Thema auftischte. Oder dass die Stadtverwaltung für sich die Unfehlbarkeit beanspruchte, als sie nicht nachhakte, als von den Dorf-Chefs keine Rückmeldung kam. Beides zeugt davon, dass die betroffenen Bürger mal wieder nicht in die öffentlich zu führende Debatte einbezogen worden sind.
Die mit Verspätung nun geführte Brunnendebatte ist geradezu symbolisch. Man fragt sich deshalb, ob es vielleicht hilfreich wäre, wenn jemand einen Zettel an die Rathaustüre nagelte, auf dem zu lesen ist: Diese Stadt gehört den Bürgern.
Die Unzufriedenheit über die Kommunikationsdefizite zwischen Rathaus, Rat und Bürgern steigt zunehmend, wie der Druck in einer zugefrorenen Wasserleitung, die irgendwann platzt. Um im Bild zu bleiben: So lang es frostig bleibt, bemerkt den Rohrbruch keiner. Danach ist es zu spät.