Weinbaubetriebe sind auf ein wichtiges Material angewiesen: Glas. Es ist seit Monaten knapp. Die Winzer vom Bodensee müssen flexibel reagieren, wenn es um Glasflaschen geht. Viola Kress vom gleichnamigen Weingut in Überlingen berichtet: „Die Lage verändert sich stetig, die Lieferzeiten, die Verfügbarkeiten, die Preise. Wir versuchen, langfristig zu planen, mit guten Handelspartnern.“

Und wenn die bevorzugten Flaschen nicht erhältlich sind? Viola Kress sagt: „Wir sind teilweise schon auf andere Flaschenformate ausgewichen, wenn die Lieferung ins Stocken gerät. Das bedeutet dann auch aufwendige Anpassung der Umkartons.“ Zusätzlich zur Verknappung fallen Preissteigerungen an. „Die Preise steigen in allen Bereichen. Das betrifft sämtliche Produkte und Dienstleistungen: Kartonagen, Verschlüsse, Etiketten, Logistik und mehr. Von unseren Lieferanten erhalten wir gefühlt wöchentlich neue Preislisten.“

Ein Glas Wein, eingeschenkt mit dem Bodensee in Meersburg im Hintergrund. Die aktuellen Verknappungen und Preissteigerungen betreffen ...
Ein Glas Wein, eingeschenkt mit dem Bodensee in Meersburg im Hintergrund. Die aktuellen Verknappungen und Preissteigerungen betreffen die Weinbaubetriebe massiv. | Bild: Santini, Jenna

Im Winzerverein Hagnau ergibt sich ein ähnliches Bild. „Bei den Flaschen hatten wir aktuell keine Probleme. Wir haben gute Lieferanten und vorsorglich auf Vorrat bestellt“, erklärt Geschäftsführer Tobias Keck. Aber: Der Jahrgang 2022 werde derzeit gelesen. „Hier hoffen wir auf weitere Lieferungen der Lieferanten und haben Verschlüsse und so weiter schon für das nächste Jahr bestellt.“

Drei Weinbaubetriebe am Bodensee

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Tobias Keck gibt ebenfalls Einblick in das Thema Preissteigerungen. „Die Flaschen sind natürlich teurer geworden. Wie es weitergeht, werden wir sehen.“ Auch ganz allgemein ist der Weinbau von Teuerungen betroffen. So sei der Mindestlohn Thema, der zum 1. Oktober auf 12 Euro brutto je Stunde erhöht wird.

Jürgen Dietrich, Direktor des Staatsweinguts Meersburg, erklärt: „Glasflaschen gibt es nur noch zum Tagespreis“ – wie bei den Rohstoffen im Handwerk. Er erhalte Kataloge, in denen ständen gar keine Preise mehr. Auch bei der Lieferung gibt es Verschiebungen: „Man schwimmt da ein bisschen.“ Von seinen Standardflaschen musste das Staatsweingut noch nicht abrücken. Bei den Farben war jedoch bereits Flexibilität gefragt. „Wenn man die Farbe, die man braucht, gerade nicht kriegt, muss man mal auf Braun ausweichen“, nennt Dietrich ein Beispiel. Betroffen waren bisher nur kleine Mengen.

Jürgen Dietrich, Direktor des Staatsweinguts Meersburg
Jürgen Dietrich, Direktor des Staatsweinguts Meersburg | Bild: Santini, Jenna

Sorgenvoller blickt Dietrich in den März 2023. Dann muss der Jahrgang 2022 abgefüllt werden. Doch die Glashütten seien nicht dazu bereit, Vorbestellungen entgegenzunehmen. „Die Glashütten können keine Preise mehr zusagen. Sie wissen auch nicht, wie es mit dem Gas weitergeht. Reicht es, wird es knapp, wird es abgestellt“, sagt der Staatsweingut-Direktor.

Muss der Wein also teurer werden?

Bedeutet all das, dass der Wein in Zukunft teurer werden muss? Viola Kress sagt: „Wir hoffen, dass wir noch mal gut ums Jahr kommen. Tendenziell ist aber damit zu rechnen. Eine gewisse Zeit kann man die Differenz puffern. Irgendwann geht das aber nicht mehr.“ Tobias Keck vom Winzerverein Hagnau kündigt an: „Wie die Preise im nächsten Jahr aussehen, entscheiden wir gegen Ende des Jahres.“ Konkret wird ebenso Weingutsdirektor Jürgen Dietrich: „Ein klares Ja. Es geht gar nicht anders. Da können wir nichts dazu.“ Zum 1. November wird das Staatsweingut die Endverbraucherpreise knapp 10 Prozent erhöhen.

Tobias Keck, Geschäftsführer des Winzervereins Hagnau
Tobias Keck, Geschäftsführer des Winzervereins Hagnau | Bild: Uwe Petersen

Einen Anteil daran hat – neben Material- und Energiekostensteigerungen – die Mindestlohnerhöhung. Die Erhöhung zum 1. Oktober ist der letzte von drei Schritten in diesem Jahr. Jürgen Dietrich spricht von insgesamt 22 Prozent. „Das ist keine Kleinigkeit. Wir haben Sonderkulturen, die viel Handarbeit erfordern“, erläutert Dietrich. Das Staatsweingut hat aufgrund der vielen Flächen in Steillage 60 Prozent Lohnkostenanteil. Dort funktioniert die Bewirtschaftung nur per Hand.

Bedenken, dass ein Strukturwandel ansteht

„Das können sie nicht irgendwo in der Kalkulation rausdrücken“, sagt der Weingutsdirektor. An der Preiserhöhung wird das Staatsweingut Dietrich zufolge „keinen Cent“ verdienen. Er hofft, dass sie die Kunden mittragen und man so einigermaßen zurechtkommt. Gleichzeitig denkt er an andere Betriebe, etwa die Obstbauern. Dietrich befürchtet: „Wenn wir die höheren Preise am Markt nicht durchsetzen können, geht das Betriebesterben los.“ Am Bodensee seien viele mit Ferienwohnungen breiter aufgestellt, aber in anderen Regionen könnte schnell ein Strukturwandel einsetzen, meint Dietrich.