Zugegeben, es gibt schlechtere Plätze für ein Standesamt. Ein Trauzimmer im Grünen mit Blick auf Berge und See. Doch es gibt nicht wenige, die sich an diesem privilegierten Standort für die Adresse Bahnhofstraße 19 noch angemessenere Nutzungen vorstellen könnten, von denen auch die Öffentlichkeit profitieren würde.

Einst diente das verträumt gelegene Gebäude in den Villengärten als sogenanntes Haus des Gastes mit einem Leseraum, zwischenzeitlich betrieb Lilly Heuer ein kleines unscheinbares Café und zuletzt war das „Haus am See“, wie es heute heißt, der ideale Standort für die Organisation und Verwaltung im Herzen der Landesgartenschau. Im Oktober 2022 war der Mietvertrag mit der LGS GmbH ausgelaufen.

Bereits zuvor hatte die Stadt einen Ideenwettbewerb für ein zukunftsträchtiges Nutzungskonzept ausgeschrieben, der allerdings einige Hürden aufwies und am Ende doch zu keinem Ergebnis führte. So sollte das Haus zu einem willkommenen Ausweichquartier für die Verwaltung werden und beherbergt derzeit das Standesamt und das Sachgebiet Integration der Abteilung Bürgerservice.

Nicht noch eine Anwaltskanzlei direkt am See

Doch der Reihe nach. Um Interessenten an der Immobilie hatte sich die Stadt nie zu sorgen gebraucht. Die waren schon seit Jahr und Tag immer wieder beim Liegenschaftsamt vorstellig geworden. Die Stadt weiß allerdings nur zu gut um die besondere Qualität des Standorts und die Sensibilität des Themas.

Eine besondere Perle im Überlinger Immobilienbestand ist das Gebäude Bahnhofstraße 19 in den Villengärten. Das Haus war im Jahr 1862 ...
Eine besondere Perle im Überlinger Immobilienbestand ist das Gebäude Bahnhofstraße 19 in den Villengärten. Das Haus war im Jahr 1862 erbaut worden, 1956 konnte es die Stadt aus Privatbesitz erwerben. (Links im Bild das neue Pflanzenhaus) | Bild: Hanspeter Walter

„Wir wollen das Haus nicht einer Anwaltskanzlei geben“, hatte Oberbürgermeister Jan Zeitler im Frühjahr 2022 bei der Beratung im Gemeinderat betont. Deshalb wurde ein Ideenwettbewerb für die künftige Nutzung des Kleinods ausgelobt, den Jürgen Jankowiak von der Überlingen Marketing und Tourismus (ÜMT) dem Gemeinderat damals zum Beschluss vorlegte.

Erstes und wichtigstes Kriterium aus Sicht der Stadt war, dass „das Gebäude (mindestens das Erdgeschoss) sowie der umgebende Garten für die Öffentlichkeit zugänglich und regelmäßig nutzbar sein“ müssen, wie es im damaligen Ausschreibungstext hieß. Dann folgte auch schon die Bedingung, dass der Nutzer „für einen adäquaten Erhalt der Gebäudesubstanz“ zu sorgen hat. Wobei das zugige Gebäude mit seinem feuchten Keller, nicht nur energietechnisch Nachholbedarf hat, wie das Team der Landesgartenschau zuvor am eigenen Leib erfahren hatte.

Zwei Interessenten legten Konzepte vor

Die Bedürfnisse von Einheimischen als auch von Tages- und Übernachtungsgästen sollten auch künftig wieder in die Konzeption eingebunden werden. Wobei die Positionierung Überlingens als Garten- und Gesundheitsstadt über das Angebot zusätzlich gestärkt werden möge, hatte die Kommune ein Jahr nach der Landesgartenschau gewünscht. Zu guter Letzt werde auch noch positiv gesehen, „wenn möglichst viele Aktivitäten für die Winterzeit (November bis März) angestrebt werden, im Sinne der Bemühungen zur Saisonverlängerung“, hieß es weiter.

„Aufgrund dieser Ausschreibung haben mehrere Ortstermine mit Interessenten stattgefunden“, erinnert sich ÜMT-Geschäftsführer Jürgen Jankowiak. Zwei der Bewerber hätten damals ein Nutzungskonzept eingereicht und dies der Projektgruppe Gastro des Gemeinderats im November 2022 vorgestellt. Im Frühjahr 2023 sei dann allerdings die Entscheidung zur Nutzung als Bürofläche für die Stadt Überlingen gefallen. Dabei scheint es bis auf Weiteres zu bleiben.

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Konzepte sollen weiter ausgearbeitet werden

Nachdem der massive Sanierungsbedarf am Verwaltungsgebäude Torhaus offensichtlich geworden war, erwies sich das Gebäude in den Villengärten als ideale Zwischenstation für einige städtische Anlaufstellen, um für die Umbaumaßnahmen im Torhaus Luft zu haben. Die hatten sich zwischenzeitlich als immer umfangreicher erwiesen und schlagen nach aktueller Kalkulation mit rund 4,6 Millionen Euro zu Buche. Zuletzt hatte Josephine Kühn von der Abteilung Baumanagement in ihrem Bericht Ende April einen Abschluss der dortigen Bauarbeiten und eine komplette Nutzung des Verwaltungsgebäudes für das dritte Quartal 2025 in Aussicht gestellt.

Nachdem der Ideenwettbewerb zur Nachnutzung der zwischenzeitlichen Landesgartenschauzentrale am Ende aus Sicht der Stadt ohne Ergebnis ...
Nachdem der Ideenwettbewerb zur Nachnutzung der zwischenzeitlichen Landesgartenschauzentrale am Ende aus Sicht der Stadt ohne Ergebnis geblieben war, zogen 2023 das Standesamt und das Sachgebiet Integration hier ein. | Bild: Hanspeter Walter

Die Verwaltung bleibt im „Haus am See“

An einen Auszug aus dem „Haus am See“ denkt die Verwaltung im Moment allerdings noch nicht, wie aus der Antwort auf eine Anfrage des SÜDKURIER hervorgeht. Für das weitere Vorgehen sei 2022 festgelegt worden, dass die jeweiligen Konzepte durch die Bewerber weiter ausgearbeitet und angepasst werden sollten. „Hierzu haben damals in der Folge weitere Ortstermine mit den Interessenten, u.a. auch eine Konzeptvorstellung mit dem Landesamt für Denkmalpflege, stattgefunden“, informierte die Pressestelle nun: „Im Laufe des Verfahrens hat sich jedoch gezeigt, dass alle Interessenten nicht die erforderlichen Investitionen stemmen konnten oder wollten.“ Zudem sei im Frühjahr 2023 die Entscheidung zur Nutzung als Büroflächen für die Stadt Überlingen gefallen. „Daher ruht derzeit das Verfahren zur Nachnutzung des Gebäudes seitens der ÜMT.“