Seit einem halben Jahr ist Jannik Vester (31) Klimamanager bei der Stadtverwaltung und sieht sich hohen Erwartungen ausgesetzt. Nach einer längeren Vakanz hat er die Nachfolge von Melissa Siegl angetreten, die im Rahmen eines Förderprogramms knapp zwei Jahre lang unter anderem an einem Klimaschutzkonzept gearbeitet hat. Möglichst viel davon zügig umzusetzen, dazu will Vester beitragen, der selbst ein Studium des nachhaltigen Wirtschaftens absolviert hat.
Was treibt den jungen Mann an? Unter anderem ist es auch eine ganz persönliche Motivation. „Ich habe zwei kleine Kinder im Alter von eineinhalb und vier Jahren“, sagt Jannik Vester: „Ihnen will ich auch sagen können: Der Papa macht was für das Klima.“ Deshalb ist er froh über alle aktiven Bürgerinnen und Bürger, die sich engagieren und im Grunde mit ihm an einem Strang ziehen – für eine baldige Klimawende. „Ich freue mich sehr über die Gruppe Local Zero“, erklärt Vester: „Wir sind auch regelmäßig in einem positiven Austausch miteinander.“
Neue Energiemanagerin startet im Dezember
Dass die Gruppe mit ihrer Forderung nach einer klima- beziehungsweise CO₂-neutralen Stadt bis 2035 noch ehrgeizigere Ziele hat als die Verwaltung, die sich mit dem Landesziel 2040 schon genug gefordert sieht, kann ihm nur recht sein. Ob dies realistisch ist, kann und will Jannik Vester im Moment gar nicht beurteilen.
Doch es scheint allmählich Bewegung in die Sache zu kommen. „Das wird es auch Zeit“, räumt Baubürgermeister Thomas Kölschbach ein, der am Anfang des Gesprächs mit seinem Klimamanager kurz dabei ist. Nach mehreren Ausschreibungen habe die Stadt nun auch eine Energiemanagerin gefunden, die zum 1. Dezember über ein auf drei Jahre befristetes Förderprogramm eingestellt werden könne. Zudem laufe derzeit die Ausschreibung für einen Mobilitätsmanager, sagt Kölschbach. Bereits seit 1. Oktober beschäftigt die Stadtplanung eine Landschaftsplanerin, die sich zu 50 Prozent mit der Biotopplanung für die ganze Verwaltungsgemeinschaft mit Owingen und Sipplingen befasst.
Stadt muss ein Vorbild sein
Bereits eingearbeitet hat sich Klimamanager Vester. Bei seiner Vorstellungsrunde in den verschiedenen Abteilungen konnte er nicht nur bisweilen gute Ratschläge für klimafreundlichere Maßnahmen geben. „Klimaschutz ist eine Querschnittsaufgabe“, betont Vester. Er habe auch erfahren, dass hinter den Kulissen bereits viele Dinge auf den Weg gebracht worden seien. Vorbildlich sei zum Beispiel das Konzept zur Aufnahme des Oberflächenwassers im künftigen Baugebiet Südlich Härlen. „Das ist richtig toll“, sagt der Klimamanager. Die Versickerung der Niederschläge auf dem Gelände ist zum einen umweltfreundlich und spart Energie und Volumen in der Kläranlage. Auch beim Amt für Grünflächen und Forst sie schon sehr viel zur Förderung der Biodiversität getan worden.
Überhaupt müsse die Stadt Vorbild sein, für die Bürgerinnen und Bürger und diese zu klimabewusstem Verhalten und zu Investitionen ermutigen. So sei auch der neue Ausrückebereich Ost der Feuerwehr mit einer großen Photovoltaikanlage (knapp 70 kWp) ausgestattet, die das Landschaftsbild nicht störe. Die nächsten Stromerzeuger werden demnächst auf dem Neubau der Kindertagesstätte am Schättlisberg installiert. Diese Aktivitäten der Kommune könnten zur Nachahmung auch im Kleinen anregen, hofft Jannik Vester. Zumal die Solarmodule inzwischen sehr preiswert geworden seien, wie er sagt.

Neue Gelegenheiten haben Verwaltung und Gemeinderat auch mit den geänderten Festsetzungen in der Altstadtsatzung jetzt geschaffen. „Eine wichtige Aufgabe wird auch die Information und Kommunikation sein“, erklärt Jannik Vester. Auch bei der Vermeidung von Treibhausgasen steckt das große Potenzial im Kleinen, wie die Erhebungen für das städtische Klimaschutzkonzept gezeigt hatten. Nahezu 40 Prozent des Kohlendioxids gehen auf die Privathaushalte zurück und 33 Prozent auf den Verkehr. Mit rund acht Prozent ist das produzierende Gewerbe, mit weniger als zwei Prozent sind die kommunalen Liegenschaften an den Treibhausgasen beteiligt.
Daran arbeitet der neue Klimamanager gerade
Breit angelegt, sieht er sein Aufgabenspektrum. In Arbeit ist derzeit ein Konzept für eine Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in der Stadt. Mit einem Anteil von 4,5 Prozent an rein elektrisch betriebenen Autos liege die Stadt über der bundesweiten Quote von nur 2,9 Prozent. Vester: „Das ist erfreulich und zeigt, dass wir auf einem guten Weg sind!“
Zu den wichtigsten Feldern beim Klimaschutz gehören Heizung und Wärme. Auf Grundlage der Ende 2023 verabschiedeten kommunalen Wärmeplanung werden derzeit zwei Projektskizzen für Machbarkeitsstudien zu Nahwärmenetzen in den Gebieten Burgberg und Schulcampus eingereicht. Nach Erhalt der Förderzusage, die voraussichtlich drei Monate Bearbeitungszeit in Anspruch nehmen wird, ist der Beginn der Machbarkeitsstudien für Anfang 2025 vorgesehen. Die Durchführung der Studien wird jeweils rund 12 Monate dauern. Die Machbarkeitsstudie für die Altstadt wird in Zusammenarbeit zwischen den Stadtwerken am See und der Stadt Überlingen vorangetrieben und befindet sich nicht im Stillstand. Auch hier ist, abhängig von der Förderzusage, ein Start für Anfang 2025 geplant.
„Wir sind dabei, in der Abteilung für Stadtplanung und Klimaschutz ein junges, dynamisches und engagiertes Team aufzubauen“, betont Jannik Vester: „Unser Ziel ist es, die Klimaziele mit großer Sorgfalt und Entschlossenheit zu verfolgen. Wir freuen uns darauf, zukünftig weitere motivierte Mitstreiterinnen und Mitarbeiter in unserem Team willkommen zu heißen.“