2022 war das Jahr der Führerscheinprüfungen. Zahlreiche junge Menschen holten das nach, was in der Corona-Zeit nicht möglich war und absolvierten ihre theoretische und praktische Fahrprüfung. Allein in der Fahrschule Kracheel in Überlingen wurden im Vorjahr etwa 200 Prüfungen bestritten, circa 100 davon für den Führerschein der Klasse B.
„Es waren wirklich viele Prüfungen“, sagt Fahrschulinhaber Carlo Kracheel. Das sei auch der Pandemie geschuldet. Denn in den Corona-Jahren gab es zwar Anmeldungen, doch während der Lockdowns konnten die Fahrstunden nicht stattfinden. „Von den Prüfungen, die stattgefunden haben, wurden die meisten erfolgreich beendet“, berichtet Kracheel.
Mehr Prüflinge fallen durch
Der Fahrlehrer schätzt die Nicht-Bestehens-Quote in der praktischen Prüfung auf etwa zehn bis 20 Prozent. Damit geht die Überlinger Fahrschule jedoch nicht mit dem Trend. Denn wie Jochen Klima vom Fahrlehrerverband Baden-Württemberg mitteilt, bestanden 27,6 Prozent der Fahrschüler im Land im vergangenen Jahr die praktische Prüfung für den Führerschein nicht.

Bei den theoretischen Prüfungen fielen sogar 40 Prozent der Fahrschüler durch. Wie der TÜV Süd in einer Mitteilung schreibt, ist die Nicht-Bestehens-Quote in den vergangenen zehn Jahren um etwa zehn Prozentpunkte angestiegen. Diese Entwicklung kann in der Fahrschule Kracheel zwar nicht bestätigt werden, doch der Inhaber bekräftigt, dass auch bei ihm mehr Schüler durch die Theorieprüfung fallen als noch vor fünf bis zehn Jahren.
Aus Sicht von Kracheel liegt das nicht an den Anforderungen, die seien über die Jahre hinweg etwa gleichgeblieben. Es liege, so der Fahrlehrer, mehr am Willen des Einzelnen. „Um die Theorieprüfung zu bestehen, braucht es viel Eigeninitiative. Meinen Beobachtungen zufolge hat der Ehrgeiz in dieser Hinsicht abgenommen“, erzählt Kracheel. Er vermutet: „Den jungen Menschen ist der Führerschein heute nicht mehr so wichtig wie früher.“

Der Fahrschulinhaber vergleicht den Führerschein der Klasse B mit den Zweiradklassen. Bei Schülern, die beispielsweise einen Motorradführerschein machen möchten, sei die Nicht-Bestehens-Quote bei der Theorieprüfung deutlich geringer. „Hier merkt man, dass die Schüler den Führerschein wirklich haben wollen. Den Autoführerschein macht heute der ein oder andere nur, damit er ihn eben macht. Nicht, weil er ihn wirklich will.“
Anforderungen bei Praxisprüfung steigen
Durchaus gestiegen seien die Anforderungen an die Schüler jedoch bei der praktischen Prüfung. „Die Dauer der Prüfung wurde bei allen Führerscheinklassen erhöht, bei der Klasse B von 45 Minuten auf 55 Minuten“, nennt Kracheel ein Beispiel. „Das bedeutet, die Prüflinge haben mehr Zeit, um Fehler zu machen.“ Insgesamt habe auch der Verkehr auf der Straße zugenommen.
Waren es früher vielleicht Fahrradfahrer, auf die die Schüler Rücksicht nehmen mussten, sind es mittlerweile auch Menschen auf dem E-Bike oder E-Scooter. „Die werden von Verkehrsneulingen gerne unterschätzt.“ Hinzu kommen technische Komponenten, die mittlerweile zusätzlich abgefragt werden. So müssen Fahrschüler etwa den Tempomat bedienen können.
„Die Schüler kommen mit deutlich weniger Vorkenntnissen zur Fahrschule als früher.“Carlo Kracheel, Inhaber Fahrschule Kracheel in Überlingen
„Mir persönlich fällt im Gesamtbild auf, dass die Schüler mit deutlich weniger Vorkenntnissen zur Fahrschule kommen als früher“, sagt Carlo Kracheel. Das könne aus seiner Sicht damit zusammenhängen, dass Jugendliche heutzutage nicht mehr aktiv neben ihren Eltern im Auto sitzen und den Verkehr beobachten, sondern oft am Handy herumspielen.
In der Folge brauchen die Schüler mehr Fahrstunden als noch vor zehn Jahren. Etwa 20 bis 30 Stunden sind es durchschnittlich in der Fahrschule Kracheel, hinzu kommen die zwölf Sonderfahrten am Ende der Ausbildung. „Dadurch steigen natürlich auch die Kosten für den Führerschein“, weiß Kracheel.
Führerschein kostet mittlerweile 3000 bis 3500 Euro
Mit etwa 3000 bis 3500 Euro muss man dem Fahrlehrer zufolge heute für den Führerschein der Klasse B rechnen. Vor fünf bis zehn Jahren seien es etwa 1000 Euro weniger gewesen. Wie Kracheel erklärt, ist es das Ziel der Fahrschule, jeden Schüler mit möglichst wenigen Fahrstunden zum Führerschein zu bringen.
Er betont jedoch, dass die Verkehrssicherheit immer an oberster Stelle steht. Denn als zukünftiger Verkehrsteilnehmer trage man eine große Verantwortung im Straßenverkehr. Und Kracheel ist sich sicher: „Eine Fahrstunde ist günstiger als eine Wiederholungsprüfung.“
Wie viel kostet es, durch die Prüfung zu fallen?
Wer durch die Führerscheinprüfung fällt, kann die Prüfung 14 Tage später wiederholen. Für die Theorieprüfung wird ein Betrag von 90 Euro (TÜV und Fahrschule) fällig, erklärt Fahrlehrer Carlo Kracheel. Deutlich teurer wird es bei der Praxisprüfung. Wer hier durchfällt, holt in der Regel noch einmal etwa zwei Fahrstunden mit Lehrer nach, bevor er die Prüfung wiederholt. Die Kosten für die Fahrstunden und die allgemeine praktische Prüfungsgebühr inklusive Fahrschule, Prüfer und TÜV belaufen sich auf etwa 400 bis 450 Euro.