Es gab zwar kurz Überlegungen in Überlingen, einen Mini-Hänselejuck zu organisieren. Am Dienstag teilte die Narrenzunft dann aber mit, dass man keine Hauruckaktion mehr starten werde. Auch in Meersburg kam man zu dem Schluss, dass die von Ministerpräsident Winfried Kretschmann erteilte Erlaubnis zu kurzfristig kommt.

Dabei dachte Landtagsabgeordneter Martin Hahn am Freitagabend, er mache den Narren eine Freude. Der Grünenabgeordnete aus Überlingen schrieb in einem Pressetext: „Ich freue mich sehr, allen Närrinnen und Narren im Bodenseekreis mitteilen zu können, dass die jeweils örtlichen Fastnachts-Bräuche wie Hemdglonker, Umzüge und so weiter stattfinden dürfen.“ Er bezog sich dabei auf Äußerungen seines Parteifreunds, Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Beide sind bekennende Fastnachter.

Doch stieß die vermeintlich frohe Kunde aus Stuttgart nicht auf ungeteilte Freude. „Veräppeln kann ich mich selber“, sagte am Montag Zunftmeister Norbert Wassmer, der Chef der Schnabelgierezunft aus Meersburg. Denn so kurzfristig lasse sich ein Umzug nicht organisieren. Vielmehr stellt die kurzfristig erteilte Erlaubnis für ihn eine Art Schwarze-Peter-Spiel dar. Er fürchte nämlich, dass nun die Narrenvereine Kritik einstecken müssen, wenn sie keine Umzüge veranstalten, nach dem Motto, dass sie ja gedurft hätten. Wassmer: „Damit hat uns die Politik keinen Gefallen getan.“
Hänselejuck war nur ein Gedankenspiel
Die Narrenzunft Überlingen spielte übers ganze Wochenende mit dem Gedanken, sowohl am Schmotzigen Donnerstag als auch am Fastnachtssamstag Umzüge zu organisieren. Samstagabend wäre der traditionelle Hänselejuck, der zu normalen Zeiten tausende Besucher anlockt.

Die Narrenzunft stellte kurzfristig beim Ordnungsamt einen entsprechenden Antrag, verfolgt diesen nun aber nicht weiter. In einem mit den Löwen und den Alten Wiebern abgestimmten Pressetext begründeten die Überlinger Narren ihre Absage: Die Vorbereitungszeit zu kurz, die Vorgaben im Sicherheitskonzept zu kompliziert, die Besucherzahl nicht einschätzbar.

Angedacht war, die Umzüge in einem abgesperrten Bereich zwischen Franziskanertor und Ecke Marktstraße/Christophstraße abzuhalten. Hierfür hätte das Ordnungsamt vom Veranstalter „eine lückenlose 3G-Kontrolle“ verlangt, so die Narrenzunft. Stichprobenartige Kontrollen der 3G-Vorgaben reichen demnach nicht aus.
Bessere Bedingungen und noch strengere Regeln in Rottweil
Die Narren in Rottweil hatten bereits vor dem kurzfristigen Go aus Stuttgart mitgeteilt, dass sie ihren traditionellen Narrensprung unter Beachtung der 2G-plus-Regel und FFP2-Maskenpflicht in einem abgesperrten Bereich in der Altstadt planen. Narrenrat Andreas Niedermeyer, in der Narrenzunft zuständig für die Planung der Straßenfastnacht, wird mit den Worten zitiert, dass die Zunft in Rottweil mit ausreichend zeitlichem Vorlauf Narrensprünge planen konnte. Dort sei die Infrastruktur auch so, dass man gewisse Vorgaben viel besser und leichter realisieren könne. „Die haben in der Innenstadt halt breitere Straßen als wir in Überlingen.“

Auch die Überlinger Löwen haben sich aufgrund der geforderten Auflagen und der momentanen Situation entschieden, von ihrer Seite keine Fastnachtsaktivitäten und Umzüge zu veranstalten. „Die Risiken und eventuellen Folgen wären schwer absehbar und auch kaum zu verantworten“, sagte dazu Karin Schmelzle, Vorsitzende des Narrenvereins der Überlinger Löwen. Diese Entscheidung sei allen schwergefallen. Man bedauere dies sehr und bitte alle Mitglieder des Narrenvereins um Verständnis.

Freie Fastnacht für individuelle Narretei
Andrea Maier, Vorsitzende des Narrenvereins Alte Wieber, wird in dem gemeinsamen Pressetext zitiert: „Das mussten wir schweren Herzens so entscheiden.“ Sie wünsche ihren Mitgliedern trotzdem eine schöne „Freie Fasnet“. Denn was weiterhin für alle ungehindert gelte, das sei eine individuelle 'Narrenfreiheit'. Maier: „Natürlich stets unter absoluter Einhaltung der dann geltenden Corona-Verordnung.“
Norbert Wassmer, der Narrenchef aus Meersburg, verweist darauf, dass seine Zunft zwar keinen Hemdglonkerumzug organisieren wird. Es bleibe aber jedem selbst überlassen, sich weiß gekleidet durch die Stadt zu bewegen. „Da geht etwas“, so Wassmers Prognose. „Hauptsache, dass wir uns alle sehen auf der Gass.“ Sagt es und beginnt schelmisch zu lachen. Darauf angesprochen, bestätigte er, dass dieses Lachen ein Spiegel seiner Seele sei: „Aus meinem Lachen können Sie alles rauslesen.“