Im Juni wird ein neuer Gemeinderat gewählt. Spitzenkandidaten auf der Liste von LBU/Die Grünen sind Bettina Dreiseitl-Wanschura und Walter Sorms, deren Namen als amtierende Gemeinderäte bekannt sind.
Ein Heimkehrer steht auf Platz drei der Liste: Bernd Woerner. Er steht auf dem Platz, auf dem auch Marga Lenski stehen könnte. Doch nach 20 Jahren im Gemeinderat und im Alter von 70 Jahren ließ sie sich bei der Nominierungsversammlung zur Kommunalwahl nicht mehr aufstellen. Auch Benedikt Kitt, der 2019 als 21-Jähriger ins Gremium gewählt worden ist, tritt nicht mehr an. Lenski war einst Stimmenkönigin. Sprich: Ihre Stimmen, die sie bei einer erneuten Kandidatur für ihre Liste mutmaßlich geholt hätten, werden ihrer Fraktion fehlen.
Top-Plätze an Mandatsträger
„Die ersten Plätze geben einer Liste ein Gesicht“, begründete Ulf Janicke, warum Mandatsträger fast alle Top-Plätze auf der Liste einnehmen. Viele Wählerinnen und Wähler würden sich daran „orientieren“. Wobei die jetzige Spitzenkandidatin Bettina Dreiseitl-Wanschura das lebende Gegenbeispiel darstellt. Sie stand 2019 erst auf Listenplatz 13 und schaffte damals trotzdem den Einzug in den Gemeinderat. Die 58-jährige Wienerin nennt „Klimaschutz und eine lebenswerte Stadtentwicklung“ als zwei der Themen, für die sie Zeit ihres Lebens gearbeitet habe – und das „unter Einbeziehung von Bürgerinnen und Bürgern“, wie die Planerin betonte.
Auf Platz zwei der Liste steht Walter Sorms. Der Landwirtschaftsmeister vom Hofgut Rengoldshausen steht für Kontinuität im Gemeinderat, was er bei seiner internen Wahlrede dadurch zum Ausdruck brachte, dass er den Wahlprospekt von vor zehn Jahren zitierte, in dem es um die gleichen Themen gegangen sei wie auch heute noch: Öffentliches Bauen, „im Vorfeld groß denken, frei denken, zu Ende denken“. Sowie sein Herzensanliegen, „Frieden in unserer Stadt“.
In Abwesenheit gewählt
Auf Platz drei folgt Bernd Woerner. Bei der Nominierungsversammlung im Gasthaus Luv war der 66-Jährige nicht persönlich da und stellte sich schriftlich vor. Demnach arbeitet er als Kundenbetreuer IT, ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Der gebürtige Überlinger kehrte nach fast 40 Jahren „in der Fremde“ vor vier Jahren zurück an den See. Während er früher die Schönheit der Region und das Leben in einer historischen Stadt für „vollkommen normal“ gehalten habe, sei ihm nach seiner Rückkehr bewusst, dass „wir Bürger uns einsetzen und dafür kämpfen müssen, dass die Welt so wird, wie wir uns das für uns und unsere Kinder wünschen“.
Auf Platz vier folgt Gemeinderätin Bernadette Siemensmeyer. Die 60-jährige Landschaftsarchitektin ließ sich ebenfalls in Abwesenheit nominieren. Über sich schrieb die 60-jährige verheiratete Mutter von zwei Kindern und Vorsitzende des Verschönerungsvereins, dass sie sich „intensiv für den Erhalt einer hohen baulichen Qualität unserer Stadt und den Dörfern einsetzen“ werde, für Klimaanpassung „und den Schutz unserer Grün- und Naherholungsräume“.
Auf den folgenden drei Plätzen stehen durchweg Männer, die qua Gemeinderatsmandat erneut auf Top-Plätzen für die nächsten Gemeinderatswahlen nominiert wurden: der Physiker Ulf Janicke (Platz fünf), der Künstler und Landschaftsarchitekt Herbert Dreiseitl (sechs) und der Arzt Andrej Michalsen (sieben).
Dass es innerhalb der Fraktion von Grünen und parteilosen LBU-Mitgliedern nicht nur vollste Zustimmung zum Zuschnitt der Liste gibt, zeigt sich an den Wahlergebnissen in der Nominierungsversammlung. Dreiseitl-Wanschura und Woerner bekamen mit 30 Stimmen jeweils die 100 Prozent, Sorms erzielte 26 Ja-Stimmen, Siemensmeyer 24, Janicke 29 und Dreiseitl 28, sowie Michalsen nur 21 Ja-Stimmen.
Mit Irene Alpes steht eine frühere Gemeinderätin auf Platz acht der Liste. Die Lehrerin sagte, dass sie nach ihrer Pensionierung wieder die Zeit für dieses Amt gefunden habe, vor allem die jüngsten Demonstrationen für Demokratie hätten sie dazu motiviert.
Thomas Brandt, Geschäftsführer in der Zeppelin-Holding, lebt seit zehn Jahren in Überlingen und will sich für sozialen Wohnungsbau einsetzen.
Alice Förster zog vor zwölf Jahren von Köln an den See, um öfter dem Alpinsport frönen zu können. Marga Lenski habe sie für Kommunalpolitik gewonnen, nun wolle sie sich dafür einsetzen, „dass die Attraktivität der Innenstadt durch eine Verkehrsberuhigung erhöht wird“.
Auf Platz elf folgt Daniel Schorpp, der in der ETO-Gruppe in Stockach für die Gebäudeplanung zuständig ist, als Ingenieur wolle er seine Expertise in Bausachen einbringen.
Er und der Erzieher Daniel Regenscheit sind mit Anfang 30 die jüngsten Kandidaten. Auf den 26 Plätzen stehen die Namen von elf Frauen, was einem Anteil von 42 Prozent entspricht.
Die Architektin Nicole Conrad sagte, dass sie „im Hintergrund“ mitwirken wolle. „Ich gehe fest davon aus, nicht gewählt zu werden, was mir Recht wäre.“ Daraufhin antwortete Walter Sorms: „Das habe ich auch mal gedacht.“
Der Mann von Marga Lenski, Harald Lenski, der sich als Vorsitzender des Fördervereins Sommertheater vorstellte, wäre nicht der erste Kandidat in Überlingen, der wegen seines bloßen Namens ins Gremium gewählt werden würde.
Cornelia Wiethaler, Politologin auf Platz 14 der Liste, ist es dagegen sehr ernst mit einer Wahl. Auch sie ist eine Rückkehrerin, die sich am vergangenen Freitag im Bürgeramt anmeldete. Wiethaler machte sich vor 20 Jahren mit der Selbstverpflichtung für eine gentechnikfreie Landschaft in Überlingen einen Namen, als sie Bauern, Stadtverwaltung und Politik zu einem Konsens führte. Das Thema begleitet sie bis heute auf EU-Ebene. Aus beruflichen und familiären Gründen zog sie nach Heidelberg, ihre Rückkehr nach Überlingen war geplant, aber durch die Gemeinderatswahlen beschleunigt. „Ich möchte Überlingen unterstützen und freue mich riesig, wieder zu Hause zu sein.“