Zu Spitzenzeiten war die Realschule Salem vierzügig und zählte 600 Schüler. Weitere etwa 400 besuchten die Haupt- und Werkrealschule. Dennoch beschloss der Gemeinderat 2014, die Schule aufzugeben, was 2019 wirksam wurde. Man war der Meinung, dass eine Gemeinschaftsschule (GMS) für den Ort geeigneter sei. Schließlich könne man auch hier die mittlere Reife erwerben. Es gab sogar den Traum von einem Gymnasialzug.

Die Gemeinschaftsschule am Bildungszentrum in Salem.
Die Gemeinschaftsschule am Bildungszentrum in Salem. | Bild: Hilser, Stefan

Dieser Traum ist geplatzt. Es gibt einen Realschulzug, das Abitur kann aber in Salem nicht erworben werden. Die Schule ist stabil dreizügig, zählt rund 400 Schüler. Sprich: Im Vergleich zu Spitzenzeiten fehlen rund 600 Schülerinnen und Schüler. Sie wandern ab, entweder an die Realschule in Markdorf oder nach Überlingen.

Salems Nachbarn kündigten Schulverbund auf

Überlingen wiederum sieht sich überfordert. Zumindest aus Sicht der Stadtverwaltung sollten auswärtige Schüler abgewiesen werden, sofern deren Herkunftsgemeinden sich nicht an den Schulbaukosten beteiligen. Ein Ansinnen, dem Salems Bürgermeister Manfred Härle eine Absage erteilte: Salem ermögliche an der GMS selbst die mittlere Reife und finanziere ihre Schule aus eigenen Mitteln, ohne Beteiligung der Umlandgemeinden. Diese hatten sich früher, als es die Realschule noch gab, im Schulverbund an den Kosten beteiligt, waren aber nicht mehr bereit dazu, nachdem die Realschule aufgelöst wurde.

„Es kann nicht sein, dass sich einzelne Gemeinden komplett aus der Finanzierung für die weiterführenden Schulen zurückgezogen haben.“
FDP Salem-Heiligenberg

Schulpolitik in Baden-Württemberg ist immer auch Parteipolitik. Insofern erstaunt es nicht, dass die FDP in Salem 2013 gegen eine Schließung der Realschule stimmte. Ulrich König, Ortsvorsitzender der FDP Salem-Heiligenberg, schreibt in einem Pressetext vom 24. September: „Die Schließung war eine historische Fehlentscheidung mit Nachwirkungen.“ Es zeige sich nun, dass die Schülerzahlen nach Schließung in Salem an den Standorten Markdorf und Überlingen stetig zugenommen hätten und sich dieser Trend noch verstärke.

„Unser Kollegium wird zu Unrecht immer noch regelmäßig mit dem Vorwurf konfrontiert, wir hätten die Realschule ...
„Unser Kollegium wird zu Unrecht immer noch regelmäßig mit dem Vorwurf konfrontiert, wir hätten die Realschule aufgegeben.“Rebecca Wohlwender, Bildungszentrum Salem | Bild: Hilser, Stefan

Nach wie vor wüssten viele Eltern nicht über die Leistungen und Möglichkeiten der Gemeinschaftsschule Bescheid. Zwei Drittel ihrer Absolventen erreichten die Mittlere Reife, wie Rebecca Wohlwender, Mitglied im Schulleitungsteam des Bildungszentrums betont. Sie wäre froh, es würde in Salem allgemein anerkannt, dass nicht das Lehrerkollegium die Auflösung der Realschule entschieden hat. „Das war eine politische Entscheidung“, zudem seien die wenigsten noch aus der damaligen Zeit aktiv im Schuldienst.

Aufruf der Ratsfraktionen zu einem Runden Tisch

Die Salemer Gemeinderatsfraktionen GOL und Freie Wähler schrieben in der vergangenen Woche an Salems Bürgermeister Manfred Härle einen offenen Brief. Darin werden Härle und Überlingens OB Jan Zeitler aufgefordert, an einem runden Tisch nach einem alternativen Lastenausgleich zu suchen.

Dialog zwischen den Bürgermeistern nicht erkennbar

Bürgermeister und Oberbürgermeister reagierten reserviert. Manfred Härle teilte auf SÜDKURIER-Anfrage mit: „Nach unseren Informationen geht es um den Schulentwicklungsplan Überlingen. Dies ist eine Angelegenheit, über die ausschließlich der Gemeinderat der Stadt Überlingen zu entscheiden hat.“ Jan Zeitler ließ verlauten, nachdem wir ihn auf den offenen Brief ansprachen: „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass die Stadtverwaltung Überlingen einen Brief, der an den Bürgermeister einer Nachbargemeinde adressiert ist, nicht kommentiert.“

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FDP fordert ein Ende der Kirchturmpolitik

Auch die FDP Salem-Heiligenberg fordert die betroffenen Gemeinden nun dazu auf, „in den Prozess der regionalen Schulentwicklung einzutreten“. Die Verwaltung in Salem liege zwar richtig, wenn sie auf die eigene Gemeinschaftsschule verweist und Forderungen aus Überlingen ablehnt. „Kirchturmdenken ist allerdings nicht das richtige Mittel, um die Aufgaben der Zukunft anzugehen.“ Deshalb fordere die FDP alle beteiligten Gemeinden dazu auf, „sich in einem regionalen Schulentwicklungsprozess zusammenzufinden und gemeinsam eine Schullandschaft im westlichen Bodenseekreis aufzubauen“. Die finanziellen Lasten sollten sie gemeinsam tragen.

Ulrich König
Ulrich König | Bild: SK-Archiv

Der FDP Salem-Heiligenberg geht es dabei nicht nur um die Finanzierung der Realschule Überlingen, sondern auch um einen Lastenausgleich für Salem: „Es kann nicht sein, dass sich einzelne Gemeinden komplett aus der Finanzierung für die weiterführenden Schulen zurückgezogen haben. Die Gemeinden, die sich nach der Schließung der Realschule Salem aus der Schulgemeinschaft verabschiedet haben, müssen sich ihrer finanziellen Verantwortung ebenso stellen wie die Umlandgemeinden um Überlingen.“

Die Gemeinschaftsschule am Bildungszentrum in Salem.
Die Gemeinschaftsschule am Bildungszentrum in Salem. | Bild: Hilser, Stefan