Verteidigungsminister Boris Pistorius lässt nicht locker: Er will zurück zur Wehrpflicht. „Die hätte nie abgeschafft werden sollen“, sagt der 73-jährige Wandfried Brunnenkant aus Stockach, der früher selbst bei der Bundeswehr war. Er ist für eine einjährige Wehrpflicht für alle, „damit man sehen kann, wie das Leben ist“. Seiner Meinung nach hat die Bundeswehr mit einem Kräftemangel zu kämpfen. Deshalb könne die Wehrpflicht eine Möglichkeit sein, junge Leute zu finden, die ihre Karriere bei der Bundeswehr fortsetzen möchten. Ein Problem bei der Wiedereinführung sei es aber, dass Einrichtungen wie Kasernen mittlerweile abgebaut wurden.

Wanfried Brunnenkant
Wanfried Brunnenkant | Bild: Lina Regenscheit

Auch Stephanie Ruf aus Überlingen befürwortet die Wiedereinführung der Wehrpflicht, da ein solches Jahr nach Schulabschluss zu der Entwicklung von Pflichtbewusstsein beitrage. „Es bereitet auf das Leben vor“, sagte die 34-Jährige.

Johannes Kröcker (28) und Dimitri Ernst (36) beziehen eine eher negative Haltung. Sie kommen aus Hessen und sind als Besucher in der Stadt Überlingen unterwegs. Dimitri Ernst berichtet von seinem kleinen Sohn, für den er sich nicht wünsche, dass er Wehrdienst leisten muss. Johannes Kröcker sagt, dass er den Krieg keineswegs fördern wolle und schlägt statt der Wehrpflicht ein soziales Jahr für alle jungen Frauen und Männer vor.

Dimitri Ernst
Dimitri Ernst | Bild: Lina Regenscheit

Caterina Balzar, 34 Jahre alt, meint, „den Jungs, die in der Bundeswehr waren, merkt man an, dass sie disziplinierter und reifer sind“. Sie ist jedoch nicht völlig von einer Wiedereinführung überzeugt und sieht eine Problematik darin, Jugendliche zu zwingen und sie damit „aus der Familie zu reißen“.

Catarina Balzar
Catarina Balzar | Bild: Lina Regenscheit

Auch Christopher Mingo, ein 37-jähriger Gärtner aus Überlingen, ist für die Wehrpflicht, vorausgesetzt, man darf den Wehrdienst auch verweigern. „Es ist eine vorgegebene Zeit vom Staat für die Entwicklung“, sagt er. „Man lernt, Verantwortung zu übernehmen.“ Es diene der Landesverteidigung.

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Außerdem nennt Mingo noch den Aspekt, wonach ein Pflichtjahr Gerechtigkeit bei der Karriereplanung schaffe. Bei einem freiwilligen sozialen Jahr nämlich müsse man sich extra eine „Auszeit“ der Karrierelaufbahn nehmen, während bei der Wehrpflicht alle aus der Altersgruppe Zeit für die Gesellschaft investieren müssen.

Christopher Mingo
Christopher Mingo | Bild: Lina Regenscheit

„Ich bin froh, dass ich es nicht mehr machen musste“, sagt die 29-jährige Anna Bühler. „Wir sind in unserer Gesellschaft an einem Punkt, an dem man Leute zu nichts mehr zwingen sollte“, meint sie und führt Alternativen zur Bundeswehr auf, die trotzdem ein Dienst an der Gesellschaft seien, beispielsweise die Arbeit in Krankenhäusern. Doch auch Anna Bühler findet positive Aspekte wie den der Disziplin wichtig.